zurück zum Positiven

Rainer Groothuis' Neustes: Papperlapapp
Rainer Groothuis ist ein Unermüdlicher. Buchhändler. Der sich kümmert. Um die Polemik und die Festgefahrenen. Mag nicht untätig bleiben und zusehen, wie alles Konserve wird. Macht darum die wahre Warenkunde und den unzerreissbaren Papp(erlapapp)-Band.
In seiner neusten Kolumne im Schweizer Buchhandel 20/04 vom 2. Dezember 2004 hat er – was sonst nicht seine Art ist – einen echt optimistischen Abschitt drin. Den hab‘ ich zum heutigen Motivationsschub gekürt. Und hier reingesetzt, auf dass alle im personalmangeligen Weihnachtsgschäftsrummel sich bedienen können.

Zurück zum Positiven: Es gibt sie wirklich – Menschen, die mit Esprit, Freude und Hingabe an ihren Aufgaben arbeiten. Die ihr Unternehmen verändern wollen und sich mit ihrer Arbeit. Die Haltung zeigen und die Entschlossenheit zur eigenen Meinung. Jene Verlagsentscheider, die entscheiden, jene Marketingleiterinnen, die den Mut zum Imagewechsel haben, die Lektoren, die Verlage gründen und an den Leser denken. Manchmal trifft man sie, diese gar wundervoll Besessenen und Gourmets, die sich die zubereiteten Ideen und Zwischenrufe auf ihren Zungen zergehen lassen. Das sind gute Stunden, köstliche Abende und, in der Folge, arbeitsreiche Tage, die immer wieder Hunger machen. Jenen Hunger, der uns hinter dem Horizont einen nächsten suchen lässt.

Auswertung

Hier folgt die Auswertung meines abendlichen Selbstversuches der vergangenen drei Tage:

  • WAS? 3x 30 echte und vollständige Buchtitel aufzählen (also unter Druck).
  • WIE? Laut vor mich hin gesagt, von Hand notiert, an drei Tagen zu gleichen Zeit (am Abend), jeder Titel nach Nr. 30 wurde gestrichen.
  • WARUM? Ich wollte sehen, woran ich mich erinnere und ob ich auch dann Muster erkenne, wenn ich nicht mehr weiss, was ich gedacht habe.
  • Zuerst einmal 1-30:

    Faust + Hundert Jahre Einsamkeit + Rationeller Lernen lernen + DUDEN + Reden ist immerhin Silber + Die Taliban + Wenn ich einmal gross bin + Maikäfer flieg + Das grosse Liederbuch + Michel in der Suppenschüssel + Persepolis + Bern Gesichter Geschichten + Heimat Marzili + Stadt Bern einst und heute + Schotts Sammelsurium + Angst macht krumm + Dummheit ist lernbar + Schule neu denken + Die schönsten Balladen + Der Sonne Licht + Maus + Küsse aus New York + In The Shadow Of No Towers + Little Lit + Verbrechen und Strafe + das Foucaultsche Pendel + der Name der Rose + Einführung in die Semiotik + Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn

    Das sind alles Bücher, mit denen ich mich intensiv auseinandergesetzt habe. Der Beginn mit „Faust“ zeigt den Druck, der eine Art „Kick-Off“ mit voller Sicherheit nötig machte. Ich sehe Muster darin, wie ich vom einen auf das andere Buch gekommen bin, die Zusammenhänge sind für mich auch jetzt klar. Zuerst 2 Ur-Werke, dann das Kommunikations-Zeugs vor der Nase, dann ein eher unerklärlicher Sprung zu den Taliban, von da logisch weiter über Armut und Krieg zu Ungerers Liederbuch und nach einem Abstecher in die Kindheit, zu den Büchern, die ich gerade bestellt hatte oder die im Kurs erwähnt worden sind. Danach von DIK1 zur einenen Lernerfahrung („Der Sonne Licht“ war mein Lesebuch in der Unterschule) zum eigenen Geschmack (gleich vier Titel von Art Spiegelman) und zu Foucault der logisch weiter zu Eco führte und Eco zu Borges, denn beide haben über Bibliotheken geschrieben.
    Dann 31 – 60:

