Frauenfront

Jetzt wirds brenzlig, die Frauenfront formiert sich.
Was in unserer Schulzeitung vom Dezember (S. 2 „Klassenlektüre“) noch als Kolumne mit eher verhaltenen Vorschlägen war, kam im MügaBlog als Widerstand gegen die einseitige Romanauswahl der SZ daher.
Jetzt folgt die erdrückende Beweislast dafür, dass Frauen gut und viel schreiben, in diversen Nicht-Nur-Buch-Weblogs. Dank an Kaltmamsell und an ihren Mitbewohner für die phänomenale Liste.
Endlich wird eines der ältesten Klischees attackiert. Gleich mehrseitig.

‚N paar Häuser weiter

ist mein heutiger Beitrag zur Bloggerei in Form eines stinknormalen Kommentars zu finden. Ich habe heute oder besser gestern bei drei Leuten hospitiert, ca. 2 Stunden Feedback gegeben und für die Reflexion („und was nimmst du jetzt für dich mit?“ – brrr) keinen Funken mehr. Zwischendurch muss ich einfach zu etwas anderem Senf geben als zum Unterrichten.

Pragmatisch, offen, aufs Äussere achtend

Das sei die Jugend heute, sagt mir die Shell-Studie 2002. Die zu studieren gehört zu meinen DIK1-Hausaufgaben. Auch wenn ich immer ein wenig Probleme habe mit dem Shell-Sponsoring (ich kann ja froh sein, dass nicht Philip Morris PISA bezahlt, ich weiss), lese ich diese Studien gerne. Denn wie will ich sonst damit klar kommen, dass ich mich immer mehr von den Realitäten der Jugendlichen entferne, genau wie ich mich von ihr (der Jugend) selber entferne? Meine Lernenden finden mich (Aussagen gemäss) recht cool und gut informiert. Ich selber fühle mich überhaupt nicht so, ich gehöre ja zur Generation Boris Becker, bin fünf Jahre älter als Eminem und habe von allem, was nachher noch kam, keinen Schimmer mehr.
Aber zurück zur 14. Shell Jugendstudie: Es wurden 2’500 Jugendlichen zwischen 12 und 25 Jahren in Deutschland befragt, die Studie gilt als auf die Schweiz übertragbar (aber in der Schweiz gibt’s natürlich auch immer eine, die heisst irgedwas mit Trash, Link finde ich so auf die Schnelle gerade keinen). Wie gesagt, die Jugendlichen von heute sind pragmatisch, offen und achten auf die äussere Gestalt und Gestaltung. Auch die Gestaltung ihres Lebensraumes ist ihnen im Sinne eines politischen Engagements nicht unwichtig, aber sie muss Spass machen oder individuell konkrete Ergebnisse bringen. Der Leiter (?) der Studie Klaus Hurrelmann nennt das ein möglicherweise „urdemokratisches Gefühl“, was ich zu bezweifeln wage. Was die Leistungen angeht, gibt es zwei grössere Gruppen, die eine strebt eindeutig und absichtlich auf, will Leistung bringen und Leistung sehen, die andere tut das zwar ebenfalls, aber bezieht mehr Lebensbereiche in den Plan ein. Bei der zweiten Gruppe hat es mehr Frauen, ich denke, viele von ihnen sitzen bei mir im Schulzimmer, denn Buchhändlerin zu lernen braucht schon eine Überzeugung, die über Lohn oder Aufstieg hinausgeht. Die, die unglücklicherweise nicht zu diesen beiden Gruppen gehören, weil sie die Leistung nicht zu bringen in der Lage sind, fallen leichter durchs Netz als auch schon. „Hier ist die Gesellschaft aufgerufen, Integration zu leisten,“ meint Hurrelmann dazu und wohl die ältere Generation damit. Die Globalisierung wird ebenfalls sehr sachlich beurteilt. Die wachsende Mobilität wird geschätzt, dass internationale Produkte zur Verfügung stehen auch, die zentrale Frage bleibt: Was habe ich davon? Die Relevanz von Bildung ist unbestritten, auch wenn viele Jugendliche bedauern, dass die Schule sie zu wenig anspricht und ihnen zu wenig Freude bereitet. Ich bedaure das auch und gebe Gegensteuer, so gut ich es vermag.
Die Studie deckt sich zu einem Teil mit meinen Erfahrungen und mit dem, was ich sonst gelesen habe. Sie ist eine gute Zusammenfassung aber bringt für mich nichts Neues. Ich brauche bloss die Wahlergebnisse in Bern zu studieren und zu schauen, welche Vertreterinnen und Vertreter von Jungparteien die meisten Stimmen holen: Das sind gebildete, sachliche Leute, die sich nicht scheuen, das Wort Karriere in den Mund zu nehmen, keine Berührungsängste haben und durchaus gewillt sind, vor dem Pressefoto die Haare machen und die Augenbrauen zupfen zu lassen.
Ich denke, diese Generation liefert, wie jede vor ihr, was es braucht. Und wenn man international kommunizieren, national die Sozialwerke sanieren und lokal doch noch halbwegs glücklich sein will, dann braucht es eben solche Kompetenzen. Auch wenn mich die Abkehr vom Engagement aus moralischen Gründen, der Spassanspruch an die Politik und die permanente Kosten-Nutzen-Rechnung manchmal beelendet, ist es wohl genau das, was diese Generation an Basics nötig hat, um die Forderungen des Alltags zu erfüllen und das Überleben der Demokratien zu sichern.

