Brief vom Chef

Mein oberster Chef schreibt zum Schulbeginn immer einen Brief, den ich in der Regel hier verlinke. Leider bar jeder archivarischen Regeln, weshalb ich auf die Schnelle nur gerade die drei letzten finde. Sicher ist: Der Brief wird mit den Jahren länger.
Brief von Bernhard Pulver zum Schulbeginn 2013
Brief von Bernhard Pulver zum Schulbeginn 2012
Brief von Bernhard Pulver zum Schulbeginn 2011

Viele sagen,

ich hätte schwarze Ringe unter den Augen, was stimmt. Ich hatte Messedienst an der BAM. Es ist immer wieder schön mit den Achtklässlern über ihre Berufswünsche zu reden. Mit den Eltern ist es schwieriger, sie sprechen ständig für ihre Kinder. Es ist nicht leicht, das als Elter zu unterlassen, aber man muss es trotzdem.
Der erste Pegasus des Schuljahres steht kurz vor dem GzD und ich habe noch ein paar Mappen Französischaufgaben. Also wahrlich mehr Nachtarbeit, als der Teint über Vierzigjähriger erträgt. Es ist beachtlich, was die Franzosen an Frankreichkenntnis verlangen, um ein klitzekleines Diplom auszuhändigen. Von der Wiedereingliederung von Kindersoldaten über französische Regisseure und schwer momorisierbare Abkürzungen für ehemalige Kolonien und das Baguette-Mass sollte einem alles geläufig sein. Ich befürchte ehrlich, dass ich das nicht schaffe und habe mich deshalb noch nicht für die Prüfung angemeldet.
Gestern reduzierte ich meinen Schlaf noch mit etwas anderem: Erstens weil’s eine späte Vorstellung und zweitens weil’s eine anstrengende Erinnerung war: Meine keine Familie.

Alltagsgedanken

Ich bin erleichtert, dass dieses Schwingfest nun vorbei ist. Die Bullen in Form von Tier und Mensch neben den aufgereihten syrischen Kinderleichen in der Tagespresse waren schwer zu ertragen.
Das Interview von Malbrunot mit Assad, das am 2. September geführt wurde und heute auch in deutschsprachigen Zeitungen erscheint und die politischen Diskussionen in Frankreich, England und den USA sind wohl ein Fortschritt, gegenüber der Zeit vor dem letzten Irakkrieg. Aber vielleicht scheint das auch nur so, weil jüngere Eliteuniversitätsabsolventen als Regierungschefs anders auftreten und sich ihrer Wirkung bewusster sind.
Mein Leben ist relativ ruhig. Die Arbeit läuft, die Familie ist gesund und der kleine Sohn unserer Französischlehrerin, um den wir letzte Nacht ziemlich bangten, scheint sich von der Blutvergiftung zu erholen.
Am Morgen brauche ich jetzt ein Daunengilet.
Es ist Herbst.

Swing low

Am Dienstag war ich an einer sehr schönen Abdankung. Es braucht viel, dass alles stimmt, aber manchmal gelingt es. Es sang ein Chor, in dem die Verstorbene auch gesungen hatte, der Witwer reihte sich ein. Die Musiker unter den Familienmitgliedern begleiteten uns bei weiteren Liedern, das Trostlied war leicht zu lernen und wurde von allen gut aufgenommen und gern wiederholt. Die Leute, die über die Verstobene sprachen taten dies mit Respekt und Witz; die Trauergemeinde lahcte viel.
Am Mittwoch feierten wir unter Frauen den Geburtstag einer Freundin auf dem Land. Ich brauchte etwas lange, um anzukommen, denn ich verfuhr mich völlig, es ist wenig angeschrieben auf dem Land in der Schweiz. Eine Bauersfrau in einem Weiler riet mir dringend umzukehren, obwohl mein Ziel wohl nur noch wenige Kilometer Luftlinie entfernt hinter dem Wald lag. Sie sei seit jeher hier, nehme aber auch immer den längeren Weg über die Hauptstrasse, wenn man sich einmal im Forst verirre, sei man eine Nacht damit „vertöörlet“ wieder rauszukommen.
Und heute besuchte ich seit langem wieder einmal eine Lesung. Ich hatte die Biografie über Mani Matter im Sommer mit Begeisterung gelesen. Und ich war überrascht und beeindruckt, wie gut die Vielfalt Matters Wesens und Schaffens auch in dieser musikalischen Lesung zur Geltung kam. Wir sassen auf roten Holzklappstühlen, wie ich in den Siebzigerjahren einen in meinem Zimmer hatte, und unterhielten uns prächtig mit dem Autoren und dem alten Troubadouren. Danach räumte das Publikum gemeinsam die Stühle weg, damit das Buchhändler-Ehepaar den Apéro auftischen konnte. Es war ein erbaulicher, origineller Abend – ich bin froh, sind unabhängige Buchhandlungen noch nicht ganz verschwunden, nur sie machen das möglich.

kurz notiert II: Schulbeginn

Wir hatten eine sehr gelungene erste Schulwoche. Nicht nur im Buchhandel, auch in der Abteilung Kundendialog lief alles wie am Schnürchen, wobei dazu eben auch gehört, dass man Probleme in nützlicher Frist lösen und Unklarheiten rasch in Klarheit verwandeln kann.
Ich freue mich auf die zweite Schulwoche mit einer nicht minder bunten Agenda. Darin bringen wir noch die Produktion von Fotoklassenlisten unter. Und sobald ich die einmal habe, dauert es nicht lange, bis ich auch Namen und Lehrorte mit den Gesichtern verbinden kann. Ab diesem Moment fühl‘ ich mich jeweils im neuen Schuljahr angekommen.

kurz notiert: Schulbeginn

Das war ein richtig schöner Schuljahresbeginn heute! An unserer Berufsfachschule starten diese Woche 50 neue Klassen, in meinen beiden Abteilungen je zwei. Heute haben die angehenden Buchhändlerinnen und Buchhändler angefangen, was an diesem sonnigen Tag eine helle Freude war. (Es sind zwei sehr kleine Klassen geworden, gerade genug, um noch keine Pensen kürzen zu müssen.) Auf die Frage, weshalb sie sich für diesen Beruf entschieden haben, antworteten alle in irgend einer Façon: Weil sie das Lesen und die Bücher liebten und besonders auch die Menschen und die Vielseitigkeit des Lebens.