C’est la vie

Gestern hatte ich eines von acht Referaten an einer Branchenveranstaltung. Ich hatte den Job bekommen zu erklären, weshalb aus Buchhändlern nicht – schnipp, schnapp – einfach Detailhändler werden können. Und dass man jetzt gerade so schön am Reformieren ist, macht die Idee auch nicht besser.
Es war eher eine der undankbareren Aufgaben meines Berufslebens. Und natürlich kam ich am Powerpoint nicht vorbei. Gottlob konnte ich bei einer unbewegten Variante bleiben.
Ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen ans Herz zu legen versucht, dass das Buch neben dem konkreten Objekt eben auch ein abstraktes Objekt sei, weil wir ja die Bücher nicht hauptsächlich nach Titelbaltt auswählen, sondern nach Inhalten. Und weil wir höchstselbst auswählen und nicht unser Warenwirtschaftssystem, müssen wir Menschen ausbilden, die Inhalte mögen und motiviert sind, die Wahl jeden Tag neu richtig zu treffen. Ich habe die Detailhandelsfachfrauen befragt, warum sie als Zweitausbildung noch Buchhändlerin lernen, ich habe die Anzahl Lehrabbrüche in beiden Berufen geprüft und auch die Medianlöhne verglichen. Der Berufswunsch bei uns ist ausgeprägt, die Identifikation hoch, wir haben weniger abgebrochene Lehren als andere Verkaufsberufe und gleich wenig Lohn danach. Seit Februar begründe ich nun, weshalb eine angehende Buchhändlerin mehr als 80 Lektionen Branchenkunde auf drei Jahre verteilt braucht, weshalb sie etwas von Literatur verstehen sollte und weshalb Bibliografieren lernen seine Zeit braucht. Ich habe mich ans Ende meiner Kräfte argumentiert und mit Hilfe von anderen Fleissigen gestern eine Konsultativabstimmung gewonnen. Nicht rosig, aber immerhin eindeutig. Doch als ich im Zug nach Hause sass, befragte ich mich selbst dazu, ob das alles Sinn oder nur noch Wahnsinn ist.
Und heute Abend habe ich einen Workshop zum Thema „Networking“ gemacht, weil ich von einer SP-Sektion dazu eingeladen worden bin. Alle waren sehr nett, alle waren top informiert und hatten mindestens so viel Ahnung vom Thema wie ich. Meine Vorbereitungen waren nicht nur unpassend, sondern schon fast lächerlich.
C’est la vie, c’est la vie – wie das Kind zu sagen pflegt.

2 Gedanken zu „C’est la vie“

  1. Herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Abstimmung und auch zu den lächerlichen Vorbereitungen! Schliesslich arbeitest du zu diesem Thema seit Jahren mit den GenossInnen 😉

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