    Lehren kompakt + das Foucaultsche Pendel + der Name der Rose + Baudolino + Du bist so blass + der Palio der toten Reiter + Bis bald + Der Keiler + Die Asche meiner Mutter + der Vorleser + Stoffe I bis IV + Stiller + Homo Faber + Der Mensch erscheint im Holozän + Blätter aus dem Brotsack + Kindergeschichten + Das Deutsche als Männersprache + Der kleine Unterschied und seine grossen Folgen + Le und die Knotenmänner + Lene + Helene oder die Verletzung + das andere Geschlecht + aus Tagebüchern + Soll man de Sade verbrennen? + ein Zimmer für sich allein + die unendliche Leichtigkeit des Seins + das war der Hirbel + AnnaannA + Der Riese im Baum + Anna Göldin, letzte Hexe

    Hier wieder Start mit einem „sicheren“ Titel, der mich an DIK1 erinnert das wiederum an Evelyne, die das Foucaultsche Pendel (nicht gelsen) hat, dann weiter mit Eco zu anderen italienischen Autoren und schnell ein Sprung zu guten, weisshaarigen Erzählern. Von denen weiter zu den grossen Schweizern und bei Bichsels Kindergeschichten habe ich dann wohl gemerkt, dass da alles nur Männer waren. Darum folgt darauf eine Horde Frauen, die nur noch von der „Leichtigkeit des Seins“ und zwei Jugenbüchern unterbrochen werden und schliesslich mit „dem Riesen im Baum“ und „Anna Göldin“ bei der grossen Schweizerin und Schreiberin von Historischen Romanen endet, die da Eveline Hasler ist. 2x Eveline/Evelyne, genau. Und wieder alles Titel, die ich wirklich gut kenne, oft gelesen habe oder habe lesen müssen. Langzeitgedächtnis, no doubt.
    Und zuletzt 61-90:

    Lornac ist überall + Die Kinder aus Nummer 67 + Die Rote Zora + der Rote Seidenschal + Im Wind der Camargue + Zwischen Firn und Asphalt + Krankheit als Weg + Angst macht krumm + Dummheit ist lernbar + Schule neu denken + Der Papalagi + Steppenwolf + Damian + Narziss und Goldmund + Mord im Orientexpress + 16.50 ab Paddington + Paddington Bear + Little Nemo + Er war da und sass im Garten + Das Biest des Monsieur Racine + Schlaf gut, kleiner Bär + Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat + Bärenwunder + Peter, Ida und Minimum + Tom Sawyer + Huckelberry Finn + Cairo Jim und der Unterrock der Artemis + Wenn ich einmal gross bin + Das war der Hirbel + Kein Ort. Niergends.

    Start mit Titeln aus der Bibliothek, in der ich für 5.00/h Bücher eingeräumt habe, als ich ca. 14 Jahre alt war. Es sind teilweise von mir gelesene Titel und teilweise sehr oft ausgeliehene Titel, die ich entsprechend häufig einräumen musste. Ab Agatha Christie kommen dann wieder solche Bücher, die ich entweder besitze oder die mir seit langem wichtig sind, aber alle aus dem Kinder- und Jugendbuchbereich. Vermutlich bin ich vom bitter armen Kind „Wenn ich einemal gross bin“ über das Heimkind „Das war der Hirbel“ auf Christa Wolfs Kein Ort. Niergends gekommen, weil das ein Buch über Verlorenheit ist.
    Der Selbstversuch zeigt mir: Unter Leistungsdruck „dreissig Titel und kein falscher“ greife ich auf das Lanzeitgedächtnis zurück und auf das, was ich wirklich kenne. Denn die hundert Neuerscheinungen, die ich eben nicht gelesen oder nur angeschaut habe, sind nur oberflächlich in meinem Hirn, vielleicht mit einem Bild oder einer Rezension verbunden, aber nicht mit einem vollständigen Titel. Gerade unter Druck (neben Leistung auch Zeit und Kraft) sind Zusammenhänge mir unentbehrlich.
    Dass sich relativ wenige Titel wiederholt haben, bedeutet, dass ich recht viel richtig „erlesen“ habe, so, dass es eben bedeutsam für mich ist. Auch wenn ich das im Alltag nicht mehr direkt brauchen kann, sind diese Lektüren Teil eines Erfahrungsschatzes, den ich täglich nutzen kann.

