Unbekannt vorbildlich: Rosa Neuenschwander

Mein buchändlerisches Vorbild wurde vor 125 Jahren, am 3. April 1883, geboren. Obwohl es nicht viele gibt, die die Berufsbildung wie sie beeinflusst haben, ist sie heute nahezu unbekannt. Dass sie eine Frau war, gereicht ihr sicherlich nicht zum Vorteil, in Erinnerung zu bleiben. Aber die Bildung ist in der Schweiz auch sonst eine sehr kollektive Angelegenheit, Fehler und Erfolge werden gleichmässig auf alle verteilt. Ausser Pestalozzi brachte es kaum jemand zu Berühmtheit, die Schulhäuser heissen eher nach uralten Humanisten, nach Musikern, längst vergangenen Autoren oder nach Quartieren denn nach Leuten, die sich in den letzten hundert Jahren um die Bildung verdient gemacht haben. Für die Berufsbildung gilt das ganz besonders. Reformen und Expertisen wurden damals wie heute ehrenamtlich gemacht. Als Grund wird oft Unbestechlichkeit angeführt, aber wichtiger ist meines Erachtens, dass Neuerungen auch in Zeiten der Budgetkürzungen nicht gefährdet werden, weil die Umsetzung bei Idealistinnen und Idealisten liegt, die sich weit über jedes Gehalt hinaus mit ihren Berufen und den Menschen, die darin tätig sind, identifizieren. Wie eben Rosa Neuenschwander.

Rosa Neuenschwander, Dünnes Heft der Erinnerungen

In den letzten beiden Nummern unserer Schulzeitung Pegasus gab es ein Portrait von der Buchhändlerin, die auch die Verkäuferinnenlehre und die erste Detailhandelsschule begründet und als erste Frau eine Rede auf dem Münsterplatz gehalten hat. Ich finde stürmische Ostertage sehr geeignet, um etwas über eine von ihren Verdientsten an der Frauenbildung her Unvergleichliche zu lesen.

  • Denken, Planen, Danken: Teil 1
  • Denken, Planen, Danken: Teil 2
  • Der Dank für die beiden Artikel gebührt meiner Mutter.

    Die heutige Jugend

    Ritter bemalen im Dezember 2007

    Ein Drittel der jugendlichen Handybesitzer hat im Freundeskreis den Austausch von gewalthaltigen oder pornografischen Inhalten mitbekommen.

    Aktuelle Untersuchungen zeigen: Über ein Viertel der Jugendlichen hört schlecht und fast 40 Prozent haben kein intaktes Gehör mehr.

    Auswirkungen von SMS-Sucht: Einschränkung von Aufmerksamkeit und anderen kognitiven Funktionen, Kreativitätsverlust, Sprachzerfall, finanzielle Schäden.

    Die Faszination ist unbestritten. (…) Chats, Games, MSN sind die ständigen Begleiter vieler Jugendlicher. Die Verlockungen sind mannigfaltig – das Suchtpotential ist eindeutig gegeben.

    Quellen in Reihenfolge der Zitate:

  • JIM-Studie 2007
  • Stiftung für Schadenbekämpfung der Winterthur, Januar 2006
  • Andreas Canziani in „Moderne Süchte und deren Folgen“, in der Zeitschrift Psychiatrie und Neurologie.
  • Vortrag Heinz Küng im September 2006: Internet als Lernort – was heisst das für die Schule?
  • Was ich schon lange sagen wollte 2

    Politisch sieht man es ja als Verrat an den eigenen Idealen, wenn Linke und andere Bildungsgläubige ihre Kinder in Privatschulen schicken und so die Volksschule schwächten. Auch in der Presse und der politischen Peripherie ist es ab und zu ein gern aufgegriffenes Thema. Nur bleibt die Frage unbeantwortet, ob es der Gesellschaft nachhaltig dient, wenn sie es nicht tun.
    Das Forschungsprojekt „Multikulturelle Schulen in Bern West“ ist für mich ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg, die Probleme ohne Vorurteile zu benennen. Ich zitiere aus einem Artikel im soeben erschienen e-ducation 6:

