das Abstimmungsresultat ausserordentlich und hatte mich vom Unterschriftensammeln bis zur letzten Minute für das Gegenteil eingesetzt, allerdings ohne mir Hoffnung auf Erfolg zu machen.
Wenn ich auf der Jonet-Liste lese, man sei erstaunt über die Existenz von rechtsextremen Vereinen im „Uhrenland“, wenn ich in ausländischen Zeitungen vom wunderbaren Engagement dieser Nation für den UNO-Menschenrechtsrat lese, dann hoffe ich inständig, dass die Verschärfung immerhin dazu beitragen wird, unser Image im Ausland zu korrigieren. Wir sind nämlich ein Land, das für Ausländerhass und Ausgrenzungsgründe jeglicher Couleur höchst empfänglich ist.
Dennoch wäre mein Statement nicht komplett, ohne die Linke – zu der ich mich zähle – zu erwähnen. Dieses Ergebnis ist nicht nur ein Verdienst der Rechten und Gärtchendenker. Genau so ist es ein Verdienst der Linken, die sich in den letzten Jahrzehnten nicht integrationsbereit gezeigt, sondern Nicht-Integration oft untätig abgenickt hat. Oder sogar an Demonstrationen – wie zum Beispiel am 1. Mai – Seite an Seite mit Organisationen marschiert ist, die die Integration erschweren oder gar verunmöglichen.
Ich wäre gerne zuversichtlich, dass das jetzt anders wird und werde mich weiterhin dafür einsetzen. Für einen anstrengenden, differenzierten und beharrlichen Dialog über das Zusammenleben in Freiheit.
Dank an: Asylpolitik.ch für den Mediawatch während der ganzen Phase des Referendumskampfes, ignoranz.ch für den frechen Tonfall, Balthasar Glättli von Solidarité sans frontières für die zuverlässigen Mailings und Ursula Wyss, weil sie das Thema auf ihre Agenda gesetzt hat, obwohl nichts so sicher ist, wie dass sie dafür in den Nationalratswahlen 2007 Stimmen einbüssen wird.
Vergangenes Abstimmungswochenende illustriert wunderbar, was ich bereits einmal zu erklären versucht habe: Es geht bei der direkten Demokratie nicht einfach um Ja oder Nein, sondern auch um den Stimmenanteil. Blocher äusserte sich so:
Er bleibe deshalb bei seiner Ansicht, dass das Asylgesetz grundsätzlich „nicht mehr auf die heutige Situation zugeschnitten ist“, sondern sich am überholten Flüchtlingsbild orientiere. Sein Kommentar:
Bei einem knappen Ausgang der Abstimmung hätte er es sich nicