Immer wenn ich putze – und das ist beinahe jedes Wochenende – denke ich über das Putzen nach. Ich denke, dass meine (theoretisch) vierzehntägliche, zu fairen Bedingungen (mit Label!) angstellte Reinigungsfrau sehr viel schlechter putzt als ich, dazu noch oft krank oder im Heimatland ist. Und daran, dass sie mindestens einen Drittel mehr verdient als die durchschnittliche Buchhändlerin und gleich darauf natürlich daran, dass solche Gedanken sündig bourgeois sind und dann wiederum trotzig: „Ein richtiger Bourgeois ist mir noch immer lieber als ihr Sozialfaschisten“, wobei das nicht von mir, sondern von Fallada stammt. So treibe ich mich also weiter an zu helvetischer Reinlichkeit – sei sie auch noch so vergänglich. Denn morgen beginnen die Abschlussprüfungen und ich werde mindestens zwei Wochen nicht mehr zum Putzen kommen, und auf das Auftauchen der Reinigungsfrau ist wie gesagt kein Verlass. (Blöd, dass ich keinen Gedankengang und sowieso kaum etwas im Leben machen kann, ohne dass mir Bücher einfallen dazu.)
Ach: Es gibt Menschen, die mehr im Leben machen können, ohne dass ihnen Bücher dazu einfallen?
(Lese gerade meinen ersten Fallada und mag schon nach 50 Seiten seine Sicht und seine Sprache.)
Wie schön – ich war verblüfft und begeistert, dass Fallada wieder entdeckt und ordentlich aufgelegt worden ist. Aber meine Schülerinnen bekunden bis auf wenige Ausnahmen Mühe und verstehen kaum, weshalb Fallada in die heutige Zeit passen sollte. Aber er passt eben doch.