    Im erwähnten Forschungsprojekt, das schulisch-institutionelle, politische und stadtentwicklerische Fragen miteinander verknüpfte, wurden drei Schulen in demografisch stark unterschiedlichen Kleinquartieren untersucht. In zwei davon beobachteten wir den Unterricht in je einer 5./ 6. respektive 7./ 8. und 8./9. Klasse und interviewten Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler, Abwarte und Eltern. Dabei gingen wir davon aus, dass Schulen eine doppelte Aufgabe zu bewältigen haben: Einesteils gilt es für die soziokulturell heterogenen Klassen zuallererst, eine Gemeinschaft zu bilden, in der das akademische Lernen – selbst ein sozialer Akt – erfolgreich organisiert und durchgeführt werden kann. Andererseits stehen das akademische Lernen und Fragen der Selektion im Zentrum, welche die spätere Bildungslaufbahn der Kinder wesentlich beeinflussen. So machen das soziale Lernen (abzielend auf den Habitus nach Bourdieu) und das akademische Lernen (abzielend auf die Beherrschung des Stoffs) zusammen den Bildungserfolg aus.
    Wie bewältigen nun Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler in Bern West die doppelte Aufgabe des sozialen und akademischen Lernens? Es lassen sich folgende Tendenzen feststellen: Je grösser der Anteil von Zugewanderten und Kindern aus sozioökonomisch belasteten Milieus in einer Klasse, desto mehr Energie wird ins soziale Lernen und die
    Gemeinschaftsbildung investiert – und zwar zum Nachteil des akademischen Lernens.

    (Hervorhebungen von nja. Ein Blick auf den ganzen Artikel lohnt sich schon wegen dem Bild am Ende.)
    Kinder, die in Bern West das „soziale Lernen“ weitgehend mitbringen und vorwiegend für das „akademische Lernen“ die Schule besuchen, erwecken Misstrauen. Eltern, die intervenieren, werden oft abgestempelt. Entweder als solche, die ihre Bälger heillos überschätzen, oder als solche, die halt selber schuld sind, „wenn sie an so einer Adresse wohnen.“ Die Ausgrenzung derer, die lernen wollen, nimmt ihren Lauf und bisweilen brutale Formen an.
    Ich weiss aus leidvoller Erfahrung und stundenlangen Gesprächen mit anderen Eltern (auch mit ausländischen), dass sie sehr viele Giraffen vorbeiziehen liessen, bevor sie etwas gesagt haben. Und dass sie lange – zu lange! – zugeschaut haben, wie ihren Kindern der Lernwille abgewöhnt wurde, bevor sie sich zu einem Wechsel entschlossen. Es ist absurd zu glauben, Familien verzichteten begeistert auf ihre Ferien, um die Privatschule berappen zu können. Und die Annahme, Privatschuleltern seien reich, stimmt seit Jahrzehnten nicht mehr. Vor dreissig Jahren schon hat sich meine Mutter für den Steiner-Schul-Bazar die Finger blutig gestrickt, weil man so einen Teil des Schulgeldes abarbeiten konnte.

    Zentrale Fragen

    Heute, nach einem langen Sitzungstag in Zürich, bin ich auf dem Nachhauseweg beim Stauffacher in Bern eingekehrt, um zum Ausklang einige Bücher zu kaufen (den neuen König, den neuen DeLillo, den neu entdeckten Schalamow).
    Und da treff‘ ich meinen Chef. Ich meine Ex-Chef. Eigentlich wär‘ ich jetzt sein Chef. Aber sowas funktioniert ja nie. Das weiss jeder.
    Und er gratuliert mir zur neusten Ausgabe unserer Schulzeitung Pegasus, die er 85 Nummern zuvor aus der Taufe gehoben hatte. Besonders zufrieden ist er mit dem Interview (ab S. 4) mit einem unserer Kulturkundelehrer.

