Schule und Social Communities

Wir hatten damit schon eine Menge Ärger (gelangte bis in die Lokalpresse) und ich stelle fast erleichtert fest, dass es vielen anderen Schulen auch so geht. Im Moment ist es meistens Facebook, vor zwei Jahren war es eher myspace. Wobei der Ärger sich seit mehr als einem Jahrzehnt in ähnlichem Rahmen bewegt. Ob es nun die Neuerrungenschaft „Handy“ war oder bald die „Handy-Kamera“, ob „Gratis-Mailaccount“ zum Versenden von Liebesbekundungen bis zu Amokdrohungen oder ein Schul-Bashing-Blog: die Reaktionen auf allen Seiten blieben dieselben. Es ist die Mischung zwischen Ablenkung und Ventil, die auch Social Communities fürs Klassenzimmer (je nach Unterrichtsfach komplett mit PCs ausgestattet) attraktiv macht. Die meisten Azubis probieren es, die einen Lehrer beklagen das Übliche (Computer, Sittenzerfall, Kinderstube, Untergang Abendland), die anderen schicken sich darein, wobei diese Gruppe sich nochmal splittet in die, die gut reagieren und die, die effizient ignorieren.
Nun merke ich bei uns erstmals eine Veränderung. Wir bieten schulintern aber freiwillig Know-how- und Austausch an, was – soweit ich das am Mittagstisch vernehme – Leute aus allen Gruppen interessiert. Das gefällt mir. Schiesslich sind Social Communities ja völlig in Ordnung, oft ganz angenehm und manchmal sogar nützlich. Sie gehören einfach nicht zu jeder Zeit überall und mit jedem Inhalt bedient.
Persönlich habe ich unverhandelbare Regeln (was meine Induktions-gewohnten Azubis manchmal erstaunt): Kommunikation, die über das Schulzimmer hinausgeht, gehört nicht in den Unterricht. Wenn Lernende gegeneinander oder gegen mich Liebes, Übles, Unpassendes oder Wüstes äussern, liegt das – im Wortsinne – drin, also im Schulzimmer. Ich toleriere und ertrage einiges und Gesprächsthemen dürfen vielfältig und auch mal einfältig sein.
Aber wenn ich beim Unterrichten nicht mehr weiss, mit wem ich es zu tun habe, weil ständig über diese Grenze hinaus gesimst, gechattet und gepinboarded wird, wenn im Schatten internetter Anonymität die Regeln des Zusammenlebens torpediert weden, habe ich keine Lust mehr, mich in den Dienst von Azubis zu stellen. Sollte ich meine (einfachen) Kommunikationsregeln nicht mehr durchsetzen können, lasse ich es lieber ganz. Eine Welt, in der Azubis Lehrer heimlich fotografieren, um sich im Netz über sie lustig zu machen, führt zu einer Welt, in der Lehrer mangelhaft Tests ins Netz stellen, um sich über die lustig zu machen. Und mit dieser Welt hab ich nun wirklich nichts zu tun, ganz egal ob „rechtliche Schritte“ möglich wären.
(Noch ist es nicht soweit. Ich erinnere mich ungern an die zweiten Chancen, die ich in solchen Fällen nur mühsam beherrscht vergeben habe. Aber bisher hat es gereicht, und das ist gut so.)

3 Gedanken zu „Schule und Social Communities“

  1. Wir sind noch nicht mal in dem Stadium, in dem es es viele Probleme gibt, in dem viel in Social Communities über die Schule geredet wird. Einmal ein Film bei Youtube. Hoffentlich überspringen wir das und gelangen gleich zur Stufe „schulintern aber freiwillig Know-how- und Austausch“.

  2. Ich denke, Herr Rau, dafür sind die Voraussetzungen gut. Das Gymnasium hat eine andere Kundschaft als die Berufsfachschule. Und für einen Gymnasiasten ist die Schule der Hauptschauplatz.
    (Für einen Azubi ist Schule ein Nebenschauplatz, der ihn oft ärgert oder ihm zusätzlich zur Lehrfirma noch einmal Regeln und Aufgaben aufbürdert, deren Sinn er nicht immer sieht.)

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