Vor einigen Wochen begab ich mich in New York auf die Suche nach einer unabhängigen Buchhandlung. Ich orientierte mich zunächst in Richtung des Columbus Circle, wo sich einst Coliseum Books befand, ein Emporium des Geistes, dessen gelbe Plastiktüten – von denen ich einen scheinbar unendlichen Vorrat hatte – mich jahrelang zum täglichen Einkauf begleitet hatten. Zu meinem Entsetzen waren Plastikmannequins an die Stelle der Neuerscheinungen getreten, und die Vitrine war geschmückt mit kunstvoll herumgestreuten Bananen, deren künstlich grelle Farbe allein an den Vorgänger erinnerte.
Traurig, dachte ich, aber nicht tragisch. Schließlich gibt es ja noch Gotham Books, das Urgestein des New Yorker Buchhandels. Dreimal lief ich direkt an Gotham vorbei, ohne es wiederzuerkennen, und der Grund war schlicht und einfach, dass es auch Gotham Books nicht mehr gab. Auf dem Broadway kehrte ich in ein Antiquariat ein, dessen Räumlichkeiten so beengt waren, dass jeder Kunde zuerst gewogen und gemessen wurde, bevor er hereingelassen wurde. Ein junger Mann von extremer Hautblässe bestätigte, was ich schon befürchtet hatte: Ich würde in eine der dreitausend Filialen von Barnes & Noble gehen müssen. Was ist mit Gotham geschehen, fragte ich ihn? „tot, mann, einfach tot. hast du ne ahnung, was das bedeutet, das ist der weltuntergang, mann, das ist wie das ende.“
Der Rest der Kolumne von Ilija Trojanow ist eine treffende Zusammenfassung der Meinung von Ladenpreisbefürwortern. Das ist das Gute an unendlichen Themen: Man kommt zu brauchbaren Resümees von Postitionen.
Ich selber hab‘ Coliseum Books auch nachgetrauert. Und ich war im Januar fast ein bisschen froh gewesen darüber, wohl mein ganzes Leben nie mehr nach NY zu kommen und mir den Untergang der „Indies“ aus der Nähe anschauen zu müssen. Nicht dass es um jeden Hippie-Reiseführer-Shop schade wäre. Aber wenn stimmt, was mir Büchermenschen erzählen, ist sowohl Sortimentstiefe wie -breite in New York endgültig beerdigt. Und was lernen wir daraus? Um eine weltweit angesehene Kulturstadt zu sein, braucht man keine Buchhandlungen (mehr).