Welche Aufgaben schreiben Sie dem Buchhandel in den nächsten fünf, zehn Jahren zu?
Das ist jetzt schon wieder so tendenziös gefragt… weil es ja voraussetzt, dass es in zehn Jahren noch eine Funktion für Buchhändler gibt, und da steige ich schon aus. Ich finde es traurig, dass in dieser ganzen Diskussion jetzt… ich habe das Gefühl, dass niemand mit dem Buchhandel Klartext reden will. Ich halte das für unterlassene Hilfestellung, dem Buchhändler nicht zu sagen: Es wird euch nicht mehr geben in zehn Jahren. Diese ganzen Geschichte rund um Beratung zu E-Books, oder: Es gibt doch diese schöne Buchhandlung in Berlin und eine in Hamburg, die ein so herrliches Sortiment und Veranstaltungsprogramm haben, so wunderschöne Architekturbildbände – das nützt doch den tausend anderen Buchhandlungen, die es in zehn Jahren nicht mehr gibt, nichts, denen müsste man doch sagen: verkauft jetzt, an einen, der leichtgläubiger ist als ihr. Dann kriegt ihr noch ein paar Euros dafür. Aber das ist natürlich auch gemein, den Leichtgläubigen gegenüber.
Aus dem Interview mit Kathrin Passig im neuen „Schweizer Buchhandel“ 1/2014.
Heute Mittag stellte die Buchhändlerin vis-à-vis von mir fest: „Es existiert keine Buchhandlung mehr, in der ich je gearbeitet habe.“ Die letzte Buchhandlung, in der sie tätig war, hat am 30. Dezember geschlossen. So redeten wir ein wenig über Vergangenheit und Zukunft. Die Buchhändlerin rechts von mir konnte auf ein Jahrzehnt Geschäftsleitung in einer Comicbuchhandlung (noch existent) und auf einige Jahre in einem dieser erfolgreichen, urbanen Kulturhäuser hinweisen, in denen neben massenhaft Arbeit auch Umsatz steckt. Und die Autorin schräg gegenüber am Tisch erzählte uns vom vierten Buch, das sie im Frühling herausbringen wird – gedruckt. Ich finde nicht, dass man sich um unsere Aufklärung sorgen muss. Buchhandel ist Handel. Buchhändler sind wie jeder andere Unternehmer mehr oder weniger fähig, ihre Bilanzen und Erfolgsrechnungen zu lesen.