    Das hätte ich dir, ich meine euch beiden – nicht dass du das jetzt falsch verstehst – gar nicht so zugetraut… auf diesem Niveau. Zentrale Fragen, die das gestellt werden, zentrale Fragen für die Bildung.

    Das mag übertrieben sein für ein so kleines Interview. Aber freuen tut es mich.

    Kinder des (himmlischen) Friedens

    WAS STIMMT?

  • Asien ist schon heute der bevölkerungsreichste Kontinent und wird voraussichtlich bis ins Jahr 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung beherbergen.
  • In der Produktion von Fotokopierern, Schuhen, Spielzeug und Mikrowellen nimmt China auf der Weltrangliste Platz eins ein.
  • Asien ist ein Wort aus der assyrischen Spache und bedeutet Sonnenaufgang.
  • Die Banane stammt ursprünglich aus Südostasien und ist weltweit das viertwichtigste Nahrungsmittel.
  • In Umfragen äussern sich nahezu 75% der Inder und Chinesinnen optimistisch bezüglich ihrer Lebenssituation und Zukunft, die Bevölkerung europäischer Länder hingegen fällt durch ihre negative Einschätzung auf.
  • Asien ist die Ursprungsreligion der fünf Weltreligionen.
  • Am weitesten fortgeschritten innerhalb Asiens sind die Demokratien in Japan, Südkorea und Taiwan.
  • Jeder dritte Apfel auf dem Weltmarkt kommt aus China.
  • Mit mehr als 800 Filmen pro Jahr ist Bollywood die produktivste Traumfabrik der Welt.
  • Karaoke ist eine Erfindung der Japaner und sehr beliebt: 40% der japanischen Bevölkerung singt regelmässig in einer Karaoke-Bar.
  • Dies ist mein Beitrag zum Universal Children’s Day, zu welchem Christa schon 2005 einen Überblick gegeben hat.
    Quelle für die Asien-Fragen ist Material der Stiftung für Bildung und Entwicklung, einer Ansammlung didaktisch begnadeter Gutmenschen, deren Fundus noch bekannter werden muss.

