Die Laubwolke
Beständig ist das leicht Verletzliche.
Lange hing die grüne Wolke über der Erde,
wohin ging sie?
Im neuen Frühling schwebt sie wieder an
und erfüllt ihren Ort
zwischen Grund und Höhe.
Vom Winde gesteuert,
vom Regen gedrängt,
vom Licht gehoben,
kehrt sie immer zurück
und bleibt so viele Jahre.
Jedesmal in den herbstlichen Lichtern
klagt’s aus ihr: ich sinke, warum ich?
Und lauter mit dem Sinn von Dichtern:
Es stürzt mich, ja, warum nicht mich?
Wird es dann Winter –
im Himmel kriecht gekrümmtes Gestäbe,
den einmal gewachsenen Abstand nicht ändernd,
eins des andern vielleicht nicht gewahr,
doch beisammen in gleicher Spreizung.
Zwischen Grund und Höhe,
von der Säge des Gärtners unzerrissen,
von der Axt des Fällers nicht getroffen,
bleibt das Gesetz: Beständig ist das leicht Verletzliche.
Oskar Loerke (1884 – 1941)
Dies habe ich dem gleichnamigen Gedichtband aus dem letzten Programm des Amman Verlages entnommen. Dies zum neuen Jahr und im Gedenken an:
C.M. 4. Januar 1959 bis 7. Januar 2010
J.G. 30. August 1922 bis 10. Januar 2006
I.W. 5. Juni 1936 bis 10. Januar 1988