Kinderkrippengedanken

Die Begründung des Autoren Charles Lewinsky, weshalb er der SP beigetreten ist, hat mich drauf gebracht. Heute – am Weltfrauentag – ist es mir wieder eingefallen: Bei mir waren es die Frauenfragen. Nichts Besonderes mehr, die Knochenarbeit unserer Vorgängerinnen: Stimmrecht, Wahlrecht, Vergewaltigung als Offizialdelikt, Mutterschaftsversicherung, strafloser Schwangerschaftsabbruch, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Tagesschulen, Krippenplätze.
Ich selber war mit Gastarbeiterkindern und Kindern, denen mindestens ein Elternteil fehlte, in der Krippe. Es gab fixe Essens- Schlafens- und Toilettenzeiten und die Betreuerinnen hatten ihr Handwerk in Anstalten autoritärer Natur glernt. Für alle, die nicht gezwungen waren hinzugehen, war die Kinderkrippe ein zu meidender Ort.
Als ich 1994 – schwanger – eine Krippenplatz suchte, tat ich es deshalb contre coeur. Nur die Vorstellung, meinen Job in der Buchhandlung aufzugeben, war schlimmer. Meine Telefonate und Bewerbungen bleiben erfolglos, die Krippe war genau wie in meiner Kindheit besetzt für Notfälle zu denen eine Mutter, die einfach ihre Arbeit weiter machen wollte, weissgott nicht gehörte. Eine Krippenleiterin riet mir, täglich die Liste durchzutelefonieren und zu weinen – damit liesse sich manchmal jemand erweichen und nähme für eine Phase ein Kind zuviel. Es befremdete mich, dass ich heulen und mein Kind erst noch das Überschüssige sein sollte. So half uns die Verwandtschaft und rettete uns die Jugend, die wenig Schlaf brauchte.
1998 gab es im bürgerlichen Bern erstmals eine politische Wende und Krippenplätze kamen oben auf die Agenda. Heute haben wir immer noch zu wenig Kitas, doch mehr als je zuvor. Meine Nichte und mein Neffe dürfen selbst entscheiden, wann sie zur Toilette müssen und kriegen einen Apfelschnitz, wenn sie hungrig sind. Sie duzen ihre Betreuerinnen in der Kita und freuen sich, sie zu sehen.
Thanks sistas.

2 Gedanken zu „Kinderkrippengedanken“

  1. thanks ebenfalls, auch in den vergangenen ca. 8 jahren hat sich punkto angebot noch einiges getan, wir waren auch noch auf private unterstützung, danach eine private kita und immer wieder goodwill auf der arbeitgeberseite angewiesen (muss auch mal gesagt sein…).

  2. In der Stadt war es in den 90er Jahren noch ein bisschen besser als auf dem Land. Mein Bruder und seine Frau kriegten jedenfalls in der Stadt Zürich Krippenplätze. Wir auf dem Lande mussten alles privat organisieren, zum Teil mit „fliegenden Wechseln“. In den Nachbarländern Oesterreich und Deutschland, in denen ich beruflich immer wieder war, staunten sie über die rückschrittliche Schweiz.

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