Wenn sich der Basler Intergrationsbeauftragte Thomas Kessler heute zu Integrationsfragen äussert, weht ihm nicht länger ein harter Wind, sondern höchstens noch ein laues Lüftlein entgegen. Weder das eine noch das andere hat ihn je abgehalten, eindeutig zu argumentieren. Basel hat für die Deutschschweiz eine Vorreiterrolle in Integrationsarbeit. Die Gründe dafür sehe ich zum einen darin, dass Basel im Dreiländereck bereits mit der Problematik konfrontiert war, als andere Städte sich noch dem Italiener-sind-ja-so-nett-Schlummer hingaben und zum andern darin, dass Basel wohlhabend ist.
Der Anfang des heutigen Bund-Interviews mit Thomas Kessler hat mir nicht behagt. Ich finde es nicht gut, in öffentlichen Gesprächen Herkunftsländer von negativ Auffallenden zu nennen. Abgesehen davon fällt keine Gruppe in allen Statistiken gleich negativ auf. Und es gibt auch ein negatives Nicht-Auffallen von Volksgruppen, das unserer Gesellschaft und unseren Werten schadet (eine Tatsache, die übrigens oft verkannt wird).
Nun, ich will nicht ins integrative Detail gehen, sondern das zitieren, was auch für mich einer der wichtigsten Schritte ist. Für alle, die in der globalisierten Gesellschaft das Zusammenleben neu lernen.
Was muss der Staat konkret tun?
Eine moderne und proaktive Integrationspolitik betreiben. Das heisst: fördern und fordern ab dem ersten Tag. Sprachkurse, Integrationskurse, Nachhilfeunterricht an den Schulen, das alles gehört zum Bereich Fördern. Hier wird in der Schweiz viel getan. Wer Hilfe braucht, bekommt diese. Gerade von jungen Männern muss aber auch gefordert werden. Sie müssen die Sprache lernen und sich an die hier gültigen Gesetze halten. Basta.
In Frankreich fordert Innenminister Nicolas Sarkozy einen Vertrag zwischen Republik und jedem Immigranten. Wer sich nicht an diesen Vertrag hält, also kriminell wird, muss gehen.
Das ist ein möglicher Weg, den wir in Basel schon lange beschreiten. Letztes Jahr haben wir 30 Leute ausgewiesen. Dazu braucht es nicht schärfere Gesetze. Wir haben in Basel mit Ausländern, die Regeln verletzen, solche Verträge gemacht. Diese Leute können sich nichts mehr leisten. Sonst müssen sie gehen.
Wir haben in unserem Quartierverein bereits seit langer Zeit Verträge. Unabhängig davon, woher der ursprünglich kommt, der die Leistungen des Quartiers beansprucht. Wer zum Beispiel unsere Quartierküche billig oder kostenlos mieten kann, muss einmal oder mehrmals für ein Quartierfest kochen, ob das Pilzfreunde oder Heimweh-Libanesen sind, ist nicht relevant (denn wer kochen will, kann das in der Regel auch – das Risiko Ungeniessbares zu bekommen ist gering und der Schärfegrad verhandelbar). Wenn Jugendliche einen Bandraum einrichten wollen, machen wir nicht nur einen Vertrag, der die Verantwortlichkeiten regelt, sondern auch einen, der den Rückfluss dieser Leistung zurück ins Quartier regelt. Beispielsweise Schnupperstunden E-Gitarre anbieten, am Quartierfest auftreten – machbare Sachen halt. Und wenn es nicht geht? Dann sind wir konsequent. Küche von andern besetzt, Bandraum umfunktioniert. Basta.
Konsequent zu sein ist Übungssache, deshalb ist es so wichtig, dass wir endlich damit anfangen. Verträge kennen nämlich die meisten Leute. Bergbauern hackten ihre Schulden ins Kerbholz, die Sumerer drückten die Vereinbarungen in Keilschrift in die Tontafel. Und weil Verträge in der Quartier- und Integrationsarbeit individuell abgeschlossen werden, können sie auch eingehalten werden, von beiden Seiten. Ich hatte vor einigen Jahren mit einer Familie, deren Sohn ich in Freiwilligenarbeit unterrichtete, einen Pünktlichkeits-Vertrag. Mit drei Jokern natürlich, denn ein Verhaltensvertrag ohne die Möglichkeit sich zu verbessern, ist das Papier nicht wert. Der Vertrag wurde von meiner Seite erfüllt, das Kind bekam von mir eine kleine Uhr. Leider hat die Familie das Kind von der Pünklichkeit abgehalten und ich musste ihm absagen. Weil es ein Musterbeispiel der Chancenungleichheit war, schmerzt es mich heute noch. Aber an Abmachungen müssen wir uns halten, das fordert das gewaltfreie Leben. Basta.