Ablaufplanung in Prosa

Soweit ich weiss, machen die meisten Schulen Informationsanlässe. So auch wir. Seit drei Jahren obliegt die Organsation unserer jährlichen Einladung mir. Wir empfangen Buchhänderinnen und Buchhändler aus der Deutschschweiz, die etwas mit Azubis oder Ausbildung zu tun haben. Ich wollte schon länger eine Checkliste dafür erstellen, aber die Vermutung, der Prozess würde genau definiert und genormt (unsere Schule ist ISO-zertifiziert), hat mich abgehalten.
Gestern hatte ich wieder so einen Informationsanlass und da habe ich mir doch vorgenommen, den Ablauf einmal aufzuschreiben. Schliesslich sollen Stellvertretungen und Nachfolgen das Rad nur neu erfinden, wenn sie Lust dazu haben. Weil Checklisten in Prosa zwar länger, aber machmal klarer sind, kann ich das ja ebensogut bloggen.

  • -360 Tage: Ich kündige am Informationsabend das Datum des nächsten an. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler denken normalerweise in Terminserien (Frühlingsneuerscheinungen, Sommerschaufenster, Literaturnobelpreis, Buchmesse, Weihnachten etc.)
  • -150 Tage: Ich gebe dem Kollegium Bescheid, wann der Anlass stattfinden wird und bitte, den Termin zu reservieren.
  • -60 Tage: Ich bespreche die Inhalte der Veranstaltung mit dem Beirat. (Der Beirat setzt sich aus Vertretern des Buchhandels zusammen, die mich in berufskundlichen Belangen beraten, konstruktiv Kritik üben, wenn etwas an der Schule nicht rund läuft und sich melden, wenn sie Ideen für die Berufskunde haben.)
  • -50 Tage: Ich übersetzte die gewünschten Themen in eine zweistündige Veranstaltung und frage noch einmal in die Runde, ob die Umsetzungsvorschläge den Ideen entsprechen? Ich gebe in unserer Mensa den Auftrag für einen Apéro nach der Veranstaltung und reserviere einen geeigneten Raum mit genügend Plätzen, PC und Beamer. Ich informiere Direktion und Sekretariat, damit der Anlass in Veranstaltungskalendern und auf der Infoscreen angekündigt werden kann. Ich erkundige mich, ob das Budget der Veranstaltung im Rahmen des Vorjahres liegt und wähle aufgrund dessen die Programmvarianten.
  • -40 Tage: Ich überlege, wer aus dem Kollegium mindestens dabei sein muss. Das ist unterschiedlich, aber traditionell sind die Fachlehrpersonen – also die, die Branchenfächer unterrichten – am Gefragtesten (im Wortsinne).
  • -30 Tage: Ich schreibe die Einladungen und gucke unsere Adressdaten durch, um wirklich keinen Ausbilder und keine Ausbilderin zu übergehen, was bei den vielen Filialen gar nicht immer einfach ist. Deswegen mache ich nach dem Postversand von der Einladung ein PDF, welches ich auf der Schulwebsite online stelle und möglichst überall, wo Schweizer Buchhändlerinnen und Buchhändler vorbeisurfen, verlinke. Diese Einladung kriegt auch das Kollegium. Von da bis zur Veranstaltung nehme ich Anmeldungen aus den Lehrfirmen und der Schule entgegen, die ich in eine Tabelle eintrage.
  • -20 Tage: Falls es mir an Tag 40 zeitlich gereicht hat, habe ich zusammen mit der Einladung das Programm verschickt. Wahrscheinlicher ist, dass ich das Detailprogramm jetzt schreibe. Dabei kriege ich langsam eine Vorstellung davon, welche Unterlagen ich den Ausbilderinnen und Ausbildern abgeben will. (So wenig wie möglich, aber nicht weniger.)
  • -7 Tage: Ich entwerfe am Wochenende das PPT für die Veranstaltung. Ich trenne Text und Grafik. Zuerst schreibe ich, dann suche ich die Bilder zusammen, scanne allenfalls etwas, schaue, dass ich von allen Gesetzen und Verordnungen, die ich zitiere, wirklich die neuste Version habe. Ich bitte den Mann, sich am nächsten Wochenende eine Stunde zu reservieren, um mir beim letzten Schliff zu helfen.
  • -5 Tage: Ich schätze die Anzahl aufgrund der Anmeldungen und gebe die Kopieraufträge für die Unterlagen an unsere Druckzentrale. Und ich reserviere Give-Aways wie Kugelschreiber, Blöcke und Buchzeichen, falls solche zur Verfügung stehen.
  • -4 Tage: Ich überprüfe die Tabelle mit den Anmeldungen, mache daraus eine präsentable Teilnehmerliste aus der gut ersichtlich ist, wer intern und wer extern ist. Ich sage den Fleissigen unserer Mensa, wie viele Getränke und wie viel Finger-food wir ungefähr brauchen.
  • -1 Tag: Am Wochenende vor der Veranstaltung, die immer montags stattfindet, schaue ich noch einmal alles durch. Der Mann unterstützt mich beim Fein-Design.
  • Tag 0: Am Morgen der Veranstaltung kopiere ich die aktuelle Teilnehmerliste (meistens gibt es am letzten Tag noch An- und Abmeldungen), das Programm und das Handout des PPT für alle. Wenn ich eine Deutschlehrerin finde, die mir dieses noch durchliest, bin ich froh, wenn nicht, lasse ich es, wie es ist. Ich hole in der Druckzentrale die Unterlagen und benötigten Hilfsmaterialien für allfällige Workshops und rolle das auf einem schulinternen Handwagen in den reservierten Raum in einem anderen Schulhaus. Über Mittag, wenn der Raum unbesetzt ist, gehe ich das Programm in Echtzeit durch und gucke, ob ich mich in der Zeiteinteilung irgendwo verschätzt habe (ich hasse es, zu überziehen). Danach habe ich glücklicherweise selber Unterricht und keine Zeit, mir vorzustellen, was alles schiefgehen könnte. Wenn ich eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung wieder in den Saal komme, reicht es gerade gut, die Geräte anzustellen und die Programme, Teilnehmerlisten und Handouts auf die Plätze zu verteilen. Weil manche Gäste von weiter her kommen, treffen sie nicht genau zu Beginn ein, sondern oft schon früher. Das gibt Zeit für erste Vorstellungsrunden und Plaudereien. Von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr führe ich durchs Programm und am anschliessenden Apéro viele bilaterale Gespräche, wobei mich die anderen aus dem Kollegium sehr unterstützen. Um 22.00 Uhr räume ich gemeinsam mit der er Equipe der Mensa und meiner Kollegin auf. Und um 23.00 Uhr hängen wir uns erschöpft an eine Hotelbar. Denn es ist Montag in Bern und die Woche beginnt erst.
  • Ein Gedanke zu „Ablaufplanung in Prosa“

    1. Krass! War spannend zu lesen und beinahe unvorstellbar, dass du daneben noch 1’000 andere solche Abläufe hast, über Kind, www, Geschenke…
      Befürchte nur, du bist auch mit solch eindrücklichen Abläufen und disziplinierten Umsetzungen nicht ersetzbar.

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