Als ich gestern in meiner Tageszeitung den Titel zum Jahrestag 9/11 Der Tag, als die Furcht zur Angst wurde las, ist mir mein Litetaraturlehrer aus der Buchhhändlerschule eingefallen. Dieser zitierte nämlich zu verschiedensten Gelegenheiten (von Prüfungsbammel bis Politikversagen) Kierkegaard mit den immer gleichen Worten „Angst geht tiefer als Furcht“. Ich weiss nicht, ob das Zitat so korrekt ist und ich möchte es auch nicht herausfinden. Kirkegaard kommt im lesenswerten Artikel dann auch nur am Rande vor. Aber das Zitat ist mir in den letzten zweiundzwanzig Jahren häufig im Zusammenhang mit der Schule, Freiwilligenarbeit, Erziehung des eigenen Kindes eingefallen.
So konsequent, wie Res Strehle das in seinem Artikel zu 9/11 tut, habe ich noch nie zu Ende gedacht. Ich habe Kierkegaard zwar stets so vestanden, dass Furcht ein Ergebnis der Vernunft ist, während Angst von Innen kommt und der Verdrängung, Entschuldigung (Rechtfertigung) oder Begründung bedarf. Da es sich dabei um unangenehm anstrengende Tätigkeiten handelt, ist verständlich, dass Angst oft aggressiv macht und der Ängstliche schnell nach dem Schuldigen sucht. Wie sehr das heute im Zusammenhang mit fehlender Aufklärung und Abgeklärtheit steht, war mir weniger bewusst. Dabei hätten die Schweiz, Deutschland und die USA je eine in dieser Hinsicht absolut taugliche Verfassung. Was ich ähnlich wie Strehle neun Jahre nach 9/11 als übermässig empfinde, sind Empörung und Verklärung. (Deshalb hoffe ich sehr, dass deutsche Buchhändlerinnen und Buchhändler nicht aufhören, Heisig zu empfehlen. Sarrazin läuft sowieso von selber.)
Dieser Tage las ich mehrmals das Gedicht von Wisława Szymborska „Fotografie vom 11. September“, in dem der letzte Satz ungeschrieben bleibt. Publiziert wurde es in Deutsch erstmals im Dezember 2001 in der ZEIT, aber es gehört zu der Gegenwartslyrik die eben keine direkt politische und deswegen zeitlos ist. Es ist in ihrem Gedichtband „Der Augenblick“ zu finden:
Gedanken und Buchempfehlungen von jedem 11. September im hiesigen Blog:
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