Jedes Jahr machen ich, meine gute Kollegin und eine Sachverständige aus der Gewerkschaft einen Perspektivehalbtag für die Abschlussklassen. Dazu gibt’s von uns auch eine Linkseite, die wir laufend aktualisieren.
Im ersten Teil stellen die Lernenden Fragen, die sie schon früher anonym eingegeben haben. Die gehen meist in eine ähnliche Richtung: Wie viel Geld brauche ich, um selbständig leben zu können? Darf ich an einem Bewerbungsgespräch etwas fordern? Woher bekomme ich gute Referenzen? Wie gehe ich mit der Konkurrenz aus meiner Klasse um, wenn wir uns auf die gleichen Stellen bewerben? Wie viel Sozialversicherung bezahle ich?
Dann gibt es einen zweiten Teil in welchem wir längere und kürzere Laufbahnen vorstellen. Auch die, die ihr Fähigkeitszeugnis erst vor einem halben Jahr erhalten haben, schreiben uns ihre Erfahrungen im Beruf und im Leben. An den jungen Biografien haben die Abschlussklassen immer grosse Freude, weil sie ja zusammen in der Schule waren.
Der Buchhandel in der Schweiz kennt keine Meisterlehre, es gibt keine schulische Tradition der Weiterbildung. Das wird meist bedauert, auch von mir. Allerdings hat es auch seine guten Seiten: seit Generationen bringen wir einander Neues bei.
Ich habe noch nie erlebt, dass mir eine Buchhändlerin Informationen vorenthalten hätte. Auch heute, wenn ich jemanden – auch eine Verlegerin oder einen Zwischenhändler – etwas frage, weil ich nicht weiss, wie ich ein Thema anpacken soll oder wenn ich mit jemandem zu Aufklärungszwecken essen gehe: lauter offene Türen. Und wir reden dann eben nicht darüber, was das Gegenüber sowieso supergut kann, wie ich das oft bei anderen beruflichen Lunchs höre, sondern über das, was nicht geht, nicht rund läuft, wo Potential wäre, aber keine Zeit. Und überhaupt, was wir alles unterlassen haben und inskünftig in Angriff nehmen müssen und dass gute Bücher in der Regel immer noch nicht so richtig gut verkläuflich sind.
(Vielleicht gelten wir deswegen als Jammerbranche?)