Fremde Übungslektion zum 1.

Kurz vor meiner Offline-Phase war ich in DBs Übungslektion. An der GIBBUL in Burgdorf bei den Köchen, am gleichen Ort, an dem ich ihn bereits bei einer Stellvertretung besucht hatte. Sich öffentlich (und das Netz ist öffentlich) über anderer Leute Kinder oder Praktika zu äussern, wäre auf jeden Fall falsch. Deshalb nur so viel und der Chronologie in diesem Lernbereich halber: Mir hat es gefallen, die Lektion war aufwändig und gut vorbereitet. Aber ich hätte nicht tauschen wollen. Es waren 45 Minuten zum Thema „Energiebedarf“ vor Lernenden des ersten Lehrjahres, von denen DB erst einmal kurz den Rücken gesehen hatte. Eine Zuordnung von Namen oder Ausbildungsbetrieben war schlicht unmöglich. Selbst wenn man den Lehrplan, den Semesterplan und den Lektionenplan des Fachlehers auswendig gelernt hat, weiss man nie und nimmer, welches Vorwissen diese Leute haben (Kohlenhydrate, KiloJoul, Fette…), und dieses Defizit würde mich völlig schaffen. Denn die Lernenden trauen sich nicht, es zu sagen, wenn sie etwas schon wissen und kichern höchstens ein bisschen herum deswegen. In der kurzen Zeit kann man sie auch nicht permanent fragen, ob sie etwas schon wissen und eine einheitliche Antwort würde man ohnehin nie bekommen.
Ich finde, DB hat die Situation ruhig gemanagt, die Lernenden haben sich davon anstecken lassen und sich wunderbar verhalten.

Meine Übungslektion zum 2.

Inzwischen habe ich das der Übungslektion folgende Gespräch überdacht und auch Notizen der Kolleginnen und Kollegen erhalten. Notizen WEBA, Notizen DB, Notizen Lehrbegleitung.
Worum ging es? Wäre zu langwierig und langweilig zum Erklären. Es war einfach eine Lektion in einer Serie von sechs, die die vertraglichen Grundlagen der Buchpreisbindung in der Schweiz zum Inhalt hatten. Mein Lektionenplan war also nur ein für Aussenstehende ziemlich unverständlicher Part. Aber ich fand, die Lektion sollte möglichst normal und repräsentativ sein. Ist sie auch geworden.
Ich habe darum gebeten, darauf zu achten, ob ich öfter und besser die Namen der Lernenden brauche, wenn ich sie etwas frage. Daneben habe ich um den Gesamteindruck gebeten. Aber ich wollte gerne, dass möglichst alle Punkte des Protokolls berücksichtigt wurden.
Weil das Ganze nicht optimal leserlich ist, hier die Ergebnisse in Kurzfassung:
Ziele aus der letzten begleiteten Lektion verwirklicht? Ja, gut, immer Namen genannt. Doch ich achte weiterhin darauf.
Besonders gut: Einstieg (mit einer „Weihnachtsfrage“), Lernklima, Praxisbezug, Methodenmix, Fachkompetenz, Leitung, Choreografie, Gestik, Körpersprache allgemein. Sachkompetenz der Lernenden im ersten Lehrjahr („trockene“ Materie, viele Berufsleute könnten es nicht besser) . Gesamteindruck: „äusserst positiv.“
Verbesserungsvorschläge: Besser abholen bei Übergängen (vom Turnen in meine Lektion, von der Einstiegsfrage zum Gesamtthema). Bei Einzelarbeiten mehr durch Pultreihen gehen. Einzelne Lernende, die vielleicht etwas passiv sind, im Blick behalten und etwas fragen. Besser bedenken von wo aus man welche Arbeitsblätter wie gut sieht.
Reflexion: Für mich war die Übungslektion in Ordnung. Die Einstiegsfrage zum Thema „was tun gegen mit Besserwisser-Kunden?“ hatte etwas wenig Resonanz. Obwohl die Frage selbst gewählt war von der Klasse, hatte sich wohl niemand etwas dazu überlegt. Ich hatte das ja auch nicht verlangt und es war nicht weiter schlimm, ich konnte schon die eine oder andere Antwort holen und musste nicht alles selber sagen. Bei dem Vorstellen der Arbeitsblätter habe ich mein eigenes übersprungen, was ohne Zuhörende wohl nicht passiert wäre. Mich korrigieren zu müssen hat mich zwar geärgert aber war äusserlich kein Problem. Ich war zeitlich und fachlich im Plan, die Lernenden waren wie immer, etwas müde (10. Lektion des Tages), etwas überdreht, aber wohlwollend. Es war die letzte Lektion vor einem Test zum Thema und ich hatte am Ende dieses Zyklus das Gefühl, dass ich das, was ich vermitteln wollte, auch habe vermitteln können. Gleichzeitig habe ich mich gefreut, das neue Semester für ein paar Lektionen ohne Beobachtung (durch mich selber und durch andere) angehen zu können. Das „Hinter-mich-bringen“ war motivierend.
Schlussfolgerung: Die Verbesserungsvorschläge der Runde nehme ich bis auf einen gerne an. Ich habe bereits damit begonnen, trotz der knappen Zeit ausführlicher zu erzählen, was wir machen werden, während ich vorher wirklich fast nur auf Rituale (Einsteigsfrage) und Vorbereitung (Arbeitsblätter sind bereits aufgehängt) gesetzt habe. Ich achte auch besser darauf, nur auf Dinge zu zeigen, die wirklich alle sehen und durch die Pultreihen gehe ich dereinst vielleicht auch öfter. Was ich nicht umsetzen werde, ist das Aufrufen der etwas „scheueren“ Leute. Ich denke, die Beobachtenden haben zu wenig bedacht, dass ich die Lernenden erst ein Semester und immer nur in dieser einen Abendlektion sehe (habe ich auch so gesagt im anschliessenden Gespräch). Es kommt mir nicht richtig vor, sie zu diesem Zeitpunkt zu piksen. Aber im zweiten Lehrjahr mache ich das sicher mehr. Ich bin schon eine Weile am Vorbereiten und Denken, weil ich dann mehr Mündliches machen will und das auch benoten werde.