    Buchtitel im Hirn3

    Lornac ist überall + Die Kinder aus Nummer 67 + Die Rote Zora + der Rote Seidenschal + Im Wind der Camargue + Zwischen Firn und Asphalt + Krankheit als Weg + Angst macht krumm + Dummheit ist lernbar + Schule neu denken + Der Papalagi + Steppenwolf + Damian + Narziss und Goldmund + Mord im Orientexpress + 16.50 ab Paddington + Paddington Bear + Little Nemo + Er war da und sass im Garten + Das Biest des Monsieur Racine + Schlaf gut, kleiner Bär + Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat + Bärenwunder + Peter, Ida und Minimum + Tom Sawyer + Huckelberry Finn + Cairo Jim und der Unterrock der Artemis + Wenn ich einmal gross bin + Das war der Hirbel + Kein Ort. Niergends.
    [Letzter Teil eines denkerischen Selbstversuches. ]

    Buchtitel im Hirn2

    Lehren kompakt + das Foucaultsche Pendel + der Name der Rose + Baudolino + Du bist so blass + der Palio der toten Reiter + Bis bald + Der Keiler + Die Asche meiner Mutter + der Vorleser + Stoffe I bis IV + Stiller + Homo Faber + Der Mensch erscheint im Holozän + Blätter aus dem Brotsack + Kindergeschichten + Das Deutsche als Männersprache + Der kleine Unterschied und seine grossen Folgen + Le und die Knotenmänner + Lene + Helene oder die Verletzung + das andere Geschlecht + aus Tagebüchern + Soll man de Sade verbrennen? + ein Zimmer für sich allein + die unendliche Leichtigkeit des Seins + das war der Hirbel + AnnaannA + Der Riese im Baum + Anna Göldin, letzte Hexe
    [Teil 2 eines buchhändlerisch denkerischen Selbstversuches.]

    Buchtitel im Hirn1

    Faust + Hundert Jahre Einsamkeit + Rationeller Lernen lernen + DUDEN + Reden ist immerhin Silber + Die Taliban + Wenn ich einmal gross bin + Maikäfer flieg + Das grosse Liederbuch + Michel in der Suppenschüssel + Persepolis + Bern Gesichter Geschichten + Heimat Marzili + Stadt Bern einst und heute + Schotts Sammelsurium + Angst macht krumm + Dummheit ist lernbar + Schule neu denken + Die schönsten Balladen + Der Sonne Licht + Maus + Küsse aus New York + In The Shadow Of No Towers + Little Lit + Verbrechen und Strafe + das Foucaultsche Pendel + der Name der Rose + Einführung in die Semiotik + Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn
    [Teil 1 eines buchhändlerisch denkerischen Selbstversuches.]

