Dank den heutigen Kommentaren habe ich gelernt, dass Lisa Rosa aus Hamburg und Lizamazo aus Bern ihre Bücher gerne online bestellen. Lisa Rosa tut das, indem sie einen Onlineanbieter wie beispielsweise Amazon wählt, Lizamazo wählt ihre Quartierbuchhandlung. Ich lasse jetzt ausnahmsweise die Moral aussen vor, obwohl von mir natürlich möglichst die Unternehmen Geld bekommen, die Lernende ausbilden, die Mitarbeitende gut behandeln, die sich für ihre Branche als Ganzes einsetzen, die langfristig planen, die ihre Steuern im Land bezahlen, die ich ermittle jetzt nur, ob Lisa Rosa die Möglicheiten von Lizamazo auch hätte.
Was bisher geschah: Ich als Buchhändlerin der alten Schule möchte, dass die Menschen auch online den stationären Buchhandel in ihrer Region frequentieren, anstatt irgendeinen virtuellen Monopolisten. Ich behaupte, dass den Menschen dadurch langfristig mehr Vor- als Nachteile entstehen. Die schweizerische Kundschaft kann online über den stationären einheimischen Buchhandel bestellen, die Kataloge stehen amazon.de wirklich in nichts nach, die Lieferfristen sind völlig in Ordnung.
Doch wie sieht es in Deutschland aus? Zuerst grub ich nach Statistiken: 2004 hatte gut die Hälfte der deutschen Buchhandlungen einen Online-Anteil von unter fünf Prozent am Umsatz. In der Schweiz hingegen lag der Online-Anteil am Totalumsatz des stationären Buchhandels bereits 2002 bei 5.42% (Betriebsvergleich Buchhandel Schweiz 2003). In der Schweiz hat das Onlineshopping in der real existierenden Buchhandlung 1996 begonnen, 3.4% der deutschschweizer Läden hatten da bereits eine Shoplösung (ebenfalls BBS 2003). In Deutschland wurde der stationäre Buchhandel gemäss meinen Recherchen erst im Jahr 2000 überhaupt dazu befragt. Es scheint also eine Click-and-Mortar-Gap zwischen den Ländern zu klaffen.
Aber Deutschland hat doch so wunderbar verlässliche Publikumskataloge, an die sich jede Buchhandlung dranhängen kann, ohne auch nur eine eigene Website zu benötigen. Wird das Angebot von den Buchhandlungen nicht genutzt oder wissen die Kundinnen und Kunden nichts davon?
Zu Lisa Rosas Beispielen. Sie wünschte sich, online im Buchladen in der Osterstrasse oder bei Lüders einzukaufen und sich die Bücher liefern zu lassen.
1. Hat Lüders eine Website? Jawohl, Lüders ist problemlos zu finden und hat einen Onlineshop mit Warenkorb via libri.de: 350’000 Titel lieferbar, eine Mio. in mindestens sechs Sprachen beschaffbar.
2. Hat der Buchladen in der Osterstrasse eine Website? Nein, selber nicht. Er ist aber klugerweise Partner von Komm.Buch, eine wunderbare Initiative unabhängier Buchhandlungen und Verlage. Warenkorb via Verzeichnis Lieferabarer Bücher, 1 Mio. Titel und immer mehr Non-Books.
3. Sind diese Buchhandlungen auch via Publikumskataloge wählbar? Bei buchkatalog.de leider nein. Dafür beide bei libri.de, ein Zwischenbuchhändler mit Firmensitz in Hamburg, regionaler geht’s nimmer.
Lisa Rosa könnte theoretisch ihre Bücher über ihre Lieblingsbuchhandlungen bestellen, ohne ihr Kaufverhalten wesentlich verändern zu müssen. Doch warum muss das eine schweizer Buchhändlerin erklären, liebe Buchhandels-Kolleginnen und -Kollegen da oben?