Meine Übungslektion

Heute Übungslektion mit Zuhörenden und Zuschauenden, die treue Mitleser (es sind ~ 33, herzlich willkommen nach hier und nach dort) aus früheren Hospitationsberichten kennen. Es lief gut, danke allerseits für das Daumen drücken.
Aber meine Mailbox birst (hoffentlich konjugiert man bersten so), meine Pendenzenberge kippen und abgewaschen ist auch nicht. Darum sollen sich die Ergebnisse erst einmal in Ruhe hinsetzen und wenn ich das auch kann, melde ich mich mit Kurzbericht und der Beurteilung von allen als PDF. Sollen die Lernenden ruhig auch sehen.

Hospitation zum 6. und 7.

Heute war meine Lehrbegleiterin in meinem Unterricht und ich in ihrem. Ich weiss schon, warum ich sie gewählt habe. Sie kann besser unterrichten als ich. Und mir gefällt ihr Unterrichtsstil einfach gut. Und natürlich auch ihr Fach, die Literatur. Heute Morgen war die Kurzgeschichte dran. Günter Kunerts schauerlicher Zentralbahnhof und Kurt Martis knappes Happy end haben mich durch den ganzen Tag begleitet.
Ich glaube, ich eigne mich nicht sonderlich gut fürs Hospitieren. Erstens finde ich die Arbeit, die hinter einer Lektion versteckt ist, immer wieder beeindruckend und die Begeisterung der Unterrichtenden (meistens) mitreissend und erst noch tausend Dinge zum Nachmachen. Ich vergesse darüber die gezielte Beobachtung immer ein wenig. Und dann lenkt mich einfach das Lernen ab. Ich bin süchtig nach Allgemeinbildung und wenn ich Parboiled Reis in der Migros-Aktion sehe, dann überlege ich nicht, ob dessen Erwerb klug wäre, sondern wie das nun war mit dessen Herstellung.
So erging es mir auch heute. Während die Lehrbegleitung den narrativen, den deskriptiven und den argumentativen Stil in Form einer erfundenen Erzählung humorvoll aus dem Ärmel schüttelte, habe ich vor meinem geistigen Auge schon die Neuerscheinungen gestapelt, die darauf passen könnten. Narrativ und deskriptiv ist nicht so schwierig zu finden, aber könnte Markus Werners am Hang ein Beispiel für argumentativ sein? Eben, schnell weit weg mit den Gedanken und nicht auf die Didaktik geachtet. Aber vielleicht ist dies Beweis genug für didaktisches Geschick der Lehrbegleiterin.
Umgekehrt war die Lehrbegleiterin mit mir auch zufrieden, sie hat wahrlich nicht an Lob gespart. Und brauchen konnte ich es auch, denn mein Thema „Sammelrevers“ ist nicht besonders einfach zu vermitteln. Aber gleichzeitig, bei aller didaktischen Reduktion, eine nicht wegzudenkende Grundlage. Ich bin am „Sammelrevers“, dem Vertragswerk zur Sicherung der Buchpreisbindung in der Schweiz, schon mit diversen Methoden gescheitert.
