Vom Suchen und Finden

Es ist Semesterende und ich bin am Korrigieren. Nicht nur Tests von Lernenden, sondern auch Begleitbriefe zu Zeugnissen oder Missverständnisse zu Notenabgaben.
Trotzdem will ich einen Rückblick auf die letzte Zeit tun. Wir hatten an unserer Schule am 8. Januar eine Veranstaltung „Wie weiter mit dem Islam“ zum Thema Radikalisierung von Jugendlichen. Der Zulauf war enorm und das Echo äusserst positiv. Der daraus entstandene Presseartikel hat über Facebook grosse Verbreitung gefunden. Und nicht nur das, es ist wirklich eine Argumentationsgrundlage für uns Lehrpersonen und auch für viele unserer Lernenden geworden. Ahmad Mansour half uns, in bester Weise mit den Stimmen umzugehen, die wir eigentlich nicht hören möchten, aber die es in den meisten unserer Klassen gibt:
Selber schuld; wer provoziert, muss mit Strafen rechnen; religiöse Gesetze sind mindestens so wichtig wie andere, wenn nicht wichtiger.
Wir müssen gemeinsam Lösungen für das Zusammenleben erschaffen und dürfen es auch sagen, wenn wir Angst haben, sie nicht zu finden. Die Schule ist dafür ein guter Ort.
Ich bin eigentlich froh, dass in Frankreich gerade dank den Problemen an Schulen endlich über die gesprochen wird, die sich eben nicht mit Charlie solidarisieren. Ich erachte es persönlich als völlig kontraproduktiv, wenn Länder sich hier etwas vormachen.

Ich denke, dass besonders der hohe Anspruch an politisch korrekte Ausdrucksweise beim Thema Zuwanderung Deutschland Pegida beschert hat. Klar, Pegida gibt’s jetzt auch in der Schweiz, aber es müsste viel passieren, damit die relevant werden. Einfach deswegen, weil diese völlig unvermeidliche Debatte zum Islam in unserer Gesellschaft durch andere Parteien und eingereichte Volksinitiativen immer wieder angestossen wird.
Und zum Schluss: Meine Nichten und Neffen (mit muslimischem Hintergrund) mochten das Titelbild von Charlie Hébdo vom 14. Januar. Beide zeichnen gern, beide fanden es gut gelungen. So viele Kinder verbinden mit Charlie sowieso nur Positives. Sie haben ihn hunderte von Malen gesucht und gefunden.
Ich wünsche eine möglichst aufgeklärte, friedliche Woche.

3 Gedanken zu „Vom Suchen und Finden“

  1. Gerne weise ich auf einen ausgezeichneten Artikel zum Thema von Barbara Villiger Heilig in der hetigen NZZ online hin.
    Zitat (Hervorhebungen von nja):
    Die Schule will mobilmachen
    Jetzt ist die 1977 in Marokko geborene Najat Vallaud-Belkacem in aller Munde. Seit dem Sommer als erste Frau in diesem Amt, gilt die Ministerin als leuchtendes Beispiel dafür, dass der Migrationshintergrund eine Karriere nicht verhindern muss. Ihrer schnörkellosen Rede letzte Woche in der Assemblée nationale applaudierte auch die sonst naserümpfende Rechte. «Grande mobilisation de l’Ecole pour les valeurs de la République» heisst das von Najat Vallaud-Belkacem aufgegleiste Projekt. Ohne das Prinzip der Laizität infrage zu stellen, sieht es ab der Grundschule zum Beispiel die Einführung eines «enseignement moral et civique» vor, um gegen Rassismus, Antisemitismus und jegliche Form von Diskrimination anzukämpfen. Dass gewisse Schüler sich weigerten, die Schweigeminute nach den Terroranschlägen zu respektieren, verurteilte die Ministerin scharf – wofür sie freilich keine einhellige Zustimmung von der Bevölkerung erhält. Klar ist indessen allen: Die Jugend braucht ein schulisches Foyer, um ihre Fragen und Meinungen zu debattieren. Sonst weicht sie – das Thema, lange vernachlässigt, taucht nun plötzlich in den Medien auf – ins Internet aus und verstrickt sich dort in wirre Verschwörungstheorien.

  2. An unserer Schule gehen die Meinungen auseinander, ob und wie viel man darüber reden soll. Es ist von „Overkill“ die Rede, was in diesem Zusammenhang besonders grotesk erscheint.

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