Berufsnavigation

Thomas Diener von der berufsnavigation hat am 13. Oktober verschiedenen Zeitungen ein ausgezeichnetes Interview gegeben. Ich zitiere:

Der Fluch, der über vielen jungen Menschen lastet, sagt: „Es ist schwieriger geworden, also pass dich an!“ Ich weiss aus zahlreichen Beratungsgescprächen, dass viele junge Erwachsene unter der Vorstellung leiden, die Arbeitswelt sei ein fertig gebautes Uhrwerk und sie müssten als Rädchen exakt in dieses Uhrwerk passen. Das ist ein folgenschwerer Irrtum. Originalität ist mindestens so wichtig wie Anpassung.

Ich muss nun eine Wendung brauchen, die mir ziemlich verhasst ist: Ich unterrichte seit über zehn Jahren (das war sie, die verhasste Wendung) und habe in dieser Zeit mit Jugendlichen etliche Pausen- und Schulreisegespräche, sowie Gespräche an ihrem Arbeitsort geführt. Und müsste ich meine Antworten und Ratschläge auf einen Satz reduzieren, würde er heissen: „Du hast mehr Einfluss, als du denkst.“

  • Deine Buchhandlung hat nur hässliche Postkarten, die du nicht verkaufen magst? Bestell dir einen Katalog mit schönen. Suche Argumente, überzeuge nicht den Chef, sondern die Kollegen, mit ihrer Hilfe wirst du eine kleine Menge ans Lager nehmen dürfen. Setze dich ein, empfiehl sie, verschicke sie auch privat.
  • Keine Altpapiersammlung im Schulhaus? Schreibt dem Prorektor. Ich werde nachhaken, wenn keine Antwort kommt.
  • Nur Stumpfsinn erledigen in der Lehre? Zeig deinen Vorgesetzten den Modelllehrgang. Keinen Modellehrgang zur Hand? Ich werde ein PDF machen und ihn auf der Website der Schule zur Verfügung stellen. Hole ihn dort.
  • Du bist 18 geworden? Gehe abstimmen. Du möchtest, aber weisst nicht wie und was? Überzeuge die Klasse, wenn sie einverstanden ist, mache ich ein Schwerpunktthema im Unterricht daraus. Dafür sucht ihr im Ausbildungsbetrieb die Sachbücher zu den Themen raus.
  • Pet-Flaschen immer in den Papierkorb? Es hängt von uns allen ab, ob wir ab Januar darauf Pfand bezahlen!
  • Tu etwas, nur so kannst du Erfolg haben. Nicht immer und nicht sofort. Probiere aus, lerne daraus.
    Unter anderem durch das Engagement einzelner Schülerinnen sind wir zu Pet-Sammlern in jedem Stock unserer drei Schulhäuser gekommen. Und zur Offenlegung der internen Lehrpläne im Internet. Und zu Anleitungen, wie man das Arbeitsbuch führen könnte (obwohl das Lehrfirmen-Business wäre). Und ein bisschen auch zum prüfungsfreien Übertritt in die BM. Auch wenn natürlich ich den Antrag via Dienstweg lostreten und an die Sitzungen musste, haben die Schülerinnen sich eingesetzt und abgeklärt, wie es im Kanton ZH läuft. Ehemalige haben inzwischen sogar evaluiert, gerade in der aktuellen Nummer des Pegasus unter dem Titel „ein Brief“.
    [Natürlich bin ich mit den Jugendlichen nicht per Du, aber ging hier gerade einfacher.]

    Transparenz

    Mein DIK-Weblog hat durchaus private Seiten. Ich veröffentliche hier nicht alles, was ich schreibe, ich kann mit einem Klick einen Eintrag als „privat“ markieren. Aber ich veröffentliche viel. Warum viel? Transparenz im Beruf ist mir wichtig, sie ist eine gute Grundlage. Ihre Güte zeigt sich in dem, was sie ermöglicht und in dem, was sie verhindert. Die Risiken sind im Vergleich dazu vernachlässigbar.
    Mir als Lehrperson ermöglicht Transparenz vor allem:

    – Rückmeldungen (von Lernenden, Lehrenden, Ausbildenden, Branchenkennenden)
    – Austausch (mit denen)
    – Supervision (von kompetenten Kolleginnen)
    – Rechtfertigung (gegenüber Vorgesetzten, Steuerzahlern und allen anderen)
    – Argumente (für Zeit, für Geld, für Urlaub, für besser eingerichtete Schulzimmer)
    – Vertrauen (Lernende wissen, wie ich über sie rede und worüber ich nicht rede, z.B. Persönliches und Geschäftsgeheimnisse)

    Sie verhindert:

    – Unwahrheiten (Lernende merken, dass mein Schulzimmer im übertragenen Sinne offen ist)
    – Korruption (ein hartes Wort und trotzdem nötig)
    – Angst (jeder weiss, wie es läuft und kann sich vorbereiten)
    – Ungleichbehandlung (Bevorzugung geht nicht bei Vergleichsmöglichkeiten)

    Nachdenken über das Lehren

    Der Buchtipp zum heutigen Unterricht war: Jürg Schüpbach, Nachdenken über das Lehren.
    Daraus hat Theres die nachfolgenden „Petits Riens“ gelesen (Nr. 1 bis Nr. 13). Ich habe:
    a) das durchgestrichen, von dem ich glaube, dass ich es „intus“ habe
    b) das normal stehen lassen, bei dem ich mich verbessern kann
    c) das fett angezeigt, was ich neu und bewusster machen will
    1. Ankommen, nicht nur mit den Füssen: Konzentrieren Sie sich einen Augenblick auf sich selbst!
    2. Die Höflichkeit der Könige: Rechtzeitig im Schulzimmer sein
    3. Das erste Wort: Kontakt und Beziehung aufnehmen
    4. Ordnung und Zimmergestaltung: Lernwirksame Äusserlichkeiten
    5. Kein Zirkus, sondern Unterstützung des Lehrens und Lernens: Gute Medien und Geräte, die funktionieren
    6. Zuerst kommt die Ouvertüre: Die Lektionenübersicht ermöglicht zielorientiertes Mitdenken
    7. „Le ton qui fait la musique“: Die Stimme, das wichtigste Arbeitsinstrument des Lehrers
    8. Mimik, Gestik, Körperhaltung: wir kommunizieren mit dem ganzen Körper
    9. Unter anderem lebensnotwenig: Frische Luft!
    10. Die Zeit fliesst – Carpe horam: Beachte die Zeit und nutze deine Stunde!
    11. Ab und zu wichtig: „Zwischensichern“, damit das Gelernte nicht verloren geht.
    12. Manchmal notwendig: Auf die Pannenspur wechseln oder ein „Time-Out“ auf der Reflexionsebene.
    13. Drei Minuten vor dem Läuten: Bewusst abschliessen!
    Ich bitte „meine“ Lernenden zu kommentieren, ob meine Einschätzung per heute stimmt.
    UPDATE 23.10.2004: Nr. 11 „Zwischensichern“ ist nicht mehr durchgestrichen hier kann ich noch mehr machen.
    UPDATE 27.10.2004: Nr. 8 ist nicht mehr herausgehoben, die Feedbacks sagen, ich hätte gut im Griff.
    UPDATE 7.12.2004: Nr. 1 und Nr. 3 ist nicht mehr fett, hier ist es vorwärts gegangen und geht noch weiter.

    Ziel Praktikum Ziel

    Worum geht es im praktischen Teil? In Prosa, frei nach Kursunterlagen:
    Ich bin in der Lage, Unterricht zu beobachten und meine Wahnehmung zu formulieren. Wenn es gut läuft – und das glaube ich, dass es das wird – motiviert mich das Hospitieren, mein Lehr- und Lernverständnis und meinen Unterrichten zu thematisieren und zwar so, dass ich und andere es verstehen. Ein praktischer Pflichtteil ist ein immer ein Anstoss sich auszutauschen und Theorie und Praxis zu verknüpfen.
    Als Übungs- und Praktikumslektionen gelten „systematisch reflektierte Lektionen“, wobei ich hier Interpretationsspielraum sehe. Die Reflexion ist kein Sololauf, sondern wird gemeinsam mit anderen durchgeführt oder basiert auf Rückmeldungen der Lernenden zum Unterricht.