Manchmal muss ich wirklich das Lachen verbeissen, wenn wieder jemand mit der These daher kommt, die niedrige Geburtenrate sei den schwindenen Hausfrau-und-Mutter-Vorbildern zu verdanken. Obwohl Frau Hermann (v.a. wegen ihrer Entscheidung, ihr neues Oevre bei einem christlichen Verlag zu publizieren) nicht mehr bei den Bestsellern aufgetaucht ist, bleibt diese Meinung verbreitet genug, dass ich sie regelmässig höre. Besonders, weil ich gerade eine Schwester habe, die ihr Kind mit drei Monaten in die KITA schickt, um in der Welt draussen mit „fremden“ Kindern zu arbeiten.
Normalerweise fällt es mir nicht allzu schwer, andere Ansichten gelten zu lassen. Aber diese These ist in meiner persönlichen Statistik, die immerhin ein paar hundert Menschen umfasst, absurd.
Am einen Ende meiner Skala stehen die Frauen aus meinem Bekanntenkreis, die am frühsten und meisten Kinder haben. Sie sind Töchter vierfach belasteter Mütter. Bauersfrau, Nachtwache im nahegelegenen Spital, Haushalt und Kinder oder eigener Bioladen, Hauspflege an Wochenenden, Haushalt und Kinder oder eigene Buchhandlung, politisches Mandat, Haushalt und Kinder.
Im Mittelfeld siedle ich die kinderfreundlichen Frauen an, deren Mütter mindestens doppelt belastet und vielleicht sogar geschieden waren. Teils haben diese eine Familie, teils möchten sie, teils haben sie einen sozialen Beruf, in dem sie mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.
Am anderen Ende der Skala stehen die Töchter perfekter Hausfrauen und Mütter, welche sich und ihre Familie immer und überall sehen lassen konnten, bei denen kein Staub lag und kein Kind fluchte. Diese Töchter sind rundum geraten – gebildet, freundlich, begabt, mehrsprachig, fit, beziehungsfähig – aber sie können Kinder nicht ausstehen, meiden den Kontakt wo immer es die Höflichkeit noch erlaubt und möchten nichts weniger, als eine Familie mit blitzblankem Haushalt nach Vorbild der Mutter führen.
Kurz und gut: Ich behaupte, dass eine perfekte Hausfrau als Mutter zu den grössten Nachwuchskillern gehört. Aber ich bin bereit, meinen Blickwinkel zu erweitern. Wenn Sie im gebärfähigen Alter sind, eine waschechte Nur-Hausfrau als Mutter und selber ein paar Kinder haben (wollen), intervenieren Sie!
Ich kann nicht intervenieren und muss deine These stützen – als Tochter einer (fast) immer berufstätigen, politisch und kulturell aktiven Mutter und mit zwei Geschwistern gesegnet, habe ich von meinen Eltern (nicht nur von meiner Mutter!) gelernt, nicht perfekt, sondern schnell zu haushalten (ich habe z.B. zahlreiche 20-Minuten-Menues im Repertoire).
Nun bin ich selber (fast) voll berufstätig und habe drei Kinder. Und keinen blitzblanken, aber einen gut funktionierenden Haushalt – den ich gemeinsam mit meinem Mann führe, nebenbei bemerkt.
Liebe Grüsse, Katia
Interessante Beobachtung, muss ich mal mit meinen Arbeitskolleginnen abgleichen. Ob ich mich Fortpflanzungsverweigerin mit Bilderbuch-Hausfrauundmutter als Beleg sehen darf, weiß ich nicht – dazu war meine Kinderabneigung zu früh nachweisbar.
Die Kinderabneigung der Töchter meiner sehr guten Schwieger-Hausfrau&Mutter begann ebenfalls früh und blieb hartnäckig. Seit das einzige Kind der Familie (das hier im Hause) die Pubertät erreicht hat, geht’s besser. Und die 13 Jahre Abneigung waren rein Tanten-seitig und verblassen nun ebenso einseitig. Es ist wohl eine selten angenehme Lebenserfahrung, Antipathien ganz einfach zu entwachsen.