Von 10 auf 13

Stellen wechselt die ISBN per 1. Januar 2007. Und Normierung ist (m)ein Unterrichtsthema übermorgen, diese wichtige Information muss da mit rein. Didaktisch reduziert, versteht sich. Und weil das NZZ-Folio vom Februar, das ich heute Abend aus dem abwesenheitsbedingten Postberg gezogen haben, sich damit befasst, habe ich euphorische Lehrperson natürlich sofort meine Planung auf den Kopf gestellt.
Für alle Buchhändlerinnen und Buchhändler wichtig: Das PDF der Guidelines von der Deutschen ISBN-Agentur, vor allem die FAQs am Schluss. Und die ISO-Site wär‘ auch zum Immer-Wieder-Mal-Vorbeischauen da.
[Diese Vorbereitung erinnert mich die ganze Zeit an ein besonders freundliches E-Mail eines Ausbildungsversantwortlichen, das ich heute zum Glück gut erholt geöffnet habe. Er bittet mit Vehemenz darum, die Unterrichtsthemen und Exkursionen einzuschränken. Themen reduzieren auf (seinen ganz persönlichen) Buchhandel und Exkursionen auf ein Minimum. Diametral halt.]

Neues Berufsbild (umsetzen)

Nun hat uns das neue Berufsbildungsgesetz erreicht. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler müssen ihr Berufsbild überdenken. Alle Reglemente der Lehrberufe werden von einer Bildungsverordnung abgelöst, die anders aufgebaut sein wird. Ähnlich wie wir das von der Reform der kaufmännischen Grundbildung kennen (die allerdings auch noch einmal reformiert werden wird), sind neu Handlungssituationen am Arbeitsplatz massgebend.
Reduced to the max:

  • Berufsbild neu denken
  • Aus Handlungssituationen messbare Leistungsziele machen
  • Klingt einfach. Wird uns ein paar Jahre beschäftigen. Aber ich freue mich darauf.

    Wiki-Märchen

    Es war einmal eine Buchhändlerin, die hat ein Fach unterrichtet, das sich „Neuerscheinungen“ nannte. Vor der Frankfurter Buchmesse 2003 hat sie den Lernenden vom Grosseinkauf von Lexikas auf Weihnachten hin abgeraten. Hui, das war ein Surren und Knurren und Zicken und Kicken! Niemlas, Frau Lehrerin, wird irgendwas auf dieser Welt die schönen, gut riechenden, wunderbar gemachten Bände ersetzten, niemals werden die Menschen die überragenden Vorteile eines Taschenlexikons vergessen. Niemals wird diese merkwürdige Internet-Community die Seriosität einer Enzbrit oder eines Brockhaus auch nur annährend erreichen. Und triumphierend sind sie nach dem Weihnachtsgeschäft zurückgekehrt mit guten Lexika-Umsätzen.
    Und so begab es sich, dass die Lehrerin das Thema mied. Ein Jahr später stand in keiner der Buchhandlungen, die die Lehrerin zu Weihnachten besucht hat, ein allgemeines Lexikon in der Auslage, keine einzige Werbeaktion von keinem Verlag wurde geschaltet, keine Neuauflage der Taschenlexika gemacht. Ein vorwitziger Geist hat sich vom Geiste aller etwas geholt und aufgeholt.
    Doch anstatt ebenso vorwitzig und geistreich zu sein und neue, verrückte Dinge zu wagen, schwiegen alle. Der Wiki-Geist wurde nie zum Thema und so leben sie noch heute. Wenn sie nicht gestorben sind natürlich.