Disclaimer: Praktisch habe ich die Dienste nicht getestet, das müsstet ihr in Deutschland schon selber tun. Gründe gibt’s genug.
Toll, toll, toll! Vielen Dank, Tanja für Deine Recherchen. Klar werde ich jetzt online in meinen Stadtteilbuchhandlungen die Titel bestellen, die man nur neu kriegt!
Tja, und „warum muss das eine schweizer Buchhändlerin erklären, liebe Kolleginnen und Kollegen da oben?“ 1. weil ich ein Trottel bin und das Internet und den Laden an der Straße irgendwie nicht zusammendenken konnte. Peinlich ;-( Und 2. weil ich als Nichtbuchhändlerin vielleicht nicht ganz so intensive Gedanken an Buchhandlungen verschwende, wie die Buchhändlerin. Und 3. weil die Deutschen ja wohl in allem, was Internet betrifft, hinterherhinken (z.B. haben wir von allen deutschsprachigen Ländern bestimmt die wenigsten Blogger) – und nicht nur darin.
Ich werde jedenfalls bei meiner ersten Bestellung bei Lüders morgen (Staudte, Die modernen Nazis) von Dir grüßen bzw. Dich als Referenz hinterlassen …
Um Gotteswillen! Ich habe die Buchändlerinnen-Kolleginnen gemeint. So kann es zu Missverständnissen kommen, wenn man zwei Berufe hat, ich ändere sofort.
Ich finde es wirklich ziemlich dicke Post, dass diese wunderbaren und vollständigen Kataloge von den Buchhändlerinnen und Buchhändlern so miserabel repräsentiert werden. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das sollte doch bei je-dem am Schaufenster stehen, Website, Kataloge, alles, Himmel nochmal.
Dir, liebe Lehr-Kollegin, bin ich sehr dankbar für die Anregung!
Keine Angst, ich fühlte mich nicht auf den Schlips getreten (hab ja auch keinen.) Und natürlich hätte ich das ja selbst schon mal rauskriegen können, auch wenn ich keine Buchhändlerin bin. Aber Du hast wohl Recht – die Buchhändler hier scheuen den Verweis auf die Online-Möglichkeit. Vielleicht haben sie ja Angst, daß sie dann den ganzen Tag allein im Laden stehen? Eine Buchhänderlin hier, bei der ich in den Zeiten vor meinen Internetkäufen fast jede Woche ordentlich eingekauft habe, traf ich neulich und mußte ihr gestehen, daß ich nicht mehr bei ihr aufkreuze, weil ich alles im Internet kaufe. Das hat sie sehr bedauert. Dabei blieb es aber auch. Ihre Website – die sie hat – hat sie mir versäumt zu empfehlen … komisch, was?
Noch besser als über die Buchhändler-Website mit Libri-Plugin zu bestellen ist es in vielen Fällen, zunächst zu recherchieren (über Libri, Amazon oder was auch immer) und danach per E-Mail beim Buchhändler zu bestellen. Dann hat dieser nämlich die Möglichkeit, mit seinem Warenbestand abzugleichen (und sodann bei Nichtvorhandensein bei Libri zu bestellen) während er ansonsten das Buch über den Barsortimenter zugestellt bekommt, auch wenn’s im Stapel ausliegt. Setzt natürlich eine gute Bestellbuchabteilung voraus, die E-Mails dauernd abfragt.
also das, lieber hanjo, ist mir eben wirklich zu mühsam – tut mir leid, bin nicht pestalozzis witwe. aus diesem grund bin ich auch von meiner jugendliebe von buchhandlung weggekommen. die hatten zwar früh einen onlineshop, ihn dann aber laufend verschlechtert. auch das gibts. und die verschlechterung bestand genau darin, dass sie plötzlich einen eigenen katalog aufbauen wollten, damit ihr eigenes lager mitbewirtschaftet wird. man hat in dem katalog 0,nix gefunden, dann mühsam in amazonien die daten ergoogelt und ihnen per mail mitgeteilt um schliesslich freundlich geantwortet zu bekommen, man könne das buch holen, es sei am lager – ***pferteli!
Meine Stammbuchhandlung wäre äußerst ungehalten, wenn ich Bücher über ihren, mit ihnen vernetzten Barsortimenter bestellte, da die Rabattierung wohl arg gering ausfällt und nichts mit den im Buchhandel üblicherweise gewährten Rabatten zu tun hat (ich glaube, 5% werden gewährt). Und das auch, wenn man so bestellt, daß das Buch in der Buchhandlung abgeholt würde. Und so ist man dort insgesamt wenig begeistert von dieser Art Online – Lösung, das lohnt sich nur als funktionierendes überregionales Zusatzgeschäft. Für die regionalen Kunden, die den Laden eh aufsuchen (können), ist es im Endeffekt ein Verlustbringer, sodaß Vorbeigehen oder Bestellung per email sinnvoller wäre. Einen eigenen richtigen Shop mit eigener Logistik aufzubauen, ist aber zu aufwendig und zu personalintensiv, unabhängig mal von der Frage, wie ein solcher online – Buchladen im Wettbewerb überregional zu platzieren sei, sodaß er konkurrenzfähig ist. Ich denke, dieser Markt geht eindeutig an die Großen; denkbar hielte ich aber Plattformen ähnlich den schon existierenden Antiquariatsplattformen, die sich überregional zusammenschließen, bzw. Gebühren an einen externen Plattformbetreiber zahlen…. LG rollblau
Uff, da kommt ja wieder einiges ans Licht. Da ich mich wohl auf die Rettung des Schweizer Buchhandels beschränken muss, eher kurz (das Thema lehr‘ ich schliesslich):
1. Auf der Buchhandelswebsite eingebundene Kataloge führen in den Warenkorb der Buchhandlung. Das bedeutet, dass sie die Bestellungen vorher selber bearbeiten kann und völlig normale Rabatte bekommt.
2. Ein E-Mail muss man nur schreiben, wenn man etwas im Katalog / in den Katalogen nicht findet.
3. Kataloge einzubinden kostet, logisch, Kataloge zu machen auch (und zwar sehr, sehr viel – diese Kosten tragen Zwischenhandel und Verlage). Die Kosten für die Einbindung amortisieren sich gemäss dem letzten Betriebsvergleich in der Schweiz problemlos.
4. Die Lösung, keine eingene Website zu haben, sondern sich einem Katalog anzuhängen, damit der Kunde einen „als lokale Buchhandlung vor Ort“ auswählen kann, hat bei buchkatalog.de keinen Einfluss auf den Rabatt. Bei Libri.de weiss ich es nicht. Die Kosten, im Dropdown-Menue und auf der Karte als Buchahandlung vor Ort aufzutauchen, sind äusserst gering.
@Lizamazo: Diese Buchhandlung hätte auch in den eigenen Katalog die Daten der anderen Kataloge aufnehmen können, tagesaktuell, sekundenaktuell. Wenn ich mich mit etwas auskenne, dann sind es Schnittstellen zu Buchhandelskatalogen, aber die haben mich halt nicht gefragt, die aus der Längg…
@Rollblau: Es ist immer das Schönste, die Leute in der Buchhandlung zu haben. Aber sonst widerspreche ich vehement! Der Onlinemarkt gehört(e) allen und der Zwischenbuchhandel hat in dieser Sache einen ausgezeichneten Job gemacht. Die Branche möchte ich sehen, die für so wenig Geld derart gute Shoplösungen bekommt! Nur haben es offenbar die deutschen Buchhandlungen viel zu spät realisiert.
Nur so, ergänzend:
Schweizer Betriebsvergleich 2005 (exkl. Thalia, der grösste Onlineshop des stationären Handels. Die haben sich gemäss meinen Berechnungen nicht beteiligt):