Wahlwochenende

An diesem verregneten Wahlwochenende geht mir alles gar langsam von der Hand. Aber die Woche war ordentlich, der Pegasus ist versandt, der Unterricht vorbereitet, Tests und Prüfungen aller Art sind erstellt, nötige Anträge geschrieben. Sogar ein bisschen Zeitung habe ich gelesen und freue mich auf das Buch von Buschkowsky:

„Welchen Tiefpunkt hat dieses Land in der geistigen Auseinandersetzung erreicht?“ fragte sich der Autor. „Niemand bestreitet meine Analyse, niemand setzt sich mit meinen Vorschlägen für eine bessere Intergrationspolitik auseinander, und an die Zahlen traut sich erst recht keiner ran.“ (Quelle: Das aktuelle Magazin)

Ich finde keinen einzigen Menschen in meinem politischen Leben (inklusive mir selber), der die Schattenseiten der Einwanderung, die Probleme und Forderungen mancher Zuwanderer, den Druck patriarchaler Gesellschaften auf unsere Liberalität thematisieren darf, ohne zum Rassisten gemacht zu werden. Für den Vorwurf spielt auch gar keine Rolle, wie lange und wie nah jemand am Thema dran ist. (Sarrazin ist beispielsweise für mich nicht ernst zu nehmen, er hat keine Ahnung und in seinem Buch ein Riesendurcheinander veranstaltet).
Vielleicht führt „Neukölln ist überall“ ja wirklich zu der einen oder anderen Veranstaltung, in der man sich differenzierter unterhält. Es gibt jedenfalls Anzeichen. Und zu spät ist es auch nie.
(Auch wenn ich manchmal das Gefühl habe. Zum Beispiel wenn die Mutter meines Schwagers bei ihm und meiner Schwester vor der Türe steht. Eine Analphabetin mit ein paar Plastiksäcken in der Hand. Seit dem Kosovo-Krieg in der Schweiz. Aber nach dem Tod ihres Mannes vom ältesten Sohn beraubt und um ihre Pensionskasse betrogen. Mit nichts im Besitz als ein paar Kleidern, einer angebrochenen Tube Mayonnaise und einer angefangenen Cola.)

2 Gedanken zu „Wahlwochenende“

  1. Ich weiss nicht, ob Sie an Buschkowskys Buch Freude haben werden. M.E. unterscheidet er sich in seinen Ansichten grundsätzlich nur marginal von Sarrazin. Bezeichnenderweise wird er auch ganz ähnlich angefeindet. Aber dort, wo sich Sarrazin mit seinen heftig umstrittenen Thesen etwas gar weit auf die Äste hinaus wagt und die Finger verbrennt – auf diese Gebiete lässt sich Buschkowsky wohltuenderweise gar nicht erst ein. Wohltuend zudem: Buschkowsky steht – vergleichbar etwa mit Kirsten Heisig – mitten drin im Kampfgetümmel, im Alltag, er ist der Praktiker, der „Handwerker“. Er kann aus dem Vollen schöpfen. Das merkt man auch an seiner Sprache, seiner Ausdrucksweise (schon nur das aufschlussreiche Vorwort spricht Bände!). Sarrazins Optik ist der Blick von Aussen, der des Theoretikers und Interpreten.
    Wie auch immer man zu Sarrazin, Heisig oder Buschkowsky stehen mag – gemeinsamer Grundtenor ist bei allen: Hinsehen, nicht wegschauen. Nachdenken. Handeln. Denn einen Erkenntnismangel gibt es nicht. Wohl aber ein Handlungsdefizit (steht so, fast wörtlich bei Buschkowsky, Vorwort, S. 10, gebundene Ausgabe/6. Auflage).

  2. Doch, ich bin ziemlich sicher, dass ich Freude haben werde. Vielleicht hätte ich Sarrazin genauer anschauen sollen? Aber alles, was ich von ihm gelesen habe, erschien mir undifferenziert und weit weg vom Alltag. Heisig habe ich gelesen und sehr gut gefunden.
    Ich bin im Berufsalltag selber sehr strikt und inzwischen soweit, dass ich froh wäre um eine härtere Ausschaffungspraxis. Gerade dieser Tage wieder, wo meine halbe Familie samt kleinen Kindern (!) sich vor einem albanischen Clan verstecken muss, weil sie nach Jahren mit Drohungen endlich Anzeige erstattet hat.
    In der politischen Arbeit musste ich mir die „Rassistin“ schon oft gefallen lassen, bezeichnenderweise in der Quartierarbeit nie. Aber ich schreib meine diesbezügliche Meinung halt nicht im Internet, weil es verdammt viele gibt, die nur auf Migrationskritik warten. Und ich sehe immer noch viel, viel mehr Vorteile in der Migration – für die Schweiz und für mich. Zum Beispiel, dass wir Sie haben, Herr a.more.s – darum bin ich richtig froh.

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