Geburtstäglicher Statusbericht

und ein paar Überlegungen zum Leben:
Bisher war ich immer eingebunden in ein Schuljahr, ein Buchjahr, ein Geschäftsjahr. Ich wusste ziemlich genau, was ich am 5. Januar, am 4. Juni und am 10. Oktober machen werde, ich war ein stabiler, um nicht zu sagen langweiliger Mensch mit einer vollen Agenda. Nun plane ich nicht mehr weit voraus. Ich führe einen der ältesten Verbände der Schweiz durch diese Corona-chaotische Zeit, ob das gut geht, weiss ich nicht, so wenig wie alles andere. Es ist fast noch einfacher geworden, sich in dieser Unplanbarkeit für das Wesentliche einzusetzen. Es zeigt sich nicht nur besser, auch ividuell unterschiedliche Reaktionen sind akzeptierter; mehr Fehlertoleranz, weniger Perfektionismus. Schuldzuweisungen sind natürlich omnipräsent, aber ich glaube, der Eindruck, es seinen mehr, täuscht. Es konzentriert sich bloss alles auf ein Thema, darum wird die Aggressivität augenfälliger, die vorher schon da war.
Viele haben dieses Jahr in ihrem Kreis schmerzlich erfahren, wie schnell gestorben wird, auch ich. Da rücken die Fragen nach dem, was wirklich wichtig ist, in den Vordergrund. Unsere Zeit ist endlich und mein Anliegen in der Sache nicht besonders originell: Ich möchte sie gut einsetzen. Geburtstage eignen sich, darüber zu reflektieren, wie. Heute habe ich mit dem Mann lange – und nicht zum ersten Mal – über mein schlechtes Gewissen diskutiert (oder gar gestritten?), weil ich so viele Privilegien habe. Selbst habe ich mich längst mit dieser Antriebsfeder angefreundet, sie hilft mir in absurden, kräftezehrenden und ungerechten Situationen, durchzuhalten. Aber fürs Umfeld ist es manchmal mühsam, wenn ich ständig so angespannt bin. Ich kann nichts versprechen, aber ich nehme mir für 52. Lebensjahr vor, entspannter zu werden und mehr Zeit in den feinen Badezusätzen und weichen Kissen zu verbringen, die ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Aber zuerst schreibe ich einen Brief an einen Freund im Strafvollzug und ein E-Mail an eine Journalistin, um sie vielleicht für eine Recherche dieses niederschmetternden Falls zu gewinnen. Und noch vorher feiere ich mit meinen Nächsten. Ungefähr so wird’s auch weitergehen, wenn ich Gesundheit und Elan habe, was ich allen rundum wünsche!

Fotos: vom Mann, entspannt.

4 Gedanken zu „Geburtstäglicher Statusbericht“

  1. Natürlich Gesundheit und Elan für dich im neuen Lebensjahr!
    Ich finde es so schön, dass ich, seitdem es dich gibt, bis an mein Lebensende Grund habe, den Nikolaustag zu feiern.

  2. Anke vielmal allerseits! Mein Blog befindet sich im Umbau und ausser, dass ich viel zu wenig Zeit finde hierfür und für alles Private, geht es mir gut und ich danke vielmal für die lieben Wünsche.

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