Pixi: 60 Jahre und kein Ruhestand

Büchlein für in die Gesässtasche, die Skijacke, den Einkaufswagen, den Strandkorb, den Kindermund und die Hundeschnauze: Einfach dauerhaft.
Ich habe vor Gezeiten an anderer Stelle schon zugegeben, dass ich ein Pixi-Fan bin. An Pixis gefällt mir ihre Anspruchslosigkeit an den User: Sie brauchen keine gute Behandlung und erfordern keine grosse Lektüre. Sie nehmen sich gesellschaftlicher Themen in einer einfachen Art und Weise an, sie erzählen Geschichten des Alltags. In unseren Breitengraden findet jeder ein Pixi, mit dem er sich identifizieren kann. Die Pixi-Handlung gehört nicht Helden oder Heldentaten, die sind höchstens Nebenprodukte. Pixi-Charaktere sind bescheiden oder werden es im Laufe der Story.
Meine drei liebsten Pixis
Nachfolgend ein paar Fakten zum Geburtstag: Pixis

  • wurden 1954 vom Verleger Per Hjald Carlsen ins Leben gerufen,
  • heissen nach dem englischen „pixy“ (Kobold),
  • sind 10×10 cm gross,
  • haben immer 24 Seiten,
  • sind heute durchgehend vierfarbig illustriert,
  • sind Soft-Cover-Bücher,
  • hatten im 20. Jahrhundert die passenden Reihen auf der Rückseite gelistet (Vorläufer „wem das gefällt…“)
  • enthalten heute auf jeder Umschlagsrückseite einen Spiel- oder Basteltipp
  • erscheinen heute in Serien von je acht Pixis,
  • sind eingetragenes Warenzeichen,
  • sind ein stehender Begriff und werden daher oft als Synonym für Mini-Bücher gebraucht,
  • sind wertvolle Sammelobjekte auch für Erwachsene,
  • sind bis jetzt die erfolgreichste Bilderbuchreihe aller Zeiten.
  • Dank dem Schweizer Buchhandel und der Pixi-Jubiläumswebsite für die Ergänzungen meines Buchhändlerinnenwissens.

    Das 116. Flügelpferd

    Kleinbuchhandlungen, die schliessen, Spezialbuchhandlungen ohne Nachfolge, Zeitungen, die nur noch für über 55-jährige gedruckt und Redaktionen, die verkleinert werden: Es bricht mir das Herz.
    Aber das hilft auch nicht. All die jungen Gehirne, die Informationen besser visuell ab Elektronik aufnehmen, beweisen, dass Bildung nicht mehr vom Zugang zu Gedrucktem abhängt. Heute verbessern sich Chancen schlicht und einfach durch Access.
    Vielleicht ist es wieder Zeit, Bücher als Luxus zu betrachten und sich etwas einzubilden darauf, sie zu besitzen, zu lesen und zu verstehen. Vielleicht brauchen Menschen Buchhandlungen, um frei zu werden von äusseren, dafür reich an inneren Bildern.

    Soeben erscheinen: Pegasus 116 samt Schuljahresinfo fürs Schwarze Brett.

    Erstaunliche Ausreden

    Wir geben ganz wenig und sehr selten Hausaufgaben in Berufskunde und wenn, sind sie meistens einfach und fast immer im Arbeitsalltag zu bewerkstelligen. Weil sie dennoch von vielen nicht gemacht werden, haben wir vor Jahren einmal beschlossen, einander die Ausreden zukommen zu lassen. Ein bisschen zum Dampfablassen, aber auch, um einander im Umgang damit zu schulen. Allen aus der Schule, die hier mitlesen, sei versichert: Die folgende Nachricht aus dem Kollegium ist alt, diese Azubis sind längst über alle Berge.