Und einen Verbesserungsvorschlag hatte die Lehrbegleiterin auch: Die Leute im 1. Lehrjahr mehr mit Namen ansprechen. Werde ich machen. Mein Problem ist, dass ich Namen, Buchhandlung und Ausbildungsbetrieb gleichzeitig lerne, denn für die Nähe und Bedeutsamkeit meines Unterrichts ist es wichtig, schnell alle drei zu wissen. Aber den Lernablauf kriege ich nicht hin, manchmal fällt mir zu den Lernenden einfach ihre Buchhandlung, ihr Lehrort und ihr Sortiment ein, anstatt ihr Name. Aber ich kann schlecht jemanden mit „Luzern“ oder „Chinderbuchparadies“ oder „Allschwyl“ oder „Olymp & Hades“ oder „Medizin, Psychologie, Recht, Geschichte“ anreden.
Mein Hirn soll gefälligst in der richtigen Reihenfolge lernen: 1. Den Namen 2. Den Namen des Ausbildungsbetriebes 3. Den Namen des Chefs 3. Den Lehrort 4. Das Sortiment und die Spezialgebiete 5. Die Namen von Lernenden der gleichen Firma in anderen Klassen.
Ich wiederhole, Hirn, zuerst den Menschennamen merken!

Hospitation zum 4. und 5.

Kollegin WEBA und ich, die wir im gleichen Schulhaus arbeiten, haben je beieinander hospitiert. Und zwar im 3. Lehrjahr, bei den Lernenden, die wir beide unterrichten.
WEBA unterrichtet das Fach „Bibliografieren“ [Seite 15 im Reglement], ich unterrichte das Fach BKV [Seite 17 und 18 im Reglement].
Wir haben die Beurtilungen gemacht und ein Abschlussgespräch geführt, die Resultate waren erbauend wie lehrreich. Am besten hat mir WEBAs Zusammenfassung über meinen Umgang mit den Klassen gefallen: „Du hältst sie an einem langen Gängelband.“
Ich bin mir allerdings bewusst, dass ein Abschlussjahrgang kein 1.Lehrjahr ist. Gegen Ende sind die Regeln und Ziele klarer und bewusster als zu Beginn. Man hat sich gegenseitig schätzen gelernt.
Deswegen finden ja die nächsten Besuche meines Unterrichts im 1. Lehrjahr statt. Die Übungslektion übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, am 26. Januar von 17.30 Uhr bis 18.15 Uhr. (Genau, eine müde Klasse in der 10. Lektion des Tages.) In der WKS Bern, im Schulhaus 2, 5. Stock, Zimmer 2502.
Aber zurück zur Hospitation von WEBA und mir. Wir wollten die Beurteilung nicht nur selber machen, sondern unseren Unterricht auch von den Lernenden beurteilen lassen. Dafür haben wir einen Fragebogen (nach Kramis-Aebischer und Fittkau-Garthe) erstellt, den die Hospitierende jeweils verteilt und ausgewertet hat. Die gegenseitige Auswertung hat das Dilemma „Ehrlich antworten und doch unterschreiben“ der Lernenden entschärft.
Die Ergebnisse aus meinem Unterricht in Zahlen stelle ich gerne zur Verfügung. WEBAs Prosa dazu kommt dann in meine Lerndokumentation.

1. Schultag, 5 Ausschnitte

Nette, junge Leute und irgendwie unbeschwert heute. Vielleicht etwas müde, vielleicht etwas zum Motzen aufgelegt. Und zu erzählen gibt es halt viel nach der schulfreien Zeit. Meinem „Tsunami-Spendenaufruf“ sind auch einige gefolgt, denn wenn alle nur ein Fränkli entbehren und die Abteilung Buchhandel noch aufrundet, gibt das schon wieder ein paar Bastmatten in Sri Lanka.
Ein freundlicher Abteilungsleiter, freundliche Kolleginnen und Kollegen, am ersten Tag den Handschlag zum neuen Jahr. Und die Bitte, eine Kerze ins Fenster zu stellen, heute Abend. Sie brennt hier in meinem kleinen Büro und ist sicher gut zu sehen, die Menschen schauen gern hinter Fenster. Die aus dem Quartier fragen mich manchmal, was ich für ein merkwürdiges Zimmer hätte, in dem fast die ganze Nacht Licht brenne? Des Rätsels Lösung ist mein Bildschirm.
Eine lehrreiche Hospitation bei Kollegin WEBA und vice versa (also ob vice versa lehrreich weiss ich noch nicht, wir reden am Samstag). Eine Befragung der Lernenden, die WEBA für mich auswerten und kommentieren wird, bin gespannt was rauskommt dabei. Ich habe schon diverse Unterrichtsbefragungen hinter mit, von kurzen Feedbacks (Ziele erreicht?) bis zu mehrseitigen, ausgeklügelten ISO-Auswertungen mit Verlgeichszahlen und Durchschnittswerten.
Aber dass der Umgang mit Kritik schwierig ist, zeigt sich halt jedes Mal. Und dass Lernende einen ziemlich unterschiedlichen Massstab haben auch. Heute zum Beispiel: „Ihre E-Mails bleiben bei mir im Spam-Filter hängen, weil sie so viele in so kurzer Zeit schicken.“ „Warum kriege ich von Ihnen nie ein Mail? Haben Sie meine Adresse falsch geschrieben?“ „Ich will die Mails auch, können Sie sich meine Adresse bitte schnell notieren?“
Es heisst einerseits, man müsse jeden Lerntyp berücksichtigen, jeden Lernenden abholen wo er gerade sei, zwischen den Taxonomiestufen abwechseln und das Umfeld berücksichtigen. Gleichzeitig schreien andere nach dem Ende der Kuschelpädagogik, wieder andere nach Vergleichbarkeit der Testresultate, quer durch Kanton und Schweizerland nach einheitlichen Bewertungsschemen. Es ist eine ewige Wanderung und zwar auf mehr als einem Grat. Bisweilen sogar rückwärts balancierend.

Wahl
Kannst du nicht allen gefallen durch deine Tat und dein Kunstwerk,
Mach‘ es wenigen recht, vielen gefallen ist schlimm.


Ein schlechter Rat für Lehrpersonen. Aber trotzdem willkommen im Schiller-Jahr.

