Kriterien eines guten Gesprächs (mindestens so wichtig wie eine gute Mahlzeit):
1. Themen, die alle interessieren, Themen, die hin und wieder wechseln und deren Bedeutung auch gewissen objektiven Kriterien standhält;
2. einander zum Denken zwingen, zum Beispiel durch Fragen (Sokrates), auch bei Abschweifungen;
3. Abschweifungen beliebig zulassen, aber immer nach dem Gedanken fragen;
4. wenn der andere erzählt, ihn fragen, was er genau gesehen, gehört, gefühlt hat, was auffällig war, was für allgemeine Schlussfolgerungen sich für ihn daraus ergeben;
5. ausgeglichener Wechsel zwischen Reden und Zuhören, also auf die Herausgabe von Einfällen verzichten, wenn es den anderen in seinem Gedankengang unterbricht.
6. sofort stoppen, wenn die Leute anfangen, einander Witze zu erzählen.
Notiert von Peter Noll (1926-1982) am 21. März 1982.
Publiziert in seinem Buch „Diktate über Sterben und Tod“
(Piper TB 539 auf S. 140)
Peter Noll scheint es nicht so mit dem Humor zu haben?
ug hat recht- klingt alles, wie mit leicht verkniffenem vernunftmoralmund gesprochen-warum nicht witze, es ist so herrlich, sich mit leuten vor lachen beinah am boden zu kugeln- man kann sogar wieder weiter sprechen, vernünftig, wenn man sich ausgelacht hat…
dem herrn noll hoch anrechnen tu ich sein verweigern von krankenhausbehandlungen, bestehen auf letzten, unvergifteten lebenszeiten! gruß von sonja
Erstens ist es halt ein Notiz vom Lebensende, zweitens geht es ja hier um das „gute Gespräch“. Mir selber fallen keine Gesprächssituationen ein, bei denen Witze erzählt worden sind, die ich im Nachhinein als „gutes Gespräch“ bezeichnen würde. Vielleicht als guten Anlass, lustigen Abend oder lockere Sitzung, aber nicht „gutes Gespräch“. Zudem bereitet mir der Zynismus, der ja auch oft als Witz daher kommt und den ich bis vor Kurzem noch geschätzt habe, in Gesprächen zunehmend Mühe.
Es besteht ein Unterschied zwischen mit Witz und Humor Gespräche führen – gute Wortspiele, unerwartete Gedankenkobinationen, Übertreibungen und Absurditäten inbegriffen – , und „Witze erzählen“. Das wechselseitige Aufsagen von Witzen gilt nicht als Gespräch.
Ich würde Punkt 6 insofern modifiziert haben wollen, als dass ich meine, wenn man beginnt, Witze zu erzählen, merkt man daran, dass das Gespräch zu Ende ist.