Good luck.

Für viele ist die Welt 2012 untergegangen, für einzelne aus unserer Mitte, für Schulklassen, für ganze Schulen, Länder, Völker. Und nur wenig, von dem ich einfach so sagen könnte, es gehe mich nichts an.
Ich wünschte mir, von diesen Zusammenängen nicht ausser Gefecht gesetzt zu werden. 2012 war ein Jahr, in dem ich beruflich aussergewöhnlich viele persönliche Krisengespräche führte. Es ist das Jahr, in dem ich die meisten Sanktionen gegenüber Lernenden ergriffen oder Lehrpersonen bei solchen untertützt habe.
Es waren Lehren aus Fehlern und ich hoffe, es war richtig. Es gab einfach mehr Gründe, konsequent zu bleiben als nachzugeben. Jemand, der mit Massaker im Klassenzimmer droht, braucht eine spürbare Konsequenz, auch wenn er aus Syrien kommt. Aber genau da wird es schnell paradox, denn Lernen ist ohne Zuneigung und Zuversicht nicht möglich. Wir müssen als Lehrerinnen und Lehrer den guten und den schlechten Cop vereinen, und das ist eine Kunst für sich.
Aber das ganze Leben ist ein Widerspruch und eigentlich stehen die Zeichen gut, um uns daran zu gewöhnen. Wir können es uns gut einrichten dabei, den Widerstand gegen Grosskonzerne oder AKW via iPhone organisieren und Afrika Entwicklungsgelder zu senden und unseren Bauern Subventionen, anstatt afrikanische Produkte einzukaufen. Ich schweife ab…
…und damit bin ich auch schon beim Neujahrswunsch für 2013: Weniger Gemütlichkeit, mehr Gedankenstürme.

Lesen ist intim

Leser sprechen Buchhändler oft auf E-Books und die Entwicklung des Buchmarktes an. Es ist manchmal fast ein bisschen so, als wollten sie sich versichern, dass es noch nicht zu Ende sei mit dem Lesen ganz normaler Bücher. Das rührt mich jedes Mal.
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Seit einem Jahr lese ich nur noch E-Books. Ich bin viel unterwegs und finde inzwischen alle Inhalte in elektronischer Form. Aber ich habe seither das Gefühl, immer das gleiche Buch zu lesen, das macht mich unglücklich. Deshalb brauche jetzt ein gedrucktes Buch für mich selber, richtig gebunden, mit Schutzumschlag und Lesebändchen.

Weihnächtliche Bitte eines Kunden an die Buchhändlerin.
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Die leichtige Traurigkeit, die mich befällt, wenn ich bei einem Buch, das ich sehr gerne lese, von der vorderen Umschlagklappe als Lesezeichen auf die hintere Umschlagklappe wechsle und nun Gewissheit habe, dass es zu Ende geht – auf dieses Gefühl möchte ich nicht verzichten.

Erklärung eines Kunden, weshalb er privat keine E-Books liest.
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Frohe Weihnachten! Rührung und Melancholie gehören auch dazu.

Endspurt im Buchhandel

Ja, gewiss, die Welt ist nicht untergegangen. In den Buchhandlungen jedoch fanden sich diesen Dezember einige ängstliche Kunden ein. Allerdings ist das Zusammengehen von Büchern und Apokalypse nicht ungewöhnlich.
Wärend meine Kolleginnen und Lernenden noch im Endspurt sind, klingt mein Buchhandelsjahr schon aus. Meine Buchgeschenke kaufe ich ja jedes Jahr in einer anderen Region, dieses Jahr war ich in Thun, bei Bücher Lüthi, Thalia und Krebser. Drei ganz verschiedene Läden mit eigenem Charme. Alle drei sind Vollsortimente und doch unterscheiden sie sich sehr. Bei Lüthi hat unendlich viel Platz, obwohl er klein ist, gibt es zu allen Themen etwas Besonderes. Man kennt die Kundschaft, grüsst mit Handschlag, bestellt umgehend. Thalia Thun lädt die zum Verweilen ein, die sich gerne ins Kaffee setzen, neben Büchern auch eine grosse Filmauswahl schätzen oder die Spielecke für die Kinder. Krebser war beeindruckend assortiert dekoriert, die Leute im Verkauf trugen dezent-festliche Kleidung, die Männer Anzug, die Damen Jupe. Trotz hoher Kundenfrequenz war jedes Gestell aufgeräumt, hier wird Regionalia gepflegt.
Uns sonst?
Das Forum für den Buchhandel werden wir Ende Jahr schliessen, es gibt heute bessere Möglichkeiten sich auszutauschen. Es freut uns, dass es lange funktioniert hat und uns im „Schweizer Buchhandel“ sogar nachgerufen wurde.
Hier nicht fehlen darf der Neujahrswunsch unserer Berner Buchhändlerschule. Er gilt zwar besonders denen, die in Buchhandlungen arbeiten. Doch Freude am Beruf ist etwas, was ich wirklich jedem wünsche.