    Denken: 3. Paket

    Malen – „Persepolis“ der 2. Band ist ausgezeichnet. Wo soll ich ihn besprechen? Buchtipps oder MügaBlog oder Portfolio/Ansatz/Kern, vielleicht überall aber verschiedene Aufhänger? Eine Meisterstück, Zerrissenheit auf den Punkt gebracht [wo ist diese Geigengeschichte vom palästinensischen Checkpoint, im Blog von Lila, genau, passt auch dazu], Zerrissenheit zwischen Kindheit und Jugend, zwischen Ländern, zwischen Religionen. Nein zwischen den Religionen der andern, Satrapi ist ja Atheistin. Ein Meisterstück der Reflexion und Reduktion, passt überall. Hoffentlich ist das Bild online [wo suchen? BZ, buchkatalog.de, edition moderne], sonst kann ich einscannen, war doch ein Inserat im „Strapazin“. In welcher Nummer? Ich glaube, es war schwarz. Ja, Totentanz-Strapazin, die Jubiläumsausgabe liegt auf der Toilette. Und wenn ich jetzt nicht aufhöre zu registrieren, was ich denke, kann ich nicht mehr denken, so sehr ärgert es mich, dass ich das Denken nicht auf CD-ROM brennen oder auf Band aufzeichnen kann. Aber mit welchem Ton, welcher Schrift könnte ich das – das ist auch, weil es mehrschichtig läuft, mindestens drei Hirnschubladen aufs Mal sind offen und aufschreiben kann ich nur das Promille eines Bruchstückes.
    Zum Glück habe ich das jetzt am Morgen aufschreiben können, nicht am Abend. Am Morgen bin ich wie eine Maschine, das beruhigt die Gedanken und lässt sich leichter übersetzen, denn das Denken ist nicht in der gleichen Sprache wie das Aufschreiben. Am Abend denke ich viel, viel mehr und kann es überhaupt nicht notieren. Wie neulich, als ich unter der Dusche versucht habe, nur immer an eine Sache zu denken und es war unmöglich und ich habe eine ganze Stunde lang und viel zu viel warmes Wasser gebraucht um es zu merken, weil ich an den Wasserverbrauch nicht denken konnte und acht Seiten Notizen über das Denken sind genug und jetzt fange ich kein neuntes Blatt mehr an.
    [was soll das?]

    Denken: 2. Paket

    Ich muss S. anrufen weil heute Abend kann ich Nein, das Denken hat schon viel früher begonnen, hier: Reicht die Zeit heute für das Training am Abend – geistiges Auge sieht gelbes Programm – nein, reicht nicht, diese Sitzung ist doch – geistiges Auge sieht falsches Sitzungszimmer vor sich und weiss, dass es das Falsche ist, kann es aber nicht ändern – schon um 19:00 Uhr, da bin ich nicht zurück. Also S. anrufen, absagen, unbedingt für E. Grüsse ausrichten, hat am 16. Geburtstag und ist vor dem inneren Auge mit ihrem auffällig unpassenden Gürtel in den Workerjeans, die Liebe. Wie viel Uhr ist es? Reicht gerade noch für den Abwasch, jetzt denke ich an Kurs und dieses ewige WARUM, warum vergisst man vergesse ich das immer wieder in der Schule, wenn ich doch daheim immer daran denke, ich erkläre dem Kind und allen Kindern doch immer warum. Warum lange Ärmel (kalt), warum Akkorde üben (wenn du die wichtigsten kennst, kannst du alles begleiten), warum Dankesbriefe schreiben (wie du in den Wald rufst), warum 1×1 (Hirntraining und Sackgeldverwaltung), warum wichteln (Gegengewicht zur geladenen Stimmung vor dem Feste), warum cool bleiben (weil das die eminem’sche Alternative zum „der Gschiider git naa“ ist), warum nicht Turnsack herumkicken [Turnsack! Ist er jetzt eingepackt? „Hallo…“]. Warum erkläre ich warum hier besser als in der freien Wildbahn (Schule)? Weil das Kind mich erzogen hat! Genau! Guten Grund gefunden, muss ich bloggisch verarbeiten. Kinder fragen 1000x warum, weil sie die Eltern erziehen müssen. Wenn die Eltern 1000x warum beantwortet haben, beginnen sie endlich die Begründung gleich in die Aufgabe mit reinzupacken. Lernziel erreicht, aber jetzt muss Kind wirklich los, bäh, diese Scheissabwaschhandschuhe, sie haben eine scheussliche Farbe. Bestimmt kann ich die nicht ausstehen, weil unser Grundschullehrer uns Jahre nur Rot/Blau/Gelb verteilt hat zum Malen.
    [was soll das?]