    Wissen rettet

    Tilly Smith gibt es wirklich. Sie hat einen Strandabschnitt evakuiert, und damit erst noch meine grossen Zweifel ein wenig verkleinert. Und ihren Geografielehrer hat sie auch verdankt. Der hat allen Grund, stolz zu sein.

    Girl’s sea warning saved a hundred
    A GIRL aged ten saved a hundred fellow tourists from the tsunami
    because of a geography lesson about the giant waves. Tilly Smith urged
    her family to get off Maikhao beach in Thailand after seeing the tide
    rush out and boats on the horizon begin to bob violently.
    The youngster, recalling a recent school project on quakes, turned to
    her mother Penny and said: „Mummy, we must get off the beach now. I
    think there is going to be a tsunami.“ Penny and her husband Colin
    alerted others and they cleared the Phuket beach just in time. It was
    one of the few beaches where no one has been reported killed or
    seriously injured.
    Last night Tilly, from Oxshott, Surrey, told The Sun that credit for
    her quick-thinking should go to Andrew Kearney, her geography teacher
    at Danes Hill Preparatory School.

    [Quelle]

    Und dieses Projekt wurde rasch realisiert. Eine ausgezeichnete Website. Ich sage ja, die UNO macht gute Arbeit, war peinlich genug, so lang nicht Mitglied zu sein. (Through TR, thank you.)

    Blick zurück in Bücher

    Ich mach davon nur Position acht. Dafür acht.
    1. Jens Rhen, Nichts in Sicht
    2. Russische Liebesgeschichten
    3. Satrapi, Persepolis 1 + 2
    4. Amos Oz, Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
    5. Kurt Marti, Leichenreden
    6. Die komischen Deutschen
    7. „Ich möchte jetzt schliessen“
    8. Ernst Burren, Zirkusmusig
    1. war mit Abstand die beste Belletristik. 2. War meine Tür zur russischen Literatur, nachdem ich lange Zeit nur russische Sachbücher gelesen hatte (die allerdings literarischer sind als unsere). 3. und 4. waren die Autobiografien, aus denen immer wieder leise Geschichte, Theologie und Politik in meinen Alltag einfliessen. 5. und 6. waren und bleiben beste Lyrik von Liebe und Tod, 7. waren ultimative Briefe. 8. war Schweizer Alltag in Mundart und Ich-Erzählung, treffend und fein, wie seit Jahren nicht gelesen und vorgelesen.
    [Zusammengesucht für MügaBlog.]

    zum Stephanstag…

    … eine Sibyllengeschichte. Frau Berg höxtpersönlich hat die einmal ausgesetzt. Ihres Zeichens Autorin und Redaktorin, hat sie dies‘ grosse Los vor zwei, drei Jahren den Abonnentinnen ihrer Mailingliste verteilt.
    Geldsegen ist etwas, worüber sich Buch-Menschen zwar köstlich amüsieren aber woran sie sich bestimmt nie gütlich tun können. Das fördert das absurde Gedankengut:

    Über Nacht war ich reich geworden. Eines meiner Bücher hatte sich innerhalb einer Woche einige Millionen Mal verkauft. Das hatte bis dahin nur Herr Cohelo geschafft. Die Bibel. Hitler. Sagte mein Verleger, schickte mir einen Strauß roter Rosen und einige Luchse. Ich ass das auf und dachte über die Ursache meines plötzlichen Erfolges nach. Da war es zu spüren, das Ende der Spassgesellschaft.

    [Aufs Ganze.]