Adventskranzkerzen

Weil ich letztes Jahr weder Adventkranzkerzen erworben noch solche gezogen habe, ist mein diesjähriger Adventskranz ein Resten-Kranz aus selber gemachten und gekauften Kerzen in drei Farben. Und weil mir das schon zu bunt ist habe ich das weihnächtliche Dekor ganz weggelassen.
Dafür habe ich heute in Bethlehem vier passende Bienenwachkerzen gezogen. (Vor dem Quartierzentrum Tscharnergut wird jährlich extra eine Holzhütte dafür aufgestellt; das sonntägliche Kerzenziehen dort sei frohgemut empfohlen.) Den nächsten ersten Advent sollte ich also wieder stilecht begehen können. So Gott will und wir leben – wie meine Grossmutter zu sagen pflegte.
>Adventskranz 2007<

Tischgespräch [30]

Kind:
Ist es wirklich soooo peinlich mit seinen Eltern über Sex zu sprechen?
Mutter:
Ich fand es.
Vater:
Ich auch.
Kind:
Aber gerade so wie bei Zits? Jeremy hat so einen Sexfilm „ab 16“ geschaut. Seine Mutter sagt dann, es sei Zeit, dass sie sich zusammen über das Thema Sex unterhalten. Jeremy fleht um eine mildere Strafe, zum Beispiel eine Tracht Prügel.
[Allgemeines Grinsen.]
Mutter:
Was findest du denn? Peinlich oder nicht peinlich?
Kind:
Also seit Kurzem finde ich es auch peinlich. Aber zum Glück haben wir schon vorher drüber gesprochen. Ich weiss ja alles, was ich bis 16 brauche. Ich habe schon alles gefragt. Alle Bücher sind gekauft.
Vater:
Lesen kannst du sie ja später immer noch.

Glass Onion

I told you about strawberry fields
You know the place where nothing is real
Well here’s another place you can go
Where everything flows.
Looking through the bent backed tulips
To see how the other half live
Looking through a glass onion.
I told you about the walrus and me-man
You know that we’re as close as can be-man
Well here’s another clue for you all
The walrus was Paul.
Standing on the cast iron shore-yeah
Lady Madonna trying to make ends meet-yeah
Looking through a glass onion.
I told you about the fool on the hill
I tell you man he living there still
Well here’s another place you can be
Listen to me.
Fixing a hole in the ocean
Trying to make a dove-tail joint-yeah
Looking through a glass onion.

Glass Onion, Track 3, Disc 1, „The Beatles“ 1968 by EMI Records Ltd.
Er: „Das weisse Album ist gar nicht Musik.“
Ich: „Beatles ist etwas anderes. Aber was?“
Er: „Es ist.“
Die waren überall und gehörten dazu, sie waren uns eigen. Ich schaute als Kind durch ein Glas Silberzwiebeln in die bunte Ob-La-Da-Welt der Erwachsenen, die im Tränenmeer der Gitarre schwammen und leise von kleinen Mondsicheln überzogen wurden bis ich aufwachte, weil der Waschbär grunzte.
Ich war längst selber erwachsen, als ich merkte, dass das einsame Geräusch zu den Piggies und nicht zu Rocky Raccoon gehörte. But it never really mattered, I will always feel the same.

Tischgespräch [29]

