Handelsreisende geniessen keinen uneingeschränkt guten Ruf, doch ihre Berufung ist in Literatur, auf Theaterbühnen und im Kino schon erfolgreich verarbeitet worden. Nicht nur in Tod eines Handlungsreisenden; noch sehenswerter zum Thema wäre Glengarry Glen Ross und sogar das mathematische Traveling Salesman Problem bleibt ein Dauerbrenner.
Besser ist das Renommé des Verlagsvertreters. Er gilt uns im Buchhandel mehr als vielseitiger Kollege denn als einseitiger Verkäufer. Buchhändlerinnen und Buchhändler, die ihr Metier verstehen, pflegen die Geschäftsbeziehungen zu Verlagsvertreterinnen und -vertretern sorgfältig und langfristig. Niemand kennt die regionalen Absatzmöglichkeiten so gut, niemand hat die Termine, zu denen Autorinnen und Autoren in der Gegend, im Radio oder Fernsehen auftauchen, früher in seiner Agenda notiert, niemand weiss so genau Bescheid über die Absatzzahlen der Bücher eines Verlages in einem bestimmten Markt. Und kaum einer ausserhalb der Buchhandlung ist so interessiert an deren Erfolg wie ein Verlagsvertreter, denn er ist immer am Umsatz beteiligt. Und zwar – strenger als andere Handelsreisende – an dem Umsatz mit den Büchern, den die Buchhandlungen wirklich den Endkunden verkaufen. Rücksendungen von Buchhandlungen werden dem Verlagsvertreter wieder vom Umsatz abgezogen. Er verdient also nichts an Büchern, für die Buchhandlungen keine Kundschaft finden.
Weil die Geschäftsbeziehung mit Verlagsvertretungen für uns im Buchhandel so wichtig ist, steht sie natürlich in der Ausbildung prominent in den Lernzielen, sowohl in denen der Lehrfirma wie auch in denen der Schule. Ich achte deshalb darauf, dass jeder Jahrgang von Azubis mindestens einmal genug Zeit bekommt, einem Verlagsvertreter zuzuhören und Fragen zu stellen. Verlagsvertreterinnen und Vertreter kommen gern bei uns vorbei. Umgekehrt sollen dabei natürlich auch die Azubis etwas tun. Dieses Jahr war Anfang November ein Vertreter bei uns. Nach dem Besuch haben wir in der Klasse die Notizen zusammengetragen und daraus ein kleines Dossier Der Verlagsvertreter gemacht.
Diesen Stoff habe ich nun letzte Woche zusammen mit zwei anderen Themen des Wareneinkaufs geprüft. Auch wenn es vielleicht mehr Arbeit gibt: Es lohnt sich in der Berufsfachschule, die Azubis etwas entwickeln zu lassen, man kann das gut für Tests verbindlich erklären. Erstens arbeiten die meisten Azubis gerne so und zweitens laufe ich als Lehrerin nicht Gefahr, Veraltetes zu prüfen.
Das Verlagsvertreter-Dossier finde ich super!