Anfang und Ende

Ich hatte gerade einen verklärten Entwurf über die Bedeutung des Schulanfangs geschrieben: Die Nachbarn im Block sind aus ihren Heimatländern ins schweizer Exil zurückgekehrt, das Kind hat das Gymansium begonnen und an der Berner Buchhändlerschule haben 43 neue Azubis und fünf neue Lehrpersonen ihre Arbeit angefangen.
Dann kam die Nachricht, dass der werte literarische Verlag der Deutschschweiz und treue Partner unserer Schule aufhöre. Und mit dieser Meldung ist mir die „Alles-wird-gut“-Schreiberei völlig verleidet.
Alles habe seine Zeit, schrieb Egon Ammann in seiner Pressemitteilung.
In Ordnung. Abends bin ich sentimental.

5 Gedanken zu „Anfang und Ende“

  1. Das hat nichts mit Sentimentalität zu tun. Der Ammann Verlag war eine über die Schweizer Grenzen hinaus wirkende Institution. Ich bin eher entsetzt. Mag man zwar hier sehr subjektive Gründe in den Vordergrund stellen, so bleibt doch das Gefühl, das Menetekel an der Wand werde deutlicher sichtbar… LG tinius

  2. Auszug aus dem Interview von Martin Walker mit Egon Amman für den Newsletter der Schweizer Buchhandels:
    Lieber Egon Ammann, auf den ersten Schreck über die Nachricht der Schliessung des Verlags folgt die Einsicht, wie klug Ihre Entscheidung – so traurig sie ist – daherkommt. Ist Egon Ammann einfach zu einzigartig, um einen Nachfolger zu finden?
    Von Einzigartigkeit der Person kann keine Rede sein; vielmehr kann man vom Verlag und dessen Katalog von einer gewissen Einzigartigkeit sprechen. Der Verlag, seine innere und äussere Plastik, fordert den geeigneten Nachfolger, und den konnten wir, trotz Anläufen dazu, nicht finden.
    Wie reagieren die Autoren auf die Nachricht?
    Die Autoren haben mit Verständnis und natürlich Bedauern auf die Entscheidung reagiert. Wir werden für sie bei der Plazierung in geeigneten Verlagen unser Bestes tun.
    Sie haben gesagt, die Marktsituation werde für Literatur zunehmend schwieriger. Das tönt beängstigend. Hat Qualität also keinen Platz mehr in diesem Markt?
    Es findet in der Gesellschaft zunehmend eine Verschiebung der Bedürfnisse statt. Die ernsthafte Literatur ist immer noch gefragt, doch deutlich weniger. Die jungen Menschen wollen Fantasy, Spass, Lebens- und Liebeshilfe, Suspense, Offenbarungsliteratur von den Feuchtgebieten bis hinter die grünen Ohren
    Wenn es jetzt schon so schlimm ist, auf welche Zustände dürfen wir uns denn in zehn Jahren gefasst machen?
    Diese Verschiebung wird zunehmen und eines Tages, in zehn, in fünf, vielleicht in zwanzig Jahren wird die Attraktion und Anziehungskraft dieser Phänomene erschöpft sein, dann wird wieder die Stunde für die ernsthafte Literatur schlagen.

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