Mutter:
Gefallen euch meine arche-Schuhe?
Kind:
Ja, die passen gut zu dir. Aber die waren echt teuer.
Mutter:
Stimmt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein wunderbares Gefühl das ist, einen schönen und bequemen Absatzschuh zu haben, der erst noch politisch korrekt ist! (Kind geht ab.) Stellt euch vor: Europäisches Leder! Hundert von Hand ausgeführte Arbeitsschritte von Leuten, die zu guten Arbeitsbedingungen angestellt wurden. Eine Sohle aus Natur-Latex, hergestellt aus der Milch des Gummibaums, die genau in der richtigen Menge gewonnen wird, um das Wachstum des Baumes zu fördern. Die Milch wird erst in Frankreich in die Sohlenform gegossen…
Vater:
Doch, das kann ich gut verstehen. Wer möchte nicht das Wachstum eines Gummibaumes fördern?
Mutter:
Nur wächst er nicht in der Region.
Vater:
Wir sollten die Bewirtschaftung der Büropflanzen evaluieren. Könnten wir eine Initiative lancieren? Wahlen 2?
Mutter:
Wer war das schon wieder?
Vater:
Traugott Wahlen, der von der Anbauschlacht.
Mutter:
Doch das war letztendlich viel Wind um wenig.
Vater:
Wir leben in anderen Zeiten! Das kannst du heute extern geben. Die Büropflanzen sind sowieso outgesourct.
Mutter:
Echt…?
Vater:
Sicher! Es gibt nichts im Büro, was du nicht outsourcen kannst. Die Kaffeemaschine, das Nachbestellen des Büromaterials, das Erstellen der Exceltabellen. Und die Bürobegrünung sowieso. Das geht mit Luwasa, kostengünstig, einmal Giessen im Monat reicht, wenn du das nicht selber machst, ist es nur unwesentlich teurer. Die Büropflanzenvermieter sollten wirklich ein Gummibaummilch-Mandat bekommen.
Mutter:
Diese Büropflanzenvermietung kannte ich überhaupt nicht. Bevor wir Wahlen 2 starten, schaue ich jetzt mal in diesem Internet.
„Tischgespräch [29]“ weiterlesen

Aus dem Reisenotizbuch [8]

10. April 2007 7:00
Fitnessraum 15′
Packen & Duschen 15′
Check out 10′
Leavin‘ LA 60′ (aber nur dank CARPOOL; eine Überholspur für Autos, die mehr als zwei Passagiere haben).
**
10. April 2007 8:45
Unterwegs auf der Interstate 15 (I 15). Kurz nach San Bernardino sehen wir den ersten Zug in Amerika. Es ist ein Güterzug mit vier Lokomotiven und 85 Güterwagen, die je zwei aufeinandergestapelte Standard-Schiffscontainer geladen haben.
**
10. April 2007 12:30
Wir verlassen Californien in Richtung Nevada. Bereits 100m nach der Staatsgrenze beginnt die Gambling-Zone. Das erste Casino am Weg ist zwar pleite und bedankt sich mit grossem Schild „For 18 Years“, nur die Tankstelle daneben ist noch offen.
Der Radiosound ist zuckersüss und wir beschliessen, lieber Encore zu hören, um Vegas zu traversieren.
**
10. April 2007 13:30
Las Vegas.
Woher nimmt Las Vegas seinen Zement?
Warum hat der Colorado River überhaupt noch Wasser?
Wie kann ein Lastwagen mit zwei Anhängern Kurven fahren?
**
10. April 2007 13:55
Fertig Las Vegas. Durch das Moapa Reservat via Longdale, Glendale, Mesquite durch die westlichsten Ausläufer der Rockys an die Grenze zu Utah. Mesquite ist eine Oase mit Golfschwerpunkt, bewässert vom nunmehr dünnen Virgin River.
Wir machen Rast beim „Cedar Pocket Camping Ground“. Und das ist eine der allerschönsten Bleiben auf unserer ganzen Reise.
Cedar Pocket Camping Ground

[Kein Amok]

[Nein, ich schreibe nichts über den Amok in Finnland. Ich konnte mir das Grauen schon nach den ersten paar Worten im News-Ticker bestens ausmalen. Im Lehrerzimmer tippte ich auf die Schlagzeile „Amok im Pisa-Paradies“. Und wie es so geht im Leben, wurde die Zynikerin von der Realität überholt. Ich mache jetzt lieber wieder einmal einen Reisenotizbuch-Eintrag – aus der Zeit vor Virginia Tech.]

Happy Weekend

Wochenende! Ich habe Berge von Liegengebliebenem abgetragen. Nicht nur die Wahlen sind durch, auch das Gäbelbachfest ist vorbei. Das Budget wurde eingehalten und die Presse hat sogar auf die kurze Presseerklärung reagiert und ich staune, was man im Internet-Zeitalter alles nachts erledigen kann.

