Leserbrief, unpubliziert

Ja, ich meine, dass man die WOZ abonnieren muss, allein weil sie unabhängig ist. Ich habe mich bis anhin auch zurückgehalten mit Kritik, obwohl ich – gerade als Lehrerin – triftige Gründe gehabt hätte, deren fehlgeleitete Bemerkungen zum Thema Integration in der Schule auseinanderzunehmen.
Aber wenn die (mir trotz allem Ärger lieben) WOZlerInnen den Leserbrief vom Mann nicht publizieren wollen, bitte, dann mach ich das halt. Es ist keine Unterweisung in politischer Korrektheit, sondern eben ein Leserbrief. Auf einen Artikel, der halt leider nicht online ist.

Subject: Leserbrief zu „Blairs Kampf für den Terror“ in der WOZ vom 11. August 2005.
Pit Wuhrer verharmlost den Terror in London. Er bagatellisiert, indem er „ins Abseits gedrängte“ Jugendliche in Schutz nimmt, als hätten sie einen Abfalleimer angezündet und nicht Menschen ermordet. Seine Quellenangaben („Young Muslims and Extremism“) sind äusserst dürftig, seine Schlussfolgerung (Blairs „Mitschuld an den Anschlägen“) bleibt ohne Begründung. Eine billige Reaktion auf teure Anschläge, und nicht die erste solche in der WOZ.
Ich behaupte, dass Entfremdung von Jugendlichen nicht zu Terroranschlägen führt, sondern dass es dazu ideologische Unterweisung braucht. Ich behaupte, dass sich die Pakistanis zum ersten Mal für einen Krieg im Irak interessieren und auch dazu explizit aufgefordert werden mussten. Die Idee, der heutige Irak-Krieg sei ein Schlag gegen alle Muslime, wurde meines Wissens von Muslimen zementiert.
Nachdem die abendländische Linke, zu der ich mich auch zähle, nun 20 Jahre lang bitter erfahren musste, dass ihre ideologische Verteidigung der sozialistischen Regimes völlig fehl am Platz war, sollten wir uns besser überlegen, was wir sagen und schreiben. Und auch, ob wir die wenigen abendländische Werte, auf die wir uns noch einigen können, verteidigen wollen. Denn das betrifft nicht nur das Leben in London und Madrid, sondern auch das in Zürich.

Powerplay

Mit der Bemerkung, dass die Googles nicht per se Gutmenschen sind, nur weil sie eine gute Suchmaschine machen, habe ich mich auch schon in die Nesseln gesetzt. Macht ist nicht unbedingt das, was Menschen in Sachen Ethik weiterbringt. Tant pis.
Weil ich im Branchen-Zusammenhang auch schon auf Googles möglichen Griff nach Medienmacht eingegangen bin, markiere ich Lanus Boo von heute fett. Reuters…? Pas mal.
So, all ihr Bezos, Page-Brins, Gates, Mullenwegs und Mozillas: I löv Internetz, weil auch ich kleine Buchhändlerin damit ganz schön viel mach(t)en kann. Mal mit den einen von euch, mal mit den anderen. Und zwischendurch einfach unter Frauen. Merci!

von der Bank betrachtet

[in alphabetischer Reihenfolge]
Abfallreglement Ja: Die Herausforderungen
Abfallreglement Ja: Die neuen Entsorgungshöfe
Abfallreglement Ja: Eine Geldfrage
Abfallreglement Ja: Für eine intakte Umwelt
Abfallreglement Ja: In Ihrer Nähe
Abfallreglement Ja: Kein Blech
Astoria
Belp geradeaus
Berner Energie, ewb
Bernmobil Eigerplatz 10 28
Bio beginnt beim Futter
CocaCola
Die Post
Die Sparstrümpfe kommen: CONCORDIA
1 Glas zuviel und die Liebe geht
Fahrverbotsschild
galerie 67 einrahmungen
H. Spaeti AG
Halteverbotsschild
InfoLite, Systemservice
Intensiver Sound
Interlaken links
Konditorei
Köniz rechts
la S… Bar
Parkverbotsschild
Peugeot
Postfinance
Schwarzenburg rechts
Tien Tien, Restaurant
Velos-und-Mofas-abstellen-verboten-Schild
waserbüro
Weihnachten im Kino: NARNIA

Gaffer über New Orleans

Der Gaffer
[Quelle: Orlando auf S. 4 in „Der Bund“ vom 3. September 2005]
Ich weiss nicht, wie viele Heilpädagogen und Logopäden Mr. Bush auf einen Tag ausserhalb seiner Ranch in Texas vorbereiten müssen. Dass aber seine hochdotierte Entourage das hier nicht verhindern konnte, das ist ein PR-GAU. Diese Regierung wird allen Torpedos von Hillarys Gesundheitsreform – links bis rechts – einen dicken Scheck überweisen müssen. Ihnen ist zu verdanken, dass wir wenigstens nie erfahren werden, wie viele letzte Woche in der zivilisierten, demokratischen Gesellschaft verreckt sind. 80% der Bevölkerung, die eine Stadt am Laufen hält, grossspurig evakuieren und dann zugaffen, wie sich die untersten 20% nicht an den eigenen Haaren aus der Scheisse reissen können.
Ich hatte bereits zahlreiche Gelegenheiten aber noch nie das Verlangen, einem Transparent „Bush = Mörder“ zu folgen. Bis jetzt.

exposed

Im Radio gehört:
die Villen der Plantagebesitzer bröckeln,
der Schmelztiegel der Kulturen,
Anziehungspunkt der Touristen,
untergeht auf Nimmerwiedersehen.
Der Bush, das Öl, der Irak,
selber Schuld.
Im Sturm entlarvt:
Der Antiamerikanismus, die Sklaventreiberei, der Rassismus, das mangelhafte Gesundheitssystem, die fehlende Einwohnerkontrolle, der Waffenbesitz, die menschenfremde Armee, kein Mitfühlen im Alltag, keines in der Katastrophe, wie soll fliehen, wer nicht existiert?
Diese Tage sollten wir uns merken, denn selten sehen wir sie so deutlich die Gefahr, grösser als Amerika, grösser als das Ozonloch: Die Armut.

Beslan

Schule Nr. 1 in Beslan
[Quelle]
Tränen der Menschen,
O Tränen der Menschen!
Ihr fliesst zu früher und später Stunde –
Ihr fliesst unerkannt, ihr fliesst ungesehen,
Unerschöpflich, unzählbar –
Ihr fliesst, wie die Stöme des Regens
Fliessen im dumpfen Herbst, in der Nacht.
– Fedor Tjutschew, 1803-1873

Hurt

Als Dreijähriger trottete er durch den klebrigen Schlamm. Das war der amerikanische Traum, das Land der Siedler. Jeder Quadratmeter dem Mississippi abgetrotzt. Vor siebzig Jahren bekam die Familie die ersehnte Gelegenheit, sich ein Baumwollfeld zu erschliessen. Nur zwei Jahre später, 1937, kam wieder die Flut, liess nichts zurück als ein Gerippe von Haus und Stall, nichts als Giftschlangen, ein paar verirrte Hunde und streunende Plünderer.
Hey, Mann aus dem Schwemmland, am 12. September bist du schon zwei Jahre drüben. Du fehlst hier. Sing für die, die von vorne anfangen müssen. Bis jetzt kann das keiner besser.