Das ist das Schöne am Buchhandel: Man kann montags Digitalisierung und mittwochs schon Faksimilierung.
Gestern war ich an einen der seltenen Führungen durch den Faksimile Verlag Luzern. Dies ist die einzige Möglichkeit, die besten Faksimiles der Welt genauer anzuschauen und sogar in die Hand zu nehmen.
Natürlich ist fast alles Betriebsgeheimnis. Zum Beispiel wie der Elfenbeinersatz für die Nachbildung mittelalterlicher Einbandkunst gemacht wird und welche Stickereiwerkstatt die Millimeterfäden für die Replik vikorianischer Einbände zeichnet und der Kundenstamm sowieso. (Das sollte allerdings nicht nur bei Buchkunden, die pro Titel um die 30’000 CHF ausgeben, so sein, sondern ausnahmslos bei allen. Merkt euch das werte Branchenleute, Amen.)
Trotzdem gibt es im Verlag immer noch genug Neues zu erfahren: Handschriften bleiben immer am Ort. Es reisen die Hersteller, niemals das Original. Manche Handschriften dürfen per tesamentarischer Regelung nicht einmal einen bestimmten Raum verlassen. Jede Seite wird unter Sperberaugen der Restaurateure der Biblioteca Apostolica Vatican, des Corpus Christi Colleges, des Schlosses Chantilly und etlicher anderer hohen Herbergen fotografiert. Dass Seiten nicht von selber gerade liegen, weiss jeder. Wie viel es braucht, bis sie es doch tun, fast niemand:
Die Seiten werden einzeln und von Hand mit einer Metallleiste angehoben, welche kleine Löcher hat, durch die das Pergament (nur am unbedruckten Rand) angesaugt werden kann. Der Sog ist natürlich regulierbar. Allerdings darf die Handschrift nicht direkt auf Metall zu liegen kommen, es wird immer ein Spezialpapier dazwischen gelegt. Danach wird die Kamera so lange gerichtet, bis der Winkel passt, um die Seite flach abzulichten. Wenn es soweit ist, hat man eine (!) Seite digitalisiert.
Beim Book of Kells brauchte der Verlag für die Fabvergleiche zwischen Andruck und Original noch 90 Flüge nach Dublin, dank verbesserter Aufnahemtechnik sind’s jetzt weniger.
Ich habe den Faksimile Verlag Luzern in früher buchhändlerischer Erinnerung, weil meine Lehrbuchhandlung in meiner Lehrzeit wirklich und wahrhaftig ein „Book of Kells“-Faksimile verkauft hat. Und der Kunde war nicht einfach ein Bibliomane, der sich daheim damit verschanzen wollte, nein. Er war Gymnasiallehrer und hat alle aus der Buchhandlung zu sich nach Hause eingeladen, damit wir das Wunderwerk in Ruhe anschauen konnten.
Er hat sogar für uns gekocht. Und auch wenn er offiziell nie mein Lehrer war, hat er es ausgezeichnet verstanden, mich für die mittelalterliche Handschrift, diesen Verlag und die Herstellung zu begeistern. Ich werde Faksimiles wohl bis an mein Lebensende mit Gnocchi Barilla an Pecorino Sardo, Pomodori und frischem Basilikum aus dem Garten in Verbindung bringen.
toller artikel sehr interessant. fantastisch mit welcher sorgfalt diese bücher behandelt werden.
ja faksimiles sind etwas wertvolles.