Die Äpfel meiner Mutter

Jetzt habe ich gewaschen, gebügelt, gefaltet, abgestimmt (ja, schon wieder), der Versicherung geschrieben, eine Lektion Gutenberg vorbereitet, alle Termine vom November entkollidiert (ausser einem), neue WC-Deckel erworben (der lösungsorientierte Mann fand auch Ersatz für die beiliegenden zu kurzen Steckschrauben), zahlreiche Digitalbilder vom Schulhausinnern sortiert und aufgehellt, ein neues Interview für unsere Schulzeitschrift entworfen und – das war lustig – einen Adventskalender gemacht (also die Säcklein hatte ich vom Vorjahr).

Mein eigenes Apfelmus

Jetzt muss ich morgen bloss noch ein paar Tests korrigieren und eine tricky Buchpreisbindungsfrage beantworten und dann kann ich locker wie schon lange nicht mehr in die neue Woche.

Die Schnecke anschieben

Ich weiss nicht, wie das in anderen Ländern so läuft und ich sage das also, ohne einen fundierten Vergleich in petto: Die Schweiz ist in der Gleichberechtigung rückständig. Der Vorteil dabei ist ein guter Trainigseffekt, welcher sonst nur Minderheiten verbehalten ist. Der Nachteil ist der enorme Zeitaufwand, den Frauen in der Schweiz haben.
Fast achzig Jahre ist es nun her, dass die SAFFA-Damen die Frauenstimmrechtsschnecke geschoben und gezogen haben. Als meine Mutter das Frauenstimmrecht erhalten hat, war ich schon zwei Jahre alt, das war 1971. Heute gibt es zwar Frauen in der Politik, aber ihre Vertretung ist keinesfalls angemessen und die Beurteilung ihrer Arbeit ist nicht selten himmelschreiend sexistisch. (Dieses Wort auch nur einmal zu verwenden, macht einen in weiten Teilen der Schweiz und besonders in der Arbeitswelt zur Jutte-statt-Plasik-Feministin mit lila Latzhose, obwohl es die schon seit 25 Jahren nicht einmal mehr zu kaufen gibt. Kurz: Der Emanzipations-Schock sitzt hierzulande tief.)
Eine sehr beliebte Taktik bei der Kritik an Politikerinnen ist es, „polemisch“ zu sein. Sich mutig gegen die politische Korrektness zu stellen, die heute allen das ehemals lustige Leben vergrault. Dieses Rezept hat vergangenen Freitag auch G. Girardet angewandt, als er nach einer Woche SP-Debakel-Analysen in der Presse noch etwas schrieben durfte, bevor das Thema auch dem Hinterletzten über ist.
Sein Artikel wird nicht ewig online sein und das ist auch gut so. Zu solchem Anlass ist es schwierig zu entscheiden, ob eine Reaktion lohnt. Die Chancen stehen mittelmässig, dass ich jemanden z.B. mit einem Leserbrief umstimmen kann. Andererseits sind wir es unseren Vorfahrinnen, die uns das aktive und passive Wahlrecht erstritten haben, schuldig, den Mist von den jungen Nachfolgerinnen zu kratzen, den Männer meist ungehindert über ihnen ausschütten dürfen. Zum besseren Verständnis zitiere ich ein Müsterchen, damit auch die interessierten Ausgewanderten wissen, wer in die Pfanne gehauen wird:

Ursula Wyss, Chantal Galladé, Pascale Bruderer, Evi Allemann sind die Vertreterinnen einer Frauengeneration, die durch den Frauenbonus ohne politischen Leistungsausweis auf die nationale Bühne gespült wurden.

Na ja. Es war heute doch ganz nett zu sehen, dass mein Leserbrief ungekürzt publiziert wurde und sogar den Titel geliefert hat. Ein paar Leute haben mich drauf angesprochen, immerhin. Und vielleicht habe ich ja damit meiner Nichte einen Kiesel aus dem Weg geräumt.