Schule in der Einwanderungsgesellschaft

Rudolf Leiprecht und Anne Kerber, Schule in der Einwanderungsgesellschaft
Leiprecht Rudolf | Kerber, Anne (Hrsg.)
Schule in der Einwanderungsgesellschaft
WOCHENSCHAU Verlag 2005

Dank Lisa Rosa brauche ich dieses Buch nicht ausführlich zu besprechen, weil sie das nämlich schon gemacht hat. Der Untertitel „ein Handbuch“ trifft zu. Und wie es sich für ein Handbuch gehört, werde ich nie wissen, ob ich es je komplett gelesen haben werde. Das Inhaltsverzeichnis ist detailliert und die Anmerkungen gibt es direkt nach jedem Beitrag. Leider fehlt das Register, wie so oft in dieser unserer schnell druckenden Zeit.
Hervorheben will ich Folgendes: Ich schätze, dass sich im Buch gleich viele Beiträge von Männern und Frauen finden. Zu der immer grösser werdenden Gruppe von Menschen, die Erfahrungen mit Migrantinnen und Migranten gesammelt haben, gehören beiderlei Geschlechter und es braucht keine Genderdiskussion, um zu wissen, dass die Perspektiven unterschiedlich sind. Das Buch bemüht sich um geschlechtsneutrale Bezeichnungen und um explizite Erwähnung der weiblichen und männlichen Formen, was bei deutschen Publikationen selten der Fall, aber bei solchen Themen eben relevant für die Aussagen ist.
Das Augenmerk gilt der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland. Das verleitet vielleicht in der Schweiz dazu, das Buch nicht anzuschaffen (vor allem Bibliotheken sind da oft zu zurückhaltend) oder nicht ausreichend davon Gebrauch zu machen. Das wäre aber falsch. Denn der grösste Teil ist auch für die Schweiz relevant. Und Themen, die vermeintlich besonders deutsche Themen sind, wie zum Beispiel die pädagogische Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nazizeit, sind so aufgearbeitet, dass sie für alle lehrreich und übertragbar sind. Übertragbar auf andere Verbrechen, auf Verbrechen, die Fluchtgründe der Eltern unserer Schülerinnen und Schüler waren: Srebrenica, Kigali, Drenica, Darfur.
Unbestreitbar gibt es im Verhältnis zur Vergangenheit viel Neurotisches: Gesten der Verteidigung dort, wo man nicht angegriffen ist; heftige Affekte an Stellen, die sie real kaum rechtfertigen; Mangel an Affekt gegenüber dem Ernstesten; nicht selten auch einfach Verdrängung des Gewussten oder halb Gewussten.
– Adorno, 1960
Dieses Buch hat bei mir noch einen zweiten Titel: Empathie ist ein Dauerauftrag. Und Untertitel: Gerade in der Schule.

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