Die Schule der Frauen

Iris Radisch
Die Schule der Frauen
Wir wir die Familie neu erfinden
DVA 2007
978-3-421-04258-3

Ich habe einiges auf mindestens drei Kinder-Küche-Karriere-Schlagzeile zum heutigen Tage gesetzt und gewonnen. Es gibt ja wirklich und wahrhaftig kein anderes Frauenthema mehr als die drei Positionen:
1. Kinder sind Erfüllung, Hausfrau zu sein ist wunderbar und wertvoll.
2. Kinder tut man sich nicht an, Erfüllung geht ohne besser.
3. Beides ist vereinbar.
Nach drei Tagen Presse um Eva Hermanns hohen Besuch in Bern, kann ich Nr. 1 abhaken (Klammer dazu folgt), für Nr. 2 ist der Zug schon länger abgefahren. Andere Frauenthemen haben entweder einen eigenen UNO-Tag oder eh’ keine Chance mehr, und so bleibt mir nur noch Nr. 3 übrig, um meinen langweiligen Alltag mit unlösbaren Problemen zu beleben.
(Eben, Eva Hermann: Ich meide bekanntlich Kritik an Frauen in der Öffentlichkeit. Aber ganz eingeklammert frag ich mich doch, ob es nicht eventuell eine effizientere Methode für intellektuelle, motivierte Schwestern gegeben hätte, sich mit den Konservativen anzulegen? Eine Opportunistin auszupfeifen, die von Berufs wegen rhetorisch gut und stoisch gelassen wiederzugeben vermag, was andere für sie aufgeschrieben haben – bringt das wirklich den gewünschten aufrüttelnden Eklat? Die Pro Libertate-Senioren – mit Radau überzeugt? Mmh.)
Und so habe ich gestern Nacht zu Position 3 dieses Buch gelesen. Dank geht wieder einmal an Liisa, ohne die ich nicht über meinen missgünstigen Schatten gesprungen wäre. Iris Radisch vertritt in ihrem Buch auch Eva Hermanns Ghostwriters Verlag PR-Beraters Eva Hermanns Meinung, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Märchen ist, welches ausser zum Herumerzählen nicht viel taugt. Aber dann ist es mit der Ähnlichkeit zum Glück vorbei.
Radisch begründet nicht mit der Biologie und ihre Lösung ist keine pfannenfertige. Sie macht mit spitzer Feder ein paar Kleinigkeiten klar, die in letzter Zeit unterzugehen drohen. Zum Beispiel, dass im Wesentlichen die Pille Schuld ist am Geburtenrückgang, dass nicht so verdammt viele Männer gerne mehr im Haushalt tätig wären (wenn sie nur könnten), dass ein Elternteil an einem Arbeitstag höchstens drei von 24 Stunden für ein Kind aufwänden kann und dass 98 von 100 Alleinerziehenden Mütter sind und sich die Mehrheit der Väter nur sehr begrenzt für die abgelegte Brut interessiert.
Wie gesagt, die Lösung präsentiert sie nicht. Aber es ist ein Plädoyer dafür, dass die Frauen das Tempo drosseln. Wir haben in kurzer Zeit den männlichen Part gelernt, etliche Fortsetzungsfamilien mit unübersichtlicher Verwandtschaft gemanagt, dem Mann vielleicht nicht mehr gerade das grösste Stück Fleisch aber immer wieder gnädig das jüngste Stück Frau zugestanden und jede Kinderkrankheit im Büro oder im eigenen Haus mit einem ermunternden Lächeln auf den Lippen ausgebadet. Radisch plädiert für mehr Partnerschaft. Für die Familien-Lobby, die neue Rollen erstreitet und nicht alte zementiert.
Ich habe das Buch gerne gelesen, weil es witzig ist, weil sie wunderbare literarische Bespiele benutzt und weil sie gut schreiben kann. Doch ihre Forderungen waren furchtbar enttäuschend; so vertraut und gewöhnlich. Vielleicht ist das ja das Zeichen für ihre Realisierbarkeit.
Na dann, auf einen neuen Versuch.

8 Gedanken zu „Die Schule der Frauen“

  1. Nein, im Gegenteil, Liisa. Es war ein sehr guter Tipp und es macht mir nichts aus, dass die Schlussfolgerungen relativ banal sind. Fertige Rezepte sollten uns sowieso stutzig machen.
    (Heute ist der Hermann-Besuch übrigens schon wieder in der Berner Tagespresse.)