Weihnachtswünsche

Persönlich habe ich so viele und schöne Weihnachtswünsche bekommen und danke allen sehr dafür.
Was mich aber zunehmend beelendet, sind die Texte der Weihnachtskarten und -mailings im pädagogischen Bereich. Sicher gibt es Ausnahmen, aber häufig sind diese Wünsche einfach platt. Lange wurden ja die Saint-Exupery-Zitate verwendet, und das hat mich manchmal auch genervt, weil ich einfach finde, für Lehrer oder von Lehrern könnte auch eigens etwas geschrieben werden. Aber Seit-Exupery war immerhin gut übersetzbar und er eignete sich für Schulstuben, Leherzimmer und Fortbildungsveranstaltungen gleichermassen.
Seit 2010 werden zunehmend chinesische Weisheiten verschickt. Letztes Jahr ist mir mehrfach und in verschiedener Übersetzung die altchinesische Lehre über den Umgang mit Veränderungen untergekommen. Sinngemäss: Wenn der Wind der Veränderung weht, errichten die Klugen Windmühlen und die Deppen Mauern. Dieses Jahr scheinen Abwandlungen von „der Weg ist das Ziel“ beliebt. Man liess uns Lehrpersonen mehrfach ein Zitat von Zhuangtsi oder Dschuang Dsi angedeihen, das besagt, dass ein Weg sich dadurch bildet, dass er begangen wird. Oder dass der Weg entsteht, indem er gegangen wird – alles eine Frage der Übersetzung aus einer anderen Kultur, Sprache und Schrift.
Wenn innerhalb des Bildungskuchens (zu dem ich auch gehöre, deshalb regt es mich ja auf) Lust, Zeit oder Personal fehlen, um selber etwas zu schreiben, wäre eine originalsprachige Twittererin mindestens so zitierwürdig wie ein verblichener Chinese.

Vorweihnacht

Vorweihnacht ist dieses Jahr anders als sonst, ich hatte mehr unverhoffte Termine und Interventionen. Aber die Erwartungen an heutige Arbeitnehmer in einer Schule sind klar und ich habe vesucht, ressourcenorientiert, motiviert, positiv denkend und möglichst gelassen zu reagieren.
Ich hätte sehr gerne mehr Weihnachtswünsche geschrieben, mir gefällt diese Handarbeit und auch unsere Karte, die im Schul-Wettbewerb für die Produktion ausgewählt worden ist. Aber eben, es geht nicht alles.
Aufgrund von Sparmassnahmen wurde unser traditionelles Weihnachtsessen ausserhalb der Schule zu einem Weihnachtsapéro im Schulgebäude. Es war angehnehm gesellig am Freitagabend, aber auch überschattet von der Amok-Meldung aus Connecticut (manchmal wünschte ich mir Internet weg). Es hat etwas Bedrückendes, zusammen in der Schule zu sitzen und sich über eine solche Tat zu unterhalten. Wie viele Schüler hat man selber enttäuscht, vielleicht nicht gut genug behandelt, zu wenig gefördert oder ihre Nöte und Krankheiten mangelhaft erfasst?
Es bleibt uns dennoch nicht viel übrig, als es täglich wieder zu versuchen. Deshalb zur neuen Woche ein Themenwechsel: Ein Video mit Tomi Ungerer, seit jeher meine Referenz für Widersprüche.

Das Neue

Für einmal kein Buch. Sondern Sound. Es ist immer eine Offenbarung, am Ende vom Jahr noch ein Masterpiece zu entdecken. Danke.

30 ist das neue 20. Der Mann ist die neue Frau. Freiheit ist das neue Gefängnis. Und reich ist das neue schlau. Islam ist die neue katholische Kirche. Deutschland die neue Türkei. Die Schweiz schon bald im Siebengebirge. Und jetzt ist das neue vorbei. Drum wenn Du bald nach Hause kommst, bin ich nicht mehr hier. Ich kann nicht bleiben wie ich bin trotz Dir. Zuckerberg ist der neue Columbus. Der Bankmann die neue Aristokratie. Gesundheit der neue Exorzismus. Et la fatique c’est la nouvelle folie. Nichtraucher sind die neuen Raucher. Alte fühlen ich neu immer jünger. Intellektuell ist neu völlig unbrauchbar. Frei zum bestehlen ist neu Sophie Hunger. Drum wenn Du bald nach Hause kommst dann such nicht mehr nach mir. Ich kann nicht bleiben wo ich bin mit Dir.

„Das Neue“ ist Track 4 on „The Danger of Light“. Musik von Sophie Hunger & Albert Malo, Lyrics von Sophie Hunger.
Ein Album mit viersprachigen Texten, vielschichtigen Klängen und auch herstellerisch eine gelungene Doppel-CD. Wärmstens empfohlen.

Ge- und verbunden

Diese beiden Geburtstagsgaben stehen ziemlich treffend für mein Leben (besonders mein Berufsleben) und erfüllen mir zwei grosse Wünsche: Endlich diese Kaléko-Gesamtausgabe und endlich ein rechter Blauzahn!
Lebkuchenproduktion 2012
Einen der ganz alten Berufe und einen ganz neuen unter meinen Fittichen zu haben, ist eine Aufgabe, die glaub ich ganz gut zu mir passt. Wie viel anders auch. Schwarze Kniesocken zum Beispiel. Und Grittibänze.