nicht laut noch leise

Ich bin sicher keine Bloggerin, die oft über die Presse schnödet. Medienmenschen machen ähnliche Arbeit wie Buchmenschen, mal besser, mal schlechter, mal unabhängiger, mal grosskonzerniger, aber immer pünktlich als tägliches Brot auf jedem Tisch.
Das Lob für gewisse Beiträge kommt zu kurz und wenigstens hier und heute soll es anders sein.
Ich war erstaunt und froh in der Berner Presse einen halbseitigen Bericht zur Liquidation der Journalistin, Autorin und Olof-Palme-Preisträgerin Anna Politkovskaja zu lesen. Dank für den Artikel im heutigen Bund an Klaus-Helge Donath in Moskau.
Dank auch an den Standard für das Dossier, auf welches mich Liisa hingewiesen hat.
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Und ich bin dankbar, dass Charles Linsmayer immer sehr Buch-orientiert über die Messe berichtet. Auch wenn ich seine Meinung bisweilen nicht teile (Zitat: „Indien (…) mit einer Ausstellung, die in ihrer spröden und einfallslosen Art an die Präsentation einer Exportbank erinnerte“), ist es doch überwiegend eine Wohltat seinem Augenmerk zu folgen. Am vergangenen Samstag hat er als einer der wenigen über die Messe-Institution Lesezelt geschrieben:

Das Lesezelt ist nicht nur der einzige Ort, wo Bücher wirklich Aufmerksamkeit finden, es finden da bisweilen auch Buchpräsentationen statt, die weit über die Messe hinaus für Aufmerksamkeit sorgen.

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Heute hat Linsmayer die Messe mit dem Bund-Artikel Lebendig wie eh und je: Das Buch abgerundet…

«Die Personalisierung im offenen Raum nimmt zu», meint Kiepenheuer-Chef Helge Machow. (…)
Weiblich, jung und hübsch muss sein, wer im Frankfurter Rummel mit Literatur Furore machen will. Wie Katharina Hacker, die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises, die sich gerne mit ihrem vier Wochen alten Baby zeigt und deren triste deutsch-britische Paargeschichte «Die Habenichtse» kaum ein Kritiker ausserhalb der Jury Thomas Hettches «Woraus wir gemacht sind» oder Sasa Stanisics «Wie der Soldat das Grammofon repariert» vorgezogen hätte. Oder aber männlich, alt und umstritten. Wie Martin Walser, dessen Konterfei omnipräsent ist, wie Günter Grass, der auf dem «Blauen Sofa» über die FAZ herzog, die Briefe von ihm veröffentlicht hat, in denen er vor Jahren Wirtschaftsminister Schiller aufforderte, die NS-Vergangenheit offen zu legen.

…aber den Titel gleichzeitig im Kommentar Schöne neue Weltbildwelt auf sympathisch altväterische Weise negiert.

Könnte man die Hälfte der fast 400 000 Neuerscheinungen zum Verschwinden bringen: Es wäre nicht schade darum, ja für die verbleibenden sogar besser. Bloss würde die Hälfte, die bleiben soll, für jeden wieder anders aussehen, so dass insgesamt eben doch die ganze Fülle erhalten bleiben muss: das Thai-Bio-Kochbuch ebenso wie der rätoromanische Gedichtband.

5 Gedanken zu „nicht laut noch leise“

  1. Liebe Tanja M
    ich weiss nicht, wer Du bist, irgend so ein Pips-Dienst hat mich auf Deine Homepage aufmerksam gemacht. Ist ja schön, wenigstens noch eine so pfiffige Sympathisantin zu haben als altväterischer Typ, aber das mit Indien müsste wirklich noch ausdiskutiert werden. Also Du fandest tatsächlich diese öden volkshochschulmässigen Tafeln zum Thema indische Sprache schick? Oder Du bis tausgeflippt vor diesen runden Gestellen mit Fotos aus einem schlecht fotografierten Bildband, die da in der Mitte des Ganzen herumstanden, umtänzelt von indischen Schönheiten, die da etwas weibliches Flair produzieren mussten? Und dann diese Wand mit den schlechen Fotos und den hanebüchen falschen englischen Texten zu indischen Literaten aller Art, von denen man kaum je etwas gehört hat? Oder haben Dir etwa diese Telefonhörer so imponiert, in denen man auf Deutsch – sonst war ja alles Englisch – Auskunft über die indischen Sprachen bekam? Denk bloss an die Bakterien, die da von Ohr zu Ohr übergingen, wenn dreitausend Leute nacheinander diese altmodischen Telefonhörern ans Ohr hielten? Nö! Auch bei allem Goodwill Indien gegenüber muss ich einfach sagené: verglichen mit der Auisstellung Griechenlands, mit der Ausstellung Österreichs oder nur schon Russland war das nun tatsächlich öd und langweilig und uninteressant!
    Herzlich und unbelehrbar:
    Dein Charles Linsmayer
    übrigens interessant Deine Homepage, muss wieder mal reinschauen!

  2. Lieber unbelehrbarer Charles Linsmayer
    Da ich nicht damit rechnen konnte, dass ein gestandener Rezensent und Vertreter der old Media mein Weblog liest, habe ich auch noch einen Leserbrief – einen seriösen sogar – geschrieben. Wer weiss, vielleicht erreicht er dich ja über die verschlungenen Redaktionswege dereinst einmal. Allerdings ging es nicht um Indien, denn meine letzten paar Einträge hier ziegen ja, dass ich dem Land aus persönlichen Gründen wohlwollend gegenüberstehe.
    Nur 2 Dinge:
    1. Du hast die Handwerksausstellung im Zelt wirklich auch besucht?
    2. Griechenland war besser, stimmt. Österreich war eine der besten Schwerpunktland-Ausstellungen überhaupt. Italien und Frankreich waren originell, Korea perfekt. Russland war schlechter, Polen war peinlich, Irland ebenfalls, die Südamerikaner der platte Ethnokitsch. Dafür waren Ungarn und Litauen ähnlich wie Indien: rührend.
    Herzlich,
    Tanja

  3. Nein, liebe Tanja, die Handwerkerausstellung im Hof habe ich tatsächlich verpasst. Die kitschigen Riesengemälde davor haben mich wohl abgeschreckt.
    Nun ist alles abgerissen, und ich kann einfach nur Dir glauben, dass diese Handwerker den indischen Auftritt gerettet haben! Schau übrigens mal auf meine Homepage http://www.linsmayer.ch! Da kannst Du wirkliche Filme schauen und einen Wettbewerb machen, bei dem Du garantiert auf die Welt kommst!
    Mit herzlichen Grüssen in die Weiten des Cyberspace: Charles (Linsmayer)

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