In diesem Update geht es mir um die Veränderungen, die die Lockerungen im Schulumfeld mit sich bringen.
In meinem Kollegium ändern die schrittweisen Lockerungen wenig, das Distanzlernen geht an der Berufsfachschule weiter. Die Eltern unter den Lehrpersonen sind froh, sind ihre Kinder wieder in der Schule. Die Lernenden aus dem Buchhandel haben wieder mit der Arbeit in den Läden begonnen und erzählen ihren Fachlehrpersonen von neuen Herausforderungen wie Abstandregeln, welche sie durchsetzen möchten (was bei unwilliger Kundschaft schwierig ist). Die Azubis in den Callcentern sind weniger mit dem Unterricht und mehr mit ihrer praktischen Prüfung beschäftigt, in der sie ab morgen je vier Stunden telefonische Beratungen aus dem Home Office machen werden. Manche Lehrpersonen fürchten sich davor, bis zu den Sommerferien auf Distanz zu unterrichten, anderen kommt es gelegen. Die definitve Entscheidung, ob und wie weit die Berufsfachschulen wieder öffenen, wird nächste Woche erwartet.
In der Volksschule ging die Wiedereröffnung vor zwei Wochen mit relativ blanken Nerven und viel Unsicherheit vonstatten. Eine Freundin, die Lehrerin in der Unterstufe in einem sog. sozialen Brennpunkt ist, schrieb mir am Vorabend:
Denn es ist ein Ding der Unmöglichkeit, mit den Kindern nun noch alles durchzugehen, was ich ihnen in stundenlanger Arbeit auf dem jeweils geeigneten Kanal an Rückmeldungen gegeben habe. Sie die „Kommentärli“ durchlesen zu lassen und ihnen beim Verständnis zu helfen, würde einfach zu viel Zeit fressen, wir müssen jetzt vorwärts gehen. Doch, eine halbe Lektion fällt mir ein, werde ich investieren, damit sie zu zweit den Ordner angucken und einander die liebsten, schönsten und die für sie weniger interessanten Blätter zeigen. Yes, es muss eine zeitlich begrenzte Würdigung dieser Arbeiten und Blätter und Kommentärli geben, unbedingt! Und drei Kleber pro Kriterium sollen verklebt werden… Das gibt eine sinnvolle Randhalblektion. Und bestimmt habe ich danach ein Bild davon, wie wer gearbeitet hat, wie wer unterstützt werden konnte, ob stimmt, was ich mir notiert habe, für unser IF-Heilpädagogin. Morgen müssen wir alle Schüler*innen wieder ins Boot holen und irgendwie mit den einen aufholen, mit den anderen weiterfahren…
Bis jetzt hat es aber ganz gut geklappt, die meisten Kinder sind glücklich, wieder in der Schule zu sein und die meisten Lehrpersonen ebenso. Händewaschen klappt bei den Kleinen sowieso tiptop, die schäumen sich wahnsinnig gern ein und die Fallzahlen sind zum Glück mit der Schuleröffnung nicht gestiegen.
Mir persönlich erleichtert die Lockerung das Arbeiten, weil ich wieder ohne schlechtes Gewissen ins Büro kann, wo ich ein Stehpult habe. Die Grossraumbüros sind noch nicht in Betrieb. Mit dem Schulschluss kommen auch die Zeugniserstellung und die Erstellung der Notenausweise für alle, die abschliessen, auf uns zu. Kein einfaches Unterfangen vom Home Office aus. Parallel laufen die praktischen Prüfungen in verschiedenen, den Corona-Regeln angepassten Varianten. Auch diese Resultate müssen bei uns verarbeitet werden. Und wenn die meisten Lernenden keine Prüfung ablegen und dennoch alle ein Eidgenössiches Fähligkeitszeugnis (EFZ) bekommen, das zwar den Corona-Richtlinien entsprechen muss, ohne dass dies sichbar sein sollte, dann gibt das viel Arbeit, die wir nie zuvor gemacht haben. In meinen beiden Abteilungen schliessen 93 Menschen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren aus 11 Kantonen ab. Darunter etliche „Sonderfälle“ mit verkürzter Lehrzeit, in Nachholbildung ohne Vornoten (d.h. mit individuellen Prüfungen), als Repetenten und viele, die Lehrstelle gewechselt haben. Das ist relevant, weil es nach den neuen Richtlinien besonders wichtig ist, dass ein/e Berufsbildner/in eine/n Lernende/n und seine Leistung gut kennt. Als grosse Freundin der Diversität bin ich motiviert, für alle gute Lösungen zu finden – ich mache das sogar besonders gern. Nur die Zeit – die verbraucht mich grad spürbar. Aber das geht vielen so und vorbei.
Ja, eine schwierige Zeit für die Lehrenden und Lernenden. Erstere werden oft übersehen. Meist stellt man lediglich Forderungen an sie auf.