Ich bin eine Steiner-Schülerin (oder Waldorfschülerin, wie man das in Deutschland nennt). Und das war mein Stundenplan der 7. Klasse. „HU“ bedeutet soviel wie „Hauptunterricht“. Das war der (ca. pro Quartal) wechselnde Schwerpunkt-Unterricht und der umfasste Fächer wie „Menschenkunde“, „Sternkunde“ oder „Pflanzenkunde“. Nach Rudolf Steiner können Kinder so besser lernen. Je älter sie werden, desto weniger sind sie auf diese Schwerpunkte angewiesen, darum taucht „HU“ in der 7. Klasse nur noch eine Lektion am Morgen auf. Wir waren zu diesem Zeitpunkt vierzig Schülerinnen und Schüler und wenn es A/B heisst, waren wir immer noch zwanzig. Ausweichen konnte man (in Platz-Not) auf die „Aufgabenstunde“ oder „Musikinstrument üben“. Eurythmie ist etwas antroposphisches, das müsste ich erklären.
Naja, das war in Ordnung mit der Rudolf-Steiner-Schule, ich habe keine Schäden und eine Menge Nutzen davongetragen. Die späteren Noten (das System kannte ich von der Steiner-Schule her nicht) habe ich gut verkraftet und doofe Lehrer vermochten mich nicht zu schockieren, die gab es da auch. Ich begegne im Schulzimmer immer wieder Steiner-Schülerinnen und auch sie fallen mir höchstens angenehm auf.
[Der Comiczeichner Jamiri war neulich sehr geschockt über die unerwartete Weltoffenheit seiner ehemaligen Lernstätte. Das waldorfsche Bekenntnis zum Neuen war ihm so suspekt, dass er sofort Meldung machen musste. Erklärung für Aussenstehende: Die Rudolf-Steiner-Schule, die meine und Jamiris Generation besucht haben, war das Gegenteil von aufgeschlossen und flexibel. Das hatte aber auch gute Seiten, z.B. dass die unterbezahlten Lehrpersonen unsere Pulte selber gezimmert haben, damit wir immer altersentsprechenden am Kirsch-, Birnbaum- oder Buchenholz-Pult sitzen konnten, weil Rudolf Steiner das halt mal so vorgesehen hatte.]