one more step

Der neue Pegasus ist da. Seit Jahr und Tag höre ich, für Buchhändlerinnen und Buchhändler gebe es so wenig Entwicklungsmöglichkeiten. Deshalb ist diese Nummer auch als Replik gedacht. Ein Klischee zu kontern ist enorm schwierig, aber wenn etwas hilft, dann sind es Fakten. Und die liefern sechs Ehemalige unserer Schule. Ich habe jedenfalls grosse Freude daran.
Und noch etwas Schönes: In unserer neuen Wohnung sind die Lichtquellen fertig. Hier in der alten ist nur noch blendende Baufassung – Point of no return, eine Lesefamilie wie uns zieht es nun definitv fort.

Gepunktet (gegenüber Ahnen)

Aus Ahnensicht habe ich bestimmt ein akzeptables Wochenende zugebracht. Ich habe freitags bis spät gearbeitet und bin dennoch samstags früh aufgestanden, um dem letzten Wäscheberg in der alten Wohnung Herrin zu werden. Danach habe ich gemeinsam mit dem Kind weitere drei Taschen Spielzeug fürs Heilsarmee-Brockenhaus aussortiert, nicht ohne auf Qualität und Vollständigkeit zu achten. Nach deren Ablieferung zerlegten wir das Errexgestell aus dem Kinderzimmer sauber und ohne Wunden (was nicht selbstverständlich ist) in zügelbare Teile, welche wir nach Typus stapelten und so verpackten, dass auch für die Zügelmänner keine Verletzungsgefahr besteht. Nach einem bescheidenen Mahl aus Resten und nachdem ich dem Kind sinnvolle Aufträge erteilt hatte, machte ich mich auf ins Büro, um noch ein, zwei Stunden Unerledigtes abzuarbeiten. (Ins Hintertreffen war ich vor allem am Freitag geraten, weil ich Reich-Ranicki live im Bundestag hatte hören wollen.)
Auf dem Weg hatte ich zweimal eine halbe Stunde für Franzens Freiheit und ich denke, das wäre selbst für meine unermüdlichen Vorfahren noch ein tolerierbarer Freizeitanteil. Zurück daheim räumte ich den Keller auf, verpackte, was nötig war und sortierte das Übrige schweizerisch fürs korrekte Recyling an unzähligen verschiedenen Stellen. Zu sauertöpfisch erschien ich zum Nachtessen, welches vom – ebenfalls von Wochenendarbeit zurückgekehrten – Mann eingekauft und zubereitet worden war. Nach einer letzten Debatte ums Gewähren und Verbieten gegenüber Sechzehnjährigen und ein paar Seiten Franzen folgte Tiefschlaf.
Heute, Sonntagmorgen, erledigte ich verhältnismässig frisch den letzten Korrekturlauf für die neue Pegasus-Ausgabe, damit „mein“ GzD sicher das sei, womit der Grafiker seine neue Woche beginne. Über Mittag lösten wir gemeinsam ein Problem in der neuen Wohnung, wobei ich mit einem Schaden am frischen Anstirch wieder eines schaffte. Nachmittags verpackte ich Geschirr und Küchenutensilien, es ging nur ein wunderbares, grünes Glas zu Bruch und ich kniete bloss in eine Scherbe. Am Ende markierte ich alle Umzugskartons mit einem (andersfarbigen) Aufkleber nach Zielort, welcher natürlich dann am neuen Ort auch markiert sein wird und auf dem Grundrissplan seine Entsprechung findet. Denn dass ich gegenüber hart arbeitenden Zügelmännern einen Befehlston anschlüge oder sie gar mehrmals mit ihrer schweren Last hin- und herdirigierte – das würden meine Ahnen nicht goutieren.
Markierung Küche1 Markierung Küche2

Geduld

Wandtafelnachricht zum Test
Gestern hatten die Lernenden des ersten Lehrjahres bei mir Test. Da Vorbildung und Geschwindigkeit innerhalb der Klassen sehr variieren, mache ich mit ihnen jeweils eine Abgabezeit aus. Bis zu diesem Zeitpunkt erwarte ich, dass es mucksmäuschenstill ist, damit die, die Zeit brauchen, diese ungestört nützen können. Wer fertig ist, kann ein (gedrucktes) Buch lesen, jedoch kein Schulbuch ausser Lektüre aus Literatur, Wissenschaft und Kultur (sog. LWK). Gestern sind einigen beim Warten fast die Augen zugefallen. Deshalb habe ich die Regel (wortlos) ergänzt. Die Klasse hat gelacht und jemand hat sich beim Hinausgehen sogar die Mühe gemacht, zu kommentieren (analog! Mit Kreide!).
Abends auf dem Nachhauseweg las ich in einer zerfledderten Gratiszeitung, dass sich Azubis von ihren Ausbilderinnen und Ausbildern vor allem Geduld wünschen. Ich weiss, solche Befragungen sind oberflächlich, aber ich glaube, hier stimmt’s. Wenn sie nicht geheuchelt ist, steht Geduld für Akzeptanz. Sie ist Ausdruck von Verständnis. Wer sie bekommt, kann sie besser aufbringen.

