Sommerlesung

Die Zeiten sind ruhiger und ich komme so richtig zum Lesen und dazu, mich mit andren über Bücher zu unterhalten. Das Patenkind (15 Jahre alt) ist eine ehrgeizige Leserin und interessierte Gesprächspartnerin. Sie hat soeben „The Hunger Games“ von Suzanne Collins in Originalsprache gelesen und nun mit Süskinds Parfum angefangen. In beide versinkt sie, von beiden ist sie begeistert. Mir ist es mit der Mani-Matter-Biografie von Wilfried Meichtry nicht viel anders ergangen. Beste Non-Fiction seit langem. Menschen und Orte darin sind mir allerdings mehr als nur Begriffe, viele habe ich als Kunden in der Buchhandlung gekannt, andere persönlich, das verändert die Lektüre sicher ein wenig. Es ist ein Buch über Poesie genauso wie über Politik, mehr noch über das Staatswesen an sich. Für mich ist es auch ein Einblick in das Leben der Eltern, einer Generation, die viel um Begriffe rang und so manches Wort noch auf die Goldwaage legte. Die Briefe von Mani Matter, die für das Buch von Joy Matter und anderen erstmals zur Verfügung gestellt wurden, sind die eines grossartigen Denkers. Wenn nur ein ein Zehntel der Tausenden, die jedes Jahr Mani Matters Tonträger erwerben auch die Biografie lesen, bekäme die philosophischen Betrachtungsweise in Bern wieder mehr Raum.
Dann habe ich das neue Buch „Komm“ von Janne Teller gelesen, vor allem weil viele jüngere Leute sie verehren und weil’s um einen Verleger geht, der vor einer wichtigen Entscheidung steht. Schon Tellers Bestseller „Nichts“ kam mir relativ gesucht vor. Hier erging es mir nicht anders und ich wusste erneut nicht viel damit anzufangen.
Nun habe ich zwei parallele Lektüren, die sich etwas beissen, aber das eine Buch ist geliehen und wird deswegen nur daheim gelesen, während ich mit dem anderen viel unterwegs bin. Clemens J. Setz‘ „Indigo“ ist im Einstieg faszinierend, aber den gespannten Bogen habe ich bis jetzt noch nicht gefunden. Le Carrés „Der Spion, der aus der Kälte kam“ bleibt eines der aufschlussreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts. Ich lese es ungebrochen beeindruckt in der soeben erschienenen neuen Übersetzung von Sabine Roth, die im gleichen Jahr wie das Buch (19639 geboren wurde. Vielleicht trägt ihre Glanzleistung dazu bei, endlich auch den literarischen Gehalt dieses Werkes bekannt zu machen? Ich habe noch nie verstanden, weshalb das Buch nicht auf jeder erlauchten Literaturliste zum kalten Krieg aufgeführt ist.

Ein Gedanke zu „Sommerlesung“

  1. Kann es sein, dass ich meine Le Carre Gesamtausgabe im Büchergestell in Zukunft weniger erklären muss? (Wie geht Akzent auf meinem iPhon?)

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