Weihnachtswünsche

Frohe Weihnachten!
Stellvertretend für alle Wünsche, die ich von Lernenden bekommen habe, hier einer, den heute alle Lehrpersonen dieser Klasse als elektronisch-musikalische Postkarte (siehe Bild) in ihrer Mailbox hatten:

Frohe Weihnachten, Merry Christmas, Joyeux Noël
Liebe Lehrerinnen und Lehrer der Klasse BH2B
24. Dezember, kurz vor vier Uhr: Die Finger wund vom tippen und Gschänggli verpacken, der Kopf noch sturm vor lauter Fragen und Wünschen, stehen wir – mittlerweile fast alleine – mitten im Laden und sehnen den Abend herbei… Die Schule noch irgendwo im Hinterkopf; „ach ja, da waren doch noch zwei Arbeiten zu schreiben… ?“
Der letzte Kunde hat den Laden verlassen, die Kasse ist gezählt; die Hektik hinter uns lassend, machen wir uns auf den Heimweg, die Strassen leeren sich, es dunkelt langsam ein. Geschmückte Weihnachtsbäume und Lichter begleiten uns, erinnern uns daran, dass es eine besondere Zeit ist. Eine Zeit der Stille, der Besinnlichkeit, der Nächstenliebe… besinnen wir uns darauf… leise fängt es an zu schneien.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen erholsame und schöne Festtage, viel Schnee und ein gutes Neues Jahr!
Ich freue mich darauf ‚meine‘ Klasse im Januar wiederzusehen und die zweite Hälfte unseres gemeinsamen Weges zu beschreiten. (Anscheinend habe ich aber trotz der eineinhalb Jahre immer noch nicht alle Namen richtig im Kopf. Nicht wahr Frau Metzler?!;-)
Frohe Weihnachtswünsche, G.S.
PS: verzeihen Sie die Musik, aber die musste einfach sein…

Ich kann mich G.S. nur von Herzen anschliessen und mich glücklich schätzen, engagierten Lernenden einen vielfältigen Beruf zu vermitteln. Ich habe schöne persönliche Post von vielen (auch Ehemaligen) erhalten, mit witzigen bis rührenden Wünschen und oft in Form von Dank. (Vor allem, dass ich jedes E-Mail so rasch beantworte, wird mir hoch angerechnet,*Frau Messerli freut sich*.)
Ich muss sagen, dass es Jahre gegeben hat, in denen diese Tradition fast verloren gegangen war und auf allen Seiten (auch von der Schule her) die Meinung vorherrschte: „Nichts sagen bedeutet gute Leistung, wenns schlecht wird, melden wir uns.“ Ich bin sehr froh, dass sich das wieder ändert. Denn Loben und Danken gehört nicht nur in die Kirche, es ist ein Haltung, die auch Schule machen muss. Und die Weihnachtszeit ist für mich eine gute Zeit, mir dessen bewusst zu werden.

Zu Besuch

Im Moment habe ich Lernende aus vierzig Ausbildungsbetrieben in meinen Klassen. Zwei Hospitanten aus einem kleinen Kinderbuchladen und aus einem Anitquariat sind mitgezählt. Diese vierzig Buchhandlungen und Verlage sind in der ganzen Deutsch-Schweiz verteilt, sehr viele sind in Basel und sogar die Lernenden aus dem Wallis drücken bei mir die Schulbank. Nur die Azubis aus Zürich und der Ostschweiz besuchen die Berufsschule für den Buchhandel in Winterthur.
Von all diesen Ausbildungsbetrieben kenne ich 90% aus realer Nähe. Und heute habe ich die letzte Buchhandlung von Innen gesehen, der kürzlich umgebaut hat, ich war heute Nachmittag bei Schreiber in Olten. Da habe ich meine Lernenden in ihrem schönen neuen Interieur besucht, gestöbert, mit Kollegin WEBA gefachsimpelt und – das war klar – Bücher gekauft.

Hospitation 1 und 3: Abschlussgespräch

D.B. und ich haben einander inzwischen die Ergebnisse überreicht und auch ein abschliessendes Gespräch über die Hospitationen an der WKS (mein Lehrort) und der GIBBUL (sein Lehrort) geführt.
Allgemein ist zu sagen, dass wir beide den ähnlichen Beobachtungsschwerpunkt hatten:

Wie wird Theorie mit Praxis verbunden?
Wie lebensnah ist der Branchenunterricht?
Wie nimmt die Lehrperson Bezug auf den Alltag der Lernenden?

