Paradise Now

Der geschätze Henryk M. Broder hat heute der palästinensischen Film „Paradise Now“ besprochen oder genauer die Hintergründe und Reaktionen im Land selber. Weil ich gerade von der Premiere zurückkomme, ist das einer der seltenen Fälle, in denen ich mich zu einem Film äussere.
„Paradise Now“ erzählt die Geschichte der letzten 24 Stunden vor einem Selbstmordattentat, aus denen 48 Stunden werden. Die beiden jungen Männer aus Nablus hatten sich einmal auf eine Liste setzen lassen und sind nun an der Reihe. Zum ersten Mal im Leben ernsthaft umworben, werden sie integriert in einen Ablauf von Kollaborateuren-Schmäh, Märtyervideo, Abschiedsmahl, Abschiedsgebet, passenden Anzügen mit Bomben drunter, letzten Anweisungen und dem Koran gegen die Wankelmütigkeit.
Doch beim Grenzübertritt geht etwas schief und das Leben noch weiter.
Der so eingeschliffene wie irrelae Ablauf der Dinge wird gestört, alle Beteiligten müssen ein zweites Mal Stellung nehmen. Die Selbstmordattentäter selber, deren verlogene Auftraggeber, eine Mutter, eine Freundin. Und hier ist der Film unglaublich stark, in diesen scharfen, gespienen und geschwiegenen Dialogen, im Ringen um eine Moral.
Im Widerspruch zu Broder, der den Film zu pädagogisch und streckenweise zu pathetisch wie auch bemüht findet, finde ich alles sehr passend. Sicher, der Film will eine Nachricht in die Welt hinaus senden, das ist ein legitimer Anspruch dieses Mediums. Mir hat er gezeigt, dass weder die Beschönigung, die ich in der Terrorismus-Diskussion so verabscheue, noch die Dämonisierung, zu der ich viel eher neige, das Argumentarium sein können.
„Paradise Now“ rät zur Einsicht mehr als zum Urteil. Und das ist in diesem trostlosen Konflikt eine grosse Leistung.

4 Gedanken zu „Paradise Now“

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