Ich habe alle Tests, die vor Ostern von meinen Lernenden verpasst wurden neu erstellt, durchgeführt und korrigiert. Es hatten viele gefehlt. Die Sachbearbeiterin im Schulsekretariat hat mir gestern erzählt, neun von zehn Lernenden, die sich morgens krank melden würden, hätten Tests oder Referate halten müssen. Würden wir also das Berufschulrad dreissig Jahre zurückdrehen – was mein Chef immer gerne mal wieder propagiert – keine Empfehlungsnoten mehr geben, weder Referate noch Gruppenarbeiten durchführen und einfach Frontalunterricht abhalten – wenn also nichts mehr zählen würde ausser der Lehrabschlussprüfung, könnten wir die Krankheitsfälle vermutlich drastisch reduzieren. „Old School“-Unterricht im Sinne der Volksgesundheit.
Daneben habe ich vergangene Woche ein paar Berge von Wäsche und E-Mails versetzt, mehrmals eingekauft da Etliches vergessen, geputzt, die staubigen Betten gelüftet und von fünf Sitzungen zwei geleitet und drei protokolliert. Das Update der Quartierwebsite habe ich ewig hinausgeschoben, ja, gar eine Aversion dagegen entwickelt, weil ich die Aufträge per Mail, per DVD im Briefkasten, auf Fresszetteln und per Telefon erhalten und den Überblick völlig verloren hatte. Der Mann hat mir zwar heute Abend sehr nett beim Aufdröseln geholfen, doch als ich endlich startbereit war, fiel mir ein, dass der Hoster das ganze Wochenende für Erneuerungen braucht und nicht einmal mehr seine eigene Website funktioniert. Tant pis.
So hatte ich Zeit die Disposition meiner Schwester für ihre Masterarbeit gegenzulesen. Und – dank neu gesammelter Erfahrung in der Freiwilligenarbeit – mein Dokument mit den vier heiligen Regeln zur Serienbriefadressierung um zwei zu erweitern. Und die Zahlungen zu erledigen. Trotzdem hatte ich ein gemütliches Nachtessen und zuvor sogar noch die süsseste aller Nichten besucht.
Das ist natürlich ein Bluff, denn natürlich war ich vergangene Woche saumässig im Stress. Natürlich habe ich nach der Rückkehr herumgeflucht, ob es denn keine anderen Leute auf dem verdammten Planeten gäbe, die mal etwas erledigen könnten und nicht alles, alles liegen bleiben müsse, bis ich wieder da sei? Und natürlich wollte ich eine Fliessbandarbeit antreten und stante pede ersetzbar werden. Doch sobald die nächste Anfrage für irgendwelchen aufwändigen Gutmenschen-Kleinkram kommt, sage ich wieder zu, was psychologisch bestimmt sehr einfach mit einer tiefen Angst vor Ersetzbarkeit zu erklären ist.
Ach ja, die 800 US-Fotos habe ich auch geordnet und alle Mitbringsel als Geschenk verpackt. Morgen gibt es die soziale Tour. Die Nachfragen von Blogleserinnen und Bloglesern nach meinen Eindrücken haben mich sehr gefreut. Ich werde im Laufe der Zeit einige Seiten aus meinem Southwest-Notizbuch posten.
Ich habe nie geschwänzt, wahrscheinlich weil ich immer Hilfe hatte (Thanx für Disposition)! Schade, dass die SchülerInnen nicht auf diesen Rückschluss der alten Schule kommen.
Sista! Eure Fotos sind wundereindrücklich und die Mitbringsel einzigartigl Du bist ein Engel!
Gute Nacht
Grins – „Ein Engel auf Erden“ – das sind sicher eher fesche Schauspieler denn nägelkauende Buchhändlerinnen 😉
Hach, ich weiss nicht, ob sie „schwänzen“ – ich glaube eine ganze Menge fühlen sich wirklich krank. Ich mochte und mag die Testerei auch nicht und kann es sogar verstehen. Aber das Hinausschieben ist wirklich keine gute Idee, man kann den Proben ja nicht entgehen, sie türmen sich einfach nur.
Kontrollverlust, ist das Wort das mir eingefallen ist bei ‚…tiefe Angst vor Ersetzbarkeit‘. Damit ist es so ein Kreuz. Eigentlich täte ich ganz gerne mehr delegieren, aber dann müsste ich das Delegierte auch loslassen, was mir so furchtbar schlecht gelingt; Angst vor Kontrollverlust ist wohl dasselbe wie Angst vor Ersetzbarkeit. Tja, blöd, wie man sich selbst im Weg steht.
Ich bin selbst Schülerin an der Berufsschule. Wenn ich schwänze, dann Stunden mit ermüdendem und zermürbendem Frontalunterricht…
In die Ecke mit dem Frontalunterricht!!!
eoz, es beruhigt mich, das zu hören!