Es ging aber auch um den Gesamteindruck und wir haben uns nicht gescheut, aus der Situation heraus Verbesserungsvorschläge zu machen.
D.B.s Feedback war alles in allem sehr positiv, er fand meinen Unterricht „sehr läbig“ und interessant. Er meinte, es sei irgendwie „immer weiter und weiter gegangen“ und das positiv. Dazu muss ich sagen, dass das Thema „Diebstahl“ natürlich ein dankbares ist, weil es jeden angeht. Es ist gut möglich, dass eine andere Lektion für einen Koch und Ernährungsfachmann langweiliger gewesen wäre. Beim WAS und WIE hat D.B. in diesen Lektionen kein Verbesserungspotential geortet, dafür beim WARUM. Das hatte ich etwas vernachlässigt, weil ich es wohl unterbewusst vernachlässigbar weil selbstredend fand. Ist es aber nie.
Weitere wichtige Punkte aus der Abschlussrunde:
Wir sind sehr verschieden. Unser Unterrichtstil lehnt sich an unser übriges Arbeitsprofil an. D.B. ist eher ruhig und besonnen, wie das in der Küche nötig ist, und ich bin eher zackig und umtriebig, wie das halt zum Buchhandel passt. Wir haben festgestellt, dass wir voneinander abgucken können, es aber nicht möglich ist einander zu kopieren, auch wenn einen der Stil des anderen noch so gefällt.
Ebenfalls bemerkt haben wir, dass wir verschiedene Stärken und Schwächen haben. Das WARUM (müssen die Lernenden dies und das können…) ist ein gutes Beispiel dafür. Ich habe D.B.s Unterricht hier als perfekt beurteilt, er sieht bei meinen Erklärungen wie gesagt noch Ausbaumöglichkeiten. Visualisieren fällt mir hingegen leicht, ich bin flexibel und kann auch rasch etwas anzeichnen. Bei ihm muss sich das noch einspielen. Finde ich allerdings sonnenklar, er unterrichtet eine viel kürzere Zeit als ich.
Spannend fand ich eine frühere Reaktion von D.B., die er sich selber schlecht erklären konnte, mir hingegen war sie völlig einleuchtend. Ein angehender Koch hat einen Radiergummi über alle Pultreihen von hinten nach vorne einem Kollegen zugeworfen. Er ist D.B., der ganz vorne stand, vor den Füssen gelandet. Daraufhin ist die sonst so ruhige Lehrperson mit den guten Nerven unverhältnismässig stark ausgeflippt und hat den Werfer glaub ich sogar aus dem Zimmer gewiesen.
Für mich ist klar, dass es in der Küche lebensgefährlich sein kann, Dinge zu werfen. Es passt nicht in das Weltbild des Koches, es ist keine Verhaltensweise, die er sich leisten kann. Die Küche ist gross, aber ein Koch wird neben den scharfen Messern und wertvollen Küchengeräten, den teuren Zutaten und dem heissen Öl ganz bestimmt nichts herumschmeissen. D.B. konnte mit meiner Erklärung für seinen Wutanfall etwas anfangen. Er überlegt, das Schmeissen von Gegenständen genau wie das „Wäääh“ und „Igitt“, gleich zu Beginn zum Tabu zu erklären, sobald er wieder eine eigene Klasse hat.

Hospitation zum 3.

Heute war ich knapp drei Lektionen beim Kollegen D.B. an der GIBBUL. Er hielt den ganzen Morgen eine Stellvertretung in einer Klasse von angehenden Köchen, die er noch nicht kannte. Seine Lektionen waren zum grössten Teil vom Hauptlehrer vorbereitet worden, worin er sowohl Vorteile wie Nachteile sah (ich auch).
Meine Vorbereitung auf die Hospitation:
D.B. hat mir erzählt, er werde mit Warenkunde und dem Thema „Reis“ starten. Da habe ich mich ein wenig über den Reis schlau geamacht. Das war – rein allgemeinbildend – nicht so schwierig, weil 2004 ja das internationale UNO-Jahr des Reises ist. Auch den Pauli, der glücklicherweise unter „Standardwerken“ in meiner Bibliothek steht, habe ich hervorgeholt. Und wieder einmal begriffen, dass dieses Lehrmittel seine Auszeichnung als eines der besten Fachbücher redlich als verdient hat.
Das Thema:

1. Der Reis als (Grund-)Nahrungsmittel, seine Bestandtiele und Verarbeitungsmethoden
2. Fachrechnen.

Lernziel:

1. Herkunft des Reises kennen, Reiskörner aufgrund Ihrer Beschaffenheit unterscheiden können und wissen, welche Reissorten für welche Gerichte geeignet sind.
2. Einfache Flächen berechnen.

Klasse:

1. Lehrjahr, 16 Lernende.

Ich fand die Lektionen spannend und die Klasse hat mir gut gefallen. Es ist ganz anders als in meinem Unterricht. Die Ideen des Hauptlehrers, die Unterlagen, die Vorgaben des Verbandes, die Lehrmittel – das alles wirkte irgendwie gradliniger als in meinem Unterricht. Und die Lernenden, die unterscheiden sich auch, schon rein durch das Geschlechterverhältnis, das eher umgekehrt ist als bei mir, nämlich mehr Männer.
Ich habe fachlich einiges gelernt. Besonders interessant fand ich den Fachjargon in einem anderen Beruf. Im eigenen bemerkt man ihn ja normalerweise nicht mehr. Also zum Beispiel dass die Waren auf der „Konsumentenstufe“ anders genannt werden müssen, als unter Köchen. Was ein Koch „Halbrohreis“ (vorgereinigt, sortiert, von Spelzen befreit wie Maratello greggio, Vialone greggio, Arborio graggio, jawohl!) nennt, zu dem sage ich „Vollreis“. Dann habe ich nach Jahren wieder einmal Pi benutzt und mit einer Lernenden die Fläche einer runden Tischdecke (die erschwerenderweise 15 cm über den Tischrand fallen soll) berechnet. Uff.
Ich glaube, ich konnte D.B. recht brauchbare Kommentare geben. Er hat mich gebeten, ebenfalls dieses ISO-Formular auszufüllen.
Ich fand vieles zum Abgucken: Überschaubarkeit, Einheitlichkeit, langsame Rede und einen Extratipp. D.B. sagte nämlich: „Wenn Sie an der LAP gefragt werden, wie Sie Reis lagern, überlegen Sie nicht, was ich in der Schule erzählt habe, überlegen Sie, wo Sie ihn im Lehrbetrieb haben. Und so werden Sie rasch darauf kommen, dass es kühl, trocken und dunkel ist dort.“
Ich fand auch vieles, was meinen eigenen Stil bestätigt: Nahe an der Praxis unterrichten, flexibel reagieren auf Fragen, genügend Zeit einrechnen, zwischendurch Lernende direkt (aber wohlwollend) ansprechen. Und eine Pause muss nicht immer zwischen zwei Läutzeichen stattfinden .
Ich fand solches, das ich lieber nicht möchte: Die Köche sind noch nicht so weit, dass sie nach dem Prinzip „wer lehrt prüft“ die LAP durchführen können. Es ist ein Damoklesschwert immer das zu unterrichten, was andere dann (vielleicht) an der LAP prüfen werden. Es macht nervös und Erschwert die didaktische Reduktion, die ja eigentlich ein Setzen von eigenen Schwerpunkten ist.
Und ich fand anderes, auf das ich irre neidisch bin: Das wunderbare Schulzimmer! Die phänomenale Küche! Diese Investitionen, die die Branche hier tätigt, dieses Engagement für eine wirklich gute Ausrüstung und eine richtig gute praktische LAP. (Dass der Buchhandel einen Bruchteil dessen bietet, werde ich kaum erleben. Wenn Kollegin WEBA und ich eine wirklich gute praktische LAP wollen [und das wollen wir], müssen wir eine Menge Fronarbeit leisten und so ziemlich jedem neuen Buch einzeln nachspringen. Aber das ist ein Thema, zu dem ich Tage und Nächte verbloggen könnte.)