  2. Ich tendiere ja beinahe dazu, die selbstverständlichsten und abgedroschensten Forderungen in dieser Sache als die vordringlichsten anzusehen : wenn etwa in einer Studie – veröffentlicht am Weltfrauentag – festgestellt wird, daß 22 % der arbeitenden Frauen weniger Lohn für die gleiche Arbeit (in Deutschland) bekommen, kommt es mir vor als wäre alles Erreichte der Frauenbewegung und der Emanzipation nur eine große Illusion, und man müßte da noch mal grundlegend neu beginnen, genau diese Ziele vehement durchzusetzen….
    Und ebenso skeptisch bin ich mit der Initiative von Frau von der Leyen. Wenn auch in der Sache richtig und dringend notwendig, werden sich Besserungen dadurch nur wieder teilweise ergeben. (Denn die Männer spielen nicht mit, die Arbeitgeber spielen noch weniger mit und das Konzept der Betreuung endet spätestens um 17 Uhr, während in D die Arbeitszeit im Einzelhandel gerade auf theoretische, auf Schichten verteilte 24 Stunden ausgedehnt wurde, im Schnitt das Ende eines Abends in Berlin bei 20 Uhr + Heimweg liegt. Ähnliches gilt in den Pflegeberufen und vermutlich auch in Teilen der industriellen Produktion.)
    Für die Pille scheint mir das zu gelten, was auch bei Schußwaffen zum Teil richtig ist : Menschen töten mit Waffen, nicht Waffen an sich töten. Erweitert sehe ich da schon etliche gesellschaftliche Entwicklungen in diese Entscheidungen miteinfließen : Konsumgesellschaft, hohe Kosten allgemein und für Kindererziehung und – Pflege im Besonderen, Kinderfeindlichkeit (z.B. auf dem Wohnungsmarkt, in der Anlage von vernünftigen Spielplätzen, in dem Primat des privaten Nahverkehrs, Leistungsdruck ohne Ende, Bildungsmißstände, durchaus einzukalkulierende Fehlentwicklungen auf dem (deutschen) Arbeitsmarkt, die eventuell auch schon die Kinder arbeitslos machen etc.etc.).
    Und es gibt nur zwei Argumente, die weiterhin ein paar Kinder auf die Welt kommen lassen : Ich will trotzdem oder : Ich kann es mir leisten. LG rollblau

  3. Zu Eva Hermans Auftritt in Bern bzw. zur Aktion anlässlich dieses Auftritts bin ich nicht ganz gleicher Meinung. Protest gegen Grüselinnen und Grüsel jeglicher Couleur ist nötig und wichtig – es geht meiner Meinung nicht unbedingt um die alten Herren der Pro Libertate, sondern grundsätzlicher darum, dass solche Leute einfach nicht unwiedersprochen solchen Schwachsinn von sich geben sollen. Ich war an diesem Tag in Bern (Jahresversammlung der JUSO Schweiz) und habe dort Frauen getroffen, die direkt von der Aktion kamen. Die Aggressivität und Gewalttätigkeit dieser Pro-Libertatisten kannte offenbar keine Grenzen (und die Stadtberner SVP war mit dabei…). Man muss sich schon fragen, was für Zeitgenossen das sind, die (als Männer) Frauen schlagen, treten und würgen – und frau darf ebenfalls werweissen, was Männer, die bereits in der Öffentlichkeit Gewalt anwenden, wohl zuhause mit ihren Frauen und Kindern tun. Aber eigentlich möchte man es gar nicht wissen.

  4. Lieber Wühler, ich habe bloss die Frage der Effizenz aufgeworfen (und übrigens das Buch von Eva Hermann mehrheitlich gelesen).
    Dass sie eine Grüselin ist, kann ich in meinem Verständnis für das Wort nicht bestätigen, sie ist eine Opportunistin und ich pflege solche zu ignorieren, weil sie nämlich immer noch hurtig das Gegenteil sagen können. Eine andere Möglichkeit ist, ihnen bei Auftritten konkrete Fragen stellen, bei denen ein Herauswinden schwieriger ist.
    Ein Pfeifkonzert halte ich für nutzlos. Es brachte nicht der Gleichberechtigung sondern Eva Hermann mehr Popularität und das war abzusehen. Da Pro Libertate auch politische Gegnerinnen und Gegner persönlich zu diesem Auftritt eingeladen hat, gehe ich davon aus, dass die SVP die Störerei im Wahljahr ziemlich genau kalkuliert hat. Wo ich im Vorfeld gefragt worden bin habe ich von Störmanövern für diesen Anlass ab- und zur konkreten Fragestellung geraten und sehe mich 100%ig bestätigt. Für mich sind weder linke Politik noch Aktionen dazu geeignet, in die Empörtheistfalle zu tappen, die einem die Rechten immer wieder mit viel Freude stellen. Es gibt bessere Wege.
    Rollblau, wenn Radisch und ich salopp die Pille schuld geben, sagt das vor allem eins: Frauen hätten schon früher weniger Kinder gekriegt, wenn sie gekonnt hätten.

  5. Ich war auch skeptisch bezüglich der Sinnhaftigkeit eines Pfeifkonzertes.
    Die Reaktionen waren gewalttätig und geräuschvoll. So geräuschvoll, dass man in Deutschland hellhörig geworden ist.
    Eva Herman hat sich von ihren Anwälten aus einem Vertrag, den sie für eine ähnliche Veranstaltung mit einer der FPOe nahestehenden Vereinigung abgeschlossen hat, entbinden lassen. Sie möchte nicht mit rechtsaussen Gedankengut in Verbindung gebracht werden…(..)
    Oder doch eher ihre Karriere schützen ? Wie auch immer. Sie ging heim und hat offensichtlich was gelernt 🙂
    Könnte ja ein Anfang sein.
    Sollte die Pro Libertate/SVP die Störaktion kalkuliert haben, dann hat sie das aber sehr schlecht getan. Flurschäden hat die Schlägerei in ihren Reihen angerichtet.

  6. Sollte die Pro Libertate/SVP die Störaktion kalkuliert haben, dann hat sie das aber sehr schlecht getan.

    Kalkuliert habe ich nicht gesagt. Eher damit gerechnet, dass es ungefähr so passieren könnte, weil das ein sehr üblicher Ablauf ist.
    Was die am Rande interessierte Öffentlichkeit vom Nachspiel noch mitgekriegt hat, war, dass die Grüne NR Teuscher sich beim SVP Fuchs entschuldigen musste. Super. Ich orte die Flurschäden der Aktion ganz entschieden anders.

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