Vergangenen Sonntag war ich bei einer Tagung aufs Podium geladen, die sich mit der Herausforderung E-Book befasste, was interessant war, weil’s bei E-Themen ja garantiert etwas gibt, was man noch nicht weiss. Breitformatige E-Books für Kinderbilderbücher beispielsweise kannte ich nicht, den Exklusiv-Reader der Kette X hatte ich noch nie in der Hand gehabt, von dem der Kette Y wusste ich nicht, was er schlussendlich kosten soll. Die neusten Zahlen zu den Lesegewohnheiten bisheriger User (eine Datenbasis von 100 ist dabei schon viel) sind wohl nicht ganz verlässlich und die Bewegungen auf neuen Absatzmärkten bzw. Gadgets können nur teilweise erhoben werden. Die Antwort auf die Frage, wer wem die Preise diktieren und/oder die Inhalte klauen wird, bleibt wolkig, das liegt in der Natur der E-Sache.
Dieses Mal ging es zusätzlich um den Einfluss auf den Berufsalltag der Buchhändlerin und des Buchhändlers und da tun sich – wie in allen Buchberufen – Gräben auf. Die Diskussion läuft sehr emotional und schon eine ganze Weile im Kreis. Das papiererne Buch zu bewahren ist ein legitimer Anspruch, bei der Digitalisierung der Inhalte vorne dabei zu sein ebenso. Warum sollten wir heute sagen können, wer sich zukunftsgerichteter verhält? Es erscheint mir doch ziemlich vermessen, 5000 Jahre Buch als nahezu abgeschlossen zu betrachten. Und es scheint mir wenig hilfreich, zehn Jahre globales Heavy-E-Reading als Hype abzutun. Die jetzigen Generation Buchmenschen muss von beidem etwas verstehen, pragmatisch, neugierig und vor allem den Inhalten zugeneigt bleiben. Denn diese Würfel sind noch lagen nicht gefallen.
„Pragmatisch, neugierig“ – man möchte meinen, jeder mit Interesse an seinem Job müsste diese Haltung haben. Aber du bist eine Ausnahme, wenn auch genau das dich so lesenwert macht.
Anke Gröner hat übrigens sehr schön dargelegt
„Warum ich meine eBooks durchaus auf ein Kaltgetränk einlade, sie aber nicht heiraten möchte“
http://www.ankegroener.de/?p=10181
Danke für das Kompliment! Anke tippt etwas an, worüber wir im Buchhandel und in Verlagen auch viel diskutieren: Die Orientierungslosigkeit im E-Publishing, die eben auch über das Medium hinaus geht und bisweilen zu Uferlosigkeit führt. Sollte unsere Branche mit den traditionellen Stationen obsolet werden, fehlte dann vielleicht mit der Zeit doch das eine oder andere Nadelöhr.
Für mich hat das ganze noch so lange Hype-Charakter, als man eher über die Geräten spricht (de fakto gibt’s in den Köpfen momentan nur das iPad) als über die Inhalte, und man sich nicht auf einen geräte-unabhängigen Standard einigt.
Siehe nur die peinliche Aktion des MAGAZINS bezüglich iPad (bezieht sich auf Presse, ist aber etwas symptomatisch).
Zumindest meine ich zu beobachten, dass eher mehr Leute wieder bereit sind/wären für Inhalte zu bezahlen. Lesen die alle Lanier?;-)
Meines Erachtens braucht es vor allem zwei Entwicklungen: Erstens, die, die du nennst und für die Lanier ja auch schreibt: Einsicht des Konsumenten. (Ist beispielsweise bei Nahrungsmitteln aus regionaler oder bio-Produktion auch geschehen und läuft auch im E-Book-Sektor recht gut). Zum anderen braucht es den Rückzug der Investoren, die in der Informationskultur Renditen wie eine Bank erwarten und erzwingen wollen. Wenn die sich aus dem Staub machen, bevor alles platt ist – dann, aber nur dann, sehe ich eine Chance für die deutschsprachige Medienwelt.
In der ZEIT war übrigens eine erstaunlich guter und interessanter Artikel über Laniers Buch (leider nicht online zugänglich).