    Liebe Tanja,
    für den letzten Freitag sollten die Lernenden ja ein Foto mitbringen von einem Schaufenster oder von einem Büchertisch, ich habe dir davon erzählt. Wer es vergessen hatte, war also heute dran. Die Ausreden waren folgende:

  • Den Stick vergessen
  • den Stick auf dem Weg hierhin verloren
  • der Stick wäre da aber das Bild wurde komischerweise nicht gespeichert
  • um fünf Uhr früh fotografiert und es war noch Nacht, deshalb ist das Foto schwarz
  • die Kamera wurde gestohlen, gerade erst in der Buchhandlung
  • das Foto auf dem Handy ist leider überbelichtet, man kann nichts erkennen
  • meine Kamera wurde auch gestohlen („ah ja, was für ein Zufall!“): Nein, nein, das ist schon länger her….
  • Ich habe mich ziemlich amüsiert.

    Unfertige Blogbeiträge

    Offenbar soll es nicht sein, dass ich vor meinem Bildungsurlaub (der Countdown läuft) noch zum Bloggen komme. Aber das reale Leben und die Menschen darin sind wahrlich wichtiger.
    Folgende Beiträge würde ich aber doch gerne demnächst beenden:

  • Laufbandberatung
  • Erstaunliche Ausreden
  • Ungeheuer Absenzenwesen
  • So long! Und tragt Sorge zueinander da draussen!

    Schulbeginn-Tagebuch

    Die Buchhändlerschule in Bern gibt es inzwischen seit 93 Jahren. Wir sind heute Teil der kaufmännischen Schule, aber das waren wir zwischendurch immer wieder mal. Unser Schuljahr hat sehr gut begonnen. Die neuen Lernenden sind also der 31. Jahrgang, und sie erinnern mich wieder mehr an meine Generation von Buchhändlerinnen. Sie begründen ihre Berufswahl mit der guten Verbindung ihrer Interesse, sie waren auf der Suche nach etwas, „wo ich voll dahinter stehen kann“. Vielen haben an verschiedenen Stellen geschnuppert und fanden die Teams in den Buchhandlungen „relaxter“, „cooler“, „toleranter“ und entschieden sich teilweise auch deswegen für die Buchhandlung.
    Heuer gab es hier erstmals seit einigen Jahren wieder eine Mitarbeiterbefragung. Es war sicher Zeit; aber mein Verhältnis zu derartigen Umfragen ist ambivalent. Da ich häufig und mit deren Auswertungen und dem Erarbeiten von Massnahmen konfrontiert bin, sehe ich mehr und mehr auch Schwierigkeiten. Zum Beispiel, wie lange man verhaftet bleibt in den Resultaten und Datensträngen der Vergangenheit.
    Die verwandten und bekannten Kinder um mich herum sind auch gut gestartet. Die unter ihnen, die bald Semesterbeginn haben, brauchen höchstens moralische Untersützung, keinen Schulranzen mehr mit gespitzten Farben drin. Auch schön – führt mir aber das eigene Alter vor Augen. Übrigens auch die Azubis: Deren Eltern und Berufsbildner sind dieses Jahr erstmals mehrheitlich jünger als ich. Wenn ich mir jetzt noch die vielbesungene Gelassenheit aneigne, ergibt sich eine attraktive Perspektive.
    ***
    Nachtrag: Der oberste Chef hat wie alle Jahre, auch dieses einen Brief an uns Lehrpersonen geschrieben. Und mehr als das: Er hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass unsere Löhne besser werden. Danke sehr!

    Schulanfang

    Die Schule hat letzte Woche wieder begonnen, vorerst für die Lehrpersonen. Wir hatten unsere Treffen und Konferenzen. Die Leute aus der Schulverwaltung hatten sowieso keine Ferien, für sie ist zwischen April und August Hochsaison. Da reihen sich die Spitzenzeiten der Administration nur so aneinander, manchmal sind sie auch gleichzeitig, z.B. Prüfungen, Erstellen von Notenausweisen und die interkantonale Verarbeitung von Neuanmeldungen.
    Ab morgen füllt sich unsere Berufsfachschule wieder mit neuen Lernenden. Überall auf unserem Gelände mit sechs Schulhäusern werden suchende Azubis anzutreffen sein und wir haben alles getan, damit sie auch finden. Ich mag die erste Schulwoche sehr: Plötzlich wird alles wahr: Aus Namen werden Menschen, aus Zimmernummern belebte Räume, aus Fächerkürzeln wird Unterricht.
    Für meine Chronik per heute:

  • Abteilung Buchhandel: 91 Lernende (davon 28 Neue)
  • Abteilung Kundendialog: 91 Lernende (davon 39 Neue)
  • Seit wir 2011 die Abteilung Kundendialog eröffnet haben, haben wir 263 neue Stellenprozente generieren und
  • sieben neue Lehrpersonen anstellen können.
  • Sommerlektüre

    Dieses Mal fahre ich weg, ohne eine Literaturliste zu hinterlassen. Wie Safranski sagt: es gibt heute Bilder statt Worte.
    Die Bücher zur Linken werden wohl mehr vom Mann gelesen, „Das doppelte Lottchen“ rechts ist zum Vorlesen für die Nichte. Clark werde ich bestimmt nicht ganz schaffen und Izzo habe ich bereits gelesen, möchte aber nochmal. Daneben werde ich mich hoffentlich endlich wieder mehr bewegen und ab und zu versuchen, die Schule zu vergessen. (Was etwas schwierig ist, weil man ja in den Ferien auch den eigenen Unterricht vorbereitet.) Mal sehen.
    Meine Sommerferienlektüre 2014
    Guten Juli liebe, treue Leserschaft! Möge allen die Sonne scheinen.

    Lesen verlernen

    Seit einer Woche trage ich ein Interview der Sonntagszeitung mit Rüdiger Safranski herum (in gedruckter Form). Dies als Erinnerung, weil ich über Safranskis Bemerkung zum „sekundären Analphabetismus“ nachdenken wollte. Bisher hatte ich den Eindruck, dass viele Jugendliche nie richtig lesen gelernt hätten. Damit meine ich so, dass sie längere, nicht illustrierte, aber einfache (nicht etwa literarische) Texte soweit verstehen, dass der Inhalt hängen bleibt und bei Bedarf im Wesentlichen wiedergegeben werden kann. Dem ist ja oft nicht mehr so, das wissen alle, die unterrichten. Lehrpersonen von heute machen gescheiter Prezi als Prosa.
    Safranski geht weniger davon aus, dass das Lesen nicht erlernt worden ist, sondern davon, dass es verlernt wird.

    … da sind wir jetzt möglicherweise wieder in einer Revolution drin, deren Ausmass wir noch nicht begreifen können: Dass nämlich nicht mehr die Schrift und das Lesen die zentrale Rolle spielen, sondern das Bild. Bei der Bildkommunikation entfällt der abstrahierende Vorgang vom abstrakten Zeichen zur bildlichen Vorstellung im Gehirn, das Bild ist sofort da in unseren Köpfen, ohne Umweg über das Zeichen. Und wenn diese Fähigkeit zur Abstraktion nicht mehr regelmässig genutzt wird, verkümmert sie.

    Das habe ich so noch nicht überlegt. Aber wenn ich mich selber anschaue, ist es gar nicht so abwägig. Ich teile mir die Lesezeit zunehmend genauer ein und muss dabei alle Elektronik ausschalten und bei anspruchsvoller Lektüre häufiger mehrmals anfangen. Bei Presseartikeln kommt es sogar vor, dass ich sie nicht zu Ende lese, sondern den Sachverhalt einfach rasch google und mir so kein Wissen verschaffe, sondern bloss Information für den Moment.

    Sind Sie Pessimist?

    Keinesfalls. Wenn man auf die Geschichte zurückblickt, kann man fast nur Optimist sein, allerdings mit viel Geduld. Man muss schon deutlich über die eigene Lebenszeit hinausblicken. Die Menschheit ist eine ausserordentlich erfindungsreiche Gattung. Unseren Nachfahren wird etwas einfallen, es wird schon irgendwie weitergehen. Freilich kann man auch nicht ausschliessen, dass der Faden reisst, dass die Fackel nicht mehr weitergetragen wird. Trotzdem: Pessimismus ist für mich etwas Wichtigtuerisches, weil man seine Nachkommen für Idioten hält. Eigentlich sind wir heute ohnehin alles Glückskinder, verglichen mit früheren Zuständen. Aber das nützt halt nichts, weil jede Generation auf dem Niveau des allgemeinen Wohlbefindens sich ihre eigenen Probleme macht.