ja, ja, die Buchpreisbindung

Schon heute Morgen um 7:23 Uhr hat sich eine kleine Buchhandlung bei mir schriftlich und offiziell erkundigt, ob sie überhaupt noch einen neuen Lehrling nehmen soll? Und meine Mailbox quoll den ganzen Tag über vor Google-Alerts. Der Bundesgerichtsentscheid hat offensichtlich sämtliche meiner Buchhandelsstichworte bedient.
Mündliche Anfragen, Bitten und Beileidsbekundungen von allen Seiten, vom Chef bis zum IT-Support, von der Gewerkschaft bis zur Politikerin.
Das ist ja schon nett. Aber ich bin nicht gefährdet, danke. Und nein, ich möchte nicht darüber bloggen. Denn bei meinen Blog-Themen verfolge ich das Prinzip „Berichtigung und Originalität“. Wenn etwas grundfalsch kommuniziert wird – beispielsweise über den Buchmarkt – dann korrigiere ich das. Sonst schreibe ich nur zum Thema, was sonst niemand schreibt oder über Aspekte des Buchhandels, die allgemein zu kurz kommen.
Seit längerer Zeit habe ich der Berichterstattung nichts hinzuzufügen und – aufs Ganze gesehen – auch nichts daran auszusetzen. Die Branchenverbände waren dank Argumentationsnotstand in den letzten Jahren gezwungen, mehr Daten zum Buchhandel zu erheben und auszuwerten, und die Presse hat nun wirklich genügend Gelegenheit gehabt, Liberalisierungs-Kommentare zu üben. Diese beiden Faktoren ergänzten sich glänzend und verhindern, was noch bis vor einem Jahr üblich war: dass jeder mikroskopische Kurzschluss zur Buchpreisbindung in fetten Lettern erschien, weil „Bücher zu teuer!“ dem Publikum ja stets gefällt und der Sohn des Preisüberwachers so gern bei Amazon bestellt, im Fall.
Deswegen ist von meiner Seite nichts als Redundanz zu erwarten: Liberalisierung ist immer eine Frage der Alternative. Nachhaltigkeit hängt immer an Prognosen und die sind mangels lesbarer Kristallkugeln regelmässig falsch.
Viel wichtiger als meine Meinung sind die guten Buchhandlungen, die hier und jetzt ihr Überlebenskonzept anpassen müssen. Ich persönlich kenne so viele ausgezeichnete Buchhändlerinnen, die nicht nur auf dem neusten Stand sondern auch so realistisch, clever, einsatz-, leistungs- und lernfähig sind, dass sie die Wende ohne fixe Buchpreise sicher schaffen könnten. Die Frage ist nur, ob sie noch möchten.
Denn Bücher schreiben, Bücher machen und Bücher verkaufen ist nicht in erster Linie Sache des Geldes, sondern des Willens. Meine nachhaltige Prognose ist, dass das so bleibt.
[History.]

2 Gedanken zu „ja, ja, die Buchpreisbindung“

  1. Ich habe gestern an meinem letzten Reisetag eine Buchhändlerin und ein Buchhändlerpaar in Aargauer Kleinstädten gesprochen, die das absolut möchten und auch ohne Preisbindung eine Perspektive für ihre Buchhandlung sehen.

  2. @Beat: Da freue ich mich sehr! Und erst noch in dieser Gegend, wo die Ketten gerade stark Einzug halten.
    Was sich auch sehr lohnt: Wer sich fragt, ob er/sie unter diesen Umständen noch weiter machen soll und Französisch kann, möge unbedingt im Welschland nachfragen (auch direkt bei ASDEL).
    Da gibt es einige Kleine & Feine, die seit dem Fall der Preisbindung zugelegt haben, weil die Verflachung der Sortimente bei den Grossen offensichtlich wurde. Denn die Sortimentsbreite der Grossen kommt auch unter Druck, wenn sie dann wirklich zu günstigeren Preisen anbieten müssen.

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