Es gibt etliche Unterschiede zwischen deiner Buchhändlerlehre und der heutigen Lehre. Was beschäftigt dich davon am meisten? Was freut dich, was enerviert dich?
Mich freut vor allem, dass unsere Lehre wesentlich vielseitiger ist. Sehr viel allgemeinbildender, sehr viel fachbezogener, also eine Lehre, die auf alle Facetten dieses Berufes vorbereitet.
Was mich enerviert, ist die lasche Disziplin. Das ist im Wesentlichen mein Problem – vermutlich. Wir leben in einer anderen Zeit. Gott sei Dank. Aber wir prägen die Zeit und nicht die Zeit uns. Deshalb meine ich, etwas mehr Diziplin, vor allem Selbstdisziplin, könnte nicht schaden. In meiner Lehrzeit war ein Befehl ein Befehl, ob vom Lehrer oder vom Chef, es wurde nicht diskutiert. Wenn der Chef sagte, um zwölf bist du da, dann war ich da. Auf die Minute.
Wenn er sagte, heute Abend ist ein interessanter Vortrag im Gürzenich, dann ging ich hin. Der brauchte nicht zu bitten. Die Bemerkung allein genügte, auch wenn der Vortrag in meiner Freizeit stattfand.
Das Interview ist diese Woche in der neusten Nummer unserer Schulzeitung erschienen. Und es wird offenbar gern gelesen, ich wurde in der kurzen Zeit schon von ganz verschiedenen Leuten darauf angesprochen. Das Ganze ist ab Seite 4 im „Pegasus“ Nr. 83 zu lesen. Titel: „Manchmal auf Umwegen, aber eigentlich immer.“
Bei dem Thema Disziplin und Selbstdisziplin kann man manchmal verzweifeln. Die jungen Leute lächeln einem freundlich an, sagen ja, ja – und machen dann was sie wollen.
Nicht alle selbstverständlich. Aber sehr viele.
Ohje, ich glaube ich werde alt.
Claudia: In der Altersklasse, in der ich unterrichte, geht Disziplin am besten mit einer Mischung aus Begründung (warum etwas nützlich ist zu können), bitten („machen Sie es halt mir zuliebe“) und Sanktionen (auch Bussen). Aber das ist sicher nicht auf jede Unterrichtsstufe zu übertragen.