Hausaufgaben sind in der Schweiz eine Institution. In den meisten Kantonen ist sogar festgelegt, wie lange Hausaufgaben in welcher Klasse dauern sollen. Also als das Kind in die 4. Klasse kam, sagte die Lehrerin am Elternabend: „Ab jetzt gibt es 20 Minuten Hausaufgaben.“ Die bestanden darin, dass sie „20 Minuten Lesen“ oder „20 Minuten Rechnen“ in diesem und jenem Buch aufgab, ohne jemals zu prüfen, ob es gemacht worden ist. Andere Lehrerinnen dieser Schulstufe haben die Hausaufgaben als zentrale Herausforderung bezeichnet und benotet.
Hausaufgaben sind meiner Erfahrung nach in der Schweiz ein häufigeres Gesprächsthema als in anderen Ländern. Nachdem ein Schüler auf dem Familienfest die Fragen nach seinem Alter und nach der Klasse, die er besucht, beantwortet hat, wird er oft noch gefragt, ob er denn „seine Aufgaben auch immer schön mache?“ und wenn er „ja“ sagt, besteht die Chance, dass eine Greisin mit zitternder aber gepflegter Hand ein kleingefaltetes Nötlein für ihn aus dem Handtäschchen klaubt.
Meine Einstellung zu Hausaufgaben ist eine unentschlossene. Einerseits bezweifle ich, dass das eigene Heim ein guter Lernort ist. Dort werden Hausaufgaben leicht zu einem Ritus der Eltern, zu einem Quell unablässigen Streits oder unüberwindbar, weil vielen Kindern die nötige Ruhe, das nötige Material und die nötige Hilfe fehlt. Gut ausbalancierte Aufgabenbewältigung ist eher selten anzutreffen. Deshalb halte ich Schulen und verwandte Institutionen für den besseren Ort, selbständiges Arbeiten zu lernen.
Andererseits bin ich natürlich Lehrerin an einer Schule, in der die Lernenden weder Gelegenheit noch Platz für die Erledigung ihrer Hausaufgaben haben. Ich erwarte aber, dass sie die Aufgaben machen und habe die Macht, sie zu bestrafen, wenn sie diese nicht oder leidlich abliefern. Doch ich unterrichte ein Fach, in welchem ich nur wenig Hausaufgaben geben muss, weil Selbständigkeit, Zeiteinteilung und das Erstellen von Arbeitsjournalen ja in der Lehrfirma vermittelt wird. Das entbindet mich von vielem.
Ohja! Es gibt so viele gute Gründe für Hausaufgaben wie es Umstände gibt, die die beabsichtigte Wirkung von Hausaufgaben in ihr Gegenteil verkehren. Am schlimmsten ist, – so habe ich immer wieder von den Schülern und meinen eigenen Kindern erfahren und finde es unbedingt verständlich – wenn Hausaufgaben danach im Unterricht gar keine Rolle spielen, d.h. nicht besprochen, nicht feedbacked, nicht zur Kenntnis genommen werden.
oh, das ist auch hier ein heißes thema. drumherum spielen sich bei manchen leuten wahnsinnsdramen ab! aber die schülereltern gieren gar nach hausaufgaben. haben die kinder mal keine auf, hagelt es beschwerden. natürlich nur von den ehrgeizigen, permanent ums kind kreisenden elternteilen!
unsere schule wird in bälde zur ganztagseinrichtung. das bedeutet: bessere chancen, die hausaufgaben mit hilfe zu erledigen, eh besser zu lernen für die nicht privilegierten. das finde ich gut. bei meinen eigenen kindern habe ich mich nie drum gekümmert, bzw. nur, wenn sie um hilfe gebeten haben, war ich doch eine berufstätige mutter und keine nachhilfskraft.
gruß von Lu
Ich halte Hausaufgaben eigentlich sinnvoll, um zu gewährleisten, daß sich die Schüler auch über die 45 Minuten Unterricht mit einem Bereich beschäftigen und Wissen vertiefen oder einfach nur üben. Ob das unbedingt zuhause sein muß, ist dabei eine andere Frage. Bei uns gibt es inzwischen eine Tendenz zur Ganztagsschule, zumindest im grundständigen Bereich. Hier in der Nachbarschaft übernimmt ein Schülerladen die nachmittägliche Betreuung. Ich erinnere mich selbst noch an die Hausaufgaben in den ersten Schuljahren, die meist unter der strengen Aufsicht meiner Mutter stattfanden. Das war wirklich übel, von daher denke ich schon, daß das Zuhause ein denkbar ungeeigneter Ort sein kann. Und eine Begrenzung der Hausaufgaben muß auch sein, umso mehr als Kids heutzutage noch anderweitige Pensen auferlegt bekommen : Sportverein, Musikunterricht. Es muß unbedingt ein Freiraum fürs Spielen und für Kontakte erhalten bleiben, denn auch Schulkinder sind Kinder. In der Berufsschule gabs eine natürliche Begrenzung, da ich ja nur 2 Mal in der Woche Unterricht hatte. Und bestimmte Fächer brauchten so etwas nicht, weil ja der Unterrichtsstoff in der Praxis im Betrieb untermauert wurde. Aber Buchungssätze sollte man schon ein wenig üben – und natürlich die zu diskutierenden Schullektüren vorher gelesen haben. 😉 LG rollblau
Darüber gibt es so viele Meinungen wie Eltern und LehrerInnen und natürlich SchülerInnen. Ich habe einzig noch den Anspruch, dass der Samstag und Sonntag bis zum Ende der vierten Klasse absolut Aufgabenfrei sein müssen. Und zwar nicht nur, wenn man ein Organisationstalent ist und den ganzen Freitag Nachmittag mit vorschaffen verbringt.