    Problembücher für Jungs

    Weil sich mein Buchhändlerinnen-Ich wie auch mein Pädagoginnen-Ich wie auch mein Mutter-Ich gesträubt hat bei der Abkanzlung der sogenannten „Problembücher“ in den Lehrerzimmer-Kommentaren, werde ich heute ein paar solche empfehlen. Wenn man nicht die Kinder direkt befragt – was das Naheliegendste wäre – kann man auf Buchhändlerinnen und Verlage zurückgreifen um zu erfahren, dass viele Jungs im Alter von ca. 12-14 Problembücher mögen. Da manche Lehrerinnen und Lehrer mit „Problembuch“ noch immer das veraltete Rolltreppe abwärts (erschienen 1974) assoziieren, nützt vielleicht ein Blick auf die Aktualitäten. Bis auf eine Ausnahme spielen die nachfolgenden Bücher nämlich im 21. Jahrhundert.
    Zuerst zwei Titel aus der Reihe „short & easy“ von Ravensburger, einer Reihe für äusserst schwache Leser, für „Erstleser“ ab 12, wie es sie bei Jungs eben gibt. Volle Pulle oder Genug geschluckt sind erfolgreich, weil sie Leseantrieb bieten, weil in einem Abschnitt schon vieles zu erfahren ist und auch langsame Leser eine Aufgabe wie „4 Seiten lesen“ so leicht bewältigen können wie „Normalleser“ die Leselöwen. Trotzdem zeigen die Umschläge ganz deutlich, dass es keine Kinderbücher mehr sind, was Jungs ein gutes Gefühl gibt. Diese Bücher haben am Ende meist eine positive Wende, eine Lösung.
    dtv junior bringt jährlich viel Literatur für Jungs unter dem Motto: lesen – nachdenken – mitreden. Zum Beispiel Vorstadt Roulette. Übliche Geschichte: Marcel aka Hannibal will dazugehören und baut Scheisse, entsprechend beschissen geht das Buch aus. Unüblich sind die Figuren. Die Mutter ist nicht auf den Kopf gefallen und auch die Lehrer und die Polizei sind nicht von gestern. Es geht nicht darum herunterzuleiern, dass es nicht anders kommen konnte, sondern um den verdammt schmalen Grat. Was er davon hält und auf welche Seite er kippt, entscheidet der Leser, nicht die Autorin. Gutes Schriftbild, kurze Kapitel, guter Aufbau, erst im September erschienen und gut verkäuflich.
    Mikael Engström und Mats Wahl sind zwei schwedische Konfliktbuch-Schreiber und Schweden ist in der Gegenwartsliteratur bekanntlich stark. Beide erscheinen in Deutsch in der ausgezeichneten Reihe Hanser bei dtv.
    Mikael Engström erfindet Jungs, denen ich nicht widerstehen kann. Er schafft ihre ganze Not in Sätze zu packen wie kaum ein anderer. Brando ist inzwischen eine bekannte und beliebte Figur geworden und Brando ist auch die Ausnahme, die nicht im neuen Jahrhundert, sondern in den Gastarbeiter-Siedlungen der Siebzigerjahre daheim ist. Steppo ist ein weniger schnell erfassbarer Protagonist, sein Profil kriegt er erst im Laufe des Lesens, vor allem durch Dialoge. Engström (Jg. 1961) kann Jugendsprache, er kann Liftfasssäulen, er kann Dealergehabe und er kann Migrationsgesellschaft.
    Mats Wahl ist brutal. Er knallt dem Leser eine. Sein Protagonist ist kein Junge sondern Kommissar Fors, ein Ermittler à la Wallander. Die Bücher entsprechen dem Label „Jugendbuch“ insofern, dass es nicht um Beziehungskisten geht und auch nicht um politische Zusammenhänge, die Sprache ist knapp und klar, der Rest gnadenlos. Ich halte Wahl für eine Wende im (Jungen-)Jugendbuch – und er wird gelesen.
    Es ist, als wollte er den Jungs sagen, ok, ihr mögt Ego-Shooter, ist in Ordnung. Derbe Sprüche, Gewalt, Exzesse, Liebäugeln mit Drogen, mit Radikalen – das interessiert euch. Dann mach ich doch mal ein paar Bücher über die harte Welt, in die ihr so gerne eintreten wollt. Keine Bilder, keine Farben, kein Ton – bloss ein paar Buchstaben. Dafür Schüsse im Kopf. Du siehst zu beim Amok in der Schule, Kinder sinken zusammen; Kinder die du kennen lernst, nachdem sie schon tot sind, wenn die Eltern ihre Zimmer ausräumen und schreien dabei. Du siehst ganz genau hin, unter jedes Schülerpult, siehst wie die Care-Team-Gruppen arbeiten. Und dazu lernst du ein paar Fakten zur Polizeiarbeit, zum grauen Alltag, in dem es kein zweites Leben gibt und mancher nicht mehr aufsteht. Und Sterben – Sterben aus dem echten Leben heraus – das ist halt endgültig.
    Doch das ist Mutter-Optik. Mats Wahl hat nämlich kein einziges „Merk dir das!“ zwischen den Zeilen. Er vermittelt den Jungs, die ihn lesen: „Entschuldige, Junge, dass ich es dir nicht eher gesagt habe. Hier. Ich nehme dich für voll. Mach damit, was du willst. Immerhin kannst du nicht mehr sagen, du hättest nichts gewusst.“

    Unfertiges

    Unfertiges gilt zu Unrecht als schlecht, denn bei Beziehungen und Kindern zum Beispiel kann man darin durchaus Vorteile sehen. Vielleicht auch im Gewölle unfertiger Blogbeiträge, wer weiss das schon.
    Ich wollte schreiben über die Papiere, die im Schulkopierer liegen bleiben. Sie eigenen sich oft zum Dichten von Schulgeschichten.
    Ich wollte über Frank McCourts Buch oder viel mehr Kugelschreiber schreiben, an welchem er die Satzteile erklärte, nachdem er ihn auseinandergenommen hatte:

    FMC: Angenommen, wir würden sagen, der Kuli macht, dass die Feder funktioniert. Wäre das richtig?
    Kids: Nein. Die Feder macht, dass der Kuli funktioniert. Das kapiert doch jeder.
    FMC: Welches Wort ist also das Tätigkeitswort?
    Kids: Macht.
    FMC: Richtig. Und zu welchem Hauptwort gehört das Tätigkeitswort?
    Kids: Zur Feder.
    FMC: Ihr seht also, dass ein Kuli wie ein Satz ist. Er braucht etwas, damit er funktioniert. Er braucht eine Tätigkeit, ein Verb.

    Und wollte schreiben über meine Rückkehr zu Marx als Lektüre; dies um mich zu versichern, dass der Grossteil der heutigen Debatte schon mindestens einmal geführt worden ist.
    Doch auch ohne besonders zu gefallen, haben Wiederholungen hier ihre Berechtigung, denn die Umstände, die sind ja so. Ich Glückliche habe schon länger Gelegenheit gehabt zu lernen, dass es sich bei der Aufhebung der Klassen durch Wohlstand um ein betrübliches Missverständnis handelt.

    Schule in der Einwanderungsgesellschaft

    Rudolf Leiprecht und Anne Kerber, Schule in der Einwanderungsgesellschaft
    Leiprecht Rudolf | Kerber, Anne (Hrsg.)
    Schule in der Einwanderungsgesellschaft
    WOCHENSCHAU Verlag 2005

    Dank Lisa Rosa brauche ich dieses Buch nicht ausführlich zu besprechen, weil sie das nämlich schon gemacht hat. Der Untertitel „ein Handbuch“ trifft zu. Und wie es sich für ein Handbuch gehört, werde ich nie wissen, ob ich es je komplett gelesen haben werde. Das Inhaltsverzeichnis ist detailliert und die Anmerkungen gibt es direkt nach jedem Beitrag. Leider fehlt das Register, wie so oft in dieser unserer schnell druckenden Zeit.
    Hervorheben will ich Folgendes: Ich schätze, dass sich im Buch gleich viele Beiträge von Männern und Frauen finden. Zu der immer grösser werdenden Gruppe von Menschen, die Erfahrungen mit Migrantinnen und Migranten gesammelt haben, gehören beiderlei Geschlechter und es braucht keine Genderdiskussion, um zu wissen, dass die Perspektiven unterschiedlich sind. Das Buch bemüht sich um geschlechtsneutrale Bezeichnungen und um explizite Erwähnung der weiblichen und männlichen Formen, was bei deutschen Publikationen selten der Fall, aber bei solchen Themen eben relevant für die Aussagen ist.
    Das Augenmerk gilt der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland. Das verleitet vielleicht in der Schweiz dazu, das Buch nicht anzuschaffen (vor allem Bibliotheken sind da oft zu zurückhaltend) oder nicht ausreichend davon Gebrauch zu machen. Das wäre aber falsch. Denn der grösste Teil ist auch für die Schweiz relevant. Und Themen, die vermeintlich besonders deutsche Themen sind, wie zum Beispiel die pädagogische Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nazizeit, sind so aufgearbeitet, dass sie für alle lehrreich und übertragbar sind. Übertragbar auf andere Verbrechen, auf Verbrechen, die Fluchtgründe der Eltern unserer Schülerinnen und Schüler waren: Srebrenica, Kigali, Drenica, Darfur.
    Unbestreitbar gibt es im Verhältnis zur Vergangenheit viel Neurotisches: Gesten der Verteidigung dort, wo man nicht angegriffen ist; heftige Affekte an Stellen, die sie real kaum rechtfertigen; Mangel an Affekt gegenüber dem Ernstesten; nicht selten auch einfach Verdrängung des Gewussten oder halb Gewussten.
    – Adorno, 1960
    Dieses Buch hat bei mir noch einen zweiten Titel: Empathie ist ein Dauerauftrag. Und Untertitel: Gerade in der Schule.

    Nachricht für Lisa Rosa

    Liebe Lisa Rosa
    Ich habe deinen Artikel „Der Untergang“: Unterricht über ein schwieriges Thema gelesen. Er ist ausgezeichnet. Ich bewundere, wie genau und sachlich du an das Thema herangehst und ich bewundere deine Gabe zu reflektieren. Mein einziger kleiner formaler Tipp wäre, die Namen der Lernenden nicht abzukürzen, sondern zu ändern. Das ist lesefreundlicher.
    Ich habe schon lange nicht mehr so viel aus einem Artikel über das Unterrichten gelernt:
    1. Deine Erkenntnisse im ersten Abschnitt „das Problem“ treffen einen wunden Punkt unseres Unterrichtens. Deine Schlussfolgerung, dass Lernende durch Kommunikation lernen wollen und nicht durch das Beantworten von Fragen, bringt es auf den Punkt. Wir müssen den Unterricht dahingehend verändern. Aber in der Folge müssen wir auch die Bewertung und die Erfolgskontrolle anpassen und das ist sehr schwierig. (Im Kanton Bern ist 2004 eine grosse Reform der Grundschule kläglich gescheitert. Sie war nicht gut, aber durch sie wurde immerhin versucht, vermehrt Handlungskompetenzen zu bewerten. Gescheitert ist sie, weil die Lehrpersonen dem zeitlich nicht entsprechen konnten und die Eltern die Bewertung nicht verstanden.)
    2. Sehr wichtig ist für mich deine konsequente Haltung in der Diskussion mit den Lernenden. Du musstest dir selbst zuerst klar darüber werden, wie du den Film fandest und hast die unmittelbar anschliessende Diskussion abgelehnt. Du hast dich nicht breitschlagen lassen, als die Lernenden weiterdiskutieren wollten, „weil sie gerade so gut drin waren“ und hast den Einstieg in der nächsten Stunde trotz Widerstand geschafft. Das ist zum einen eine Heldentat im Schulzimmer. Zum anderen ist Themenwechsel und Anknüpfen können eine wichtige Kompetenz. Mit der richtigen Unterstützung ist sich auch für lümmelnde Jugendliche lernbar.
    3. Das Unterrichtsmaterial zum „Untergang“ analysierst du glasklar als inhaltslos (scheint also nicht nur bei „Paradise Now“ ein Problem zu sein) und dennoch fandest du (d)ein Ziel als Lehrerin.
    4. Sofort umsetzen werde ich deine indirekte Empfehlung, in Diskussionen Protokoll zu führen und zu analysieren, wie viele sich wie stark beteiligen. Solange ich nur darüber spekuliere, habe ich nämlich gar keine richtige Grundlage für den Einbezug aller.
    Dein Artikel ist eine sehr gute Anleitung. Man kann damit jeden legalen Film ansehen und gemeinsam daraus lernen. Umso unverständlicher ist mir, warum das Unterrichtsmaterial zu Filmen so schlecht sein kann. Ich hoffe bloss, die fragen beim nächsten Mal zuerst dich.

    Hello when

    does anybody realize, that this was the most stupid statement of Mr. Bush ever?

    Bush told Texas newspaper reporters in a group interview at the White House on Monday [1st August 2005, Anm. nja] that he believes that intelligent design should be taught alongside evolution as competing theories.

    „Both sides ought to be properly taught . . . so people can understand what the debate is about,“ he said, according to an official transcript of the session. Bush added: „Part of education is to expose people to different schools of thought. . . . You’re asking me whether or not people ought to be exposed to different ideas, and the answer is yes.“

    „Intelligent Design“ is a fancy dress. It does not belong to school but to Halloween.
    [Citation: The Washington Post, 3rd August 2005]