Wohnungsbesichtigung

Heute war hier Wohnungsbesichtigung. Da ich ungern Menschen auswähle – ich würde nie in einer Hausverwaltung oder im Personalwesen arbeiten – bin ich froh, allen sagen zu können, das wir zur Wohnungsvergabe nichts zu sagen haben.
Wenn man günstigen Wohnraum verlässt, dann kommt niemand, um sich einfach ein wenig umzuschauen, nichts von „doch, doch, das wäre ganz nett“, „hmmm – wenn das anders gestrichen würde…“ Da kommen Leute, die eine Wohnung dringend brauchen. Leute, für die die Besichtigung eine weitere Hoffnung und wahrscheinlich eine weitere Enttäuschung mit sich bringt. Gut möglich, dass auch Diebe und Landstreicher darunter sind, aber die Mehrheit ist ehrlich interessiert und in Platznot. Der gehetzte Äthiopier, der gleich wieder auf die Nachtarbeit rennt, die Frauen-WG, die überall sonst drei Mieten Kaution zahlen müsste, die kurdische Familie mit Schweizer Pässen, aber vielerorts chancenlos wegen des Namens, die albanische Familie, die sich schon im ganzen Stadtteil erfolglos beworben hat, die libanesische Familie mit Höhenangst, die ungarische Mutter mit Söhnen, die vielen Familien aus der Nachbarschaft, die ein zweites Badezimmer ersehnen.
Mir ist das alles gar nicht recht: Dass ich mir mehr leisten kann als diese Leute, dass nur eine Partei die Wohnung bekommen wird, dass wir ein so fremdenfeindliches Land geworden sind, dass wir nicht genügend Bewerbungsformulare für alle hatten.

Leergeschrieben

Nach drei Wochen Schreiberei bin ich leer. Ich schrieb Semesterpläne, Einleitungen, Regelungen, Bitten, Entschuldigungen, Anträge, Beileidschreiben, Begründungen, Offertenanfragen, Mängel-, Inventar- und To-do-Listen, Produktebeschreibungen, Lektionenpläne, Veranstaltungsprogramme, Website-News, Zusammenfassungen, Problembeschreibungen und Budgetanträge. Keinen Essay, keine Buchbesprechung, keinen Liebesbrief, nicht den kleinsten persönlichen Notiz. Aber einen gereimten Zweizeiler, der immerhin das Kind zum Schmunzeln brachte.

Statusmeldung Lehrverhältnisse

Der Schulstart ist bis jetzt erfreulich verlaufen. Von den 35 Lernenden, die im August die Lehre begonnen haben, sind noch 33 da, sie haben heute aufgeräumt und gut gelaunt wieder mit der Schule begonnen. Auch wenn man es sich wünschte, ist es nie so, dass 100% von den Azubis das erste Jahr auch wirklich beenden. Alle Seiten bemühen sich aber sehr darum, dass die offenen Fragen und Motivationsschwierigkeiten in dieser Zeit geklärt werden und Lehre nicht erst im zweiten oder schlimmstenfalls sogar dritten Lehrjahr abgebrochen wird.
Im Buchhandel werden die Lehrstellen später besetzt als in anderen Berufen, die Rekrutierungsphase hat jetzt so richtig begonnen und wird erfahrungsgemäss bis Juni anhalten. Trotzdem muss ich aber schon alle Stundenplaneingaben machen, mich bei Personal- und Zimmerbedarf festlegen und den Lehrpersonen bis im April sagen, welches Pensum sie im kommenden Schuljahr haben werden. Jetzt, mit ein paar Jahren Erfahrung, kann ich in der Abteilung Buchhandel gut damit leben, dass viel von meiner Prognose abhängt. Aber in meiner neuen Abteilung Kundendialog mit einem ganz neuen Beruf bleibt das ein Stressfaktor.

Die erste Jahreswoche

hat nicht gerade das Zeug dazu, als erfreulicher Start in die Annalen einzugehen. Aus derlei Gründen und weil die Schule erst nächste Woche anfängt, habe ich heute tagsüber frei genommen und arbeite nun nachts meine Pendenzen ab. Zwischendurch räume ich umzugsbedingt ein paar Schubladen aus, was gut tut, weil’s zeigt, wie das Leben so spielt. Zum Beispiel: Bekenntnisse aus Teenagerjahren.

Schlemmend ins 2012

Inzwischen ist ja schon wieder Arbeitsalltag, aber noch schwelge ich in Erinnerung an eine verschlemmte Neujahrsnacht, welche ich einmal mehr im bestens ausgestatteten Landhaus verbringen durfte. Das Aufdecken, die Sommellerie und das Dokumentieren fällt jeweils mir zu, aber ausgenommen, gekocht, gebacken, gedünstet, geschmort, abgeschmeckt, filetiert, flambiert und serviert wird von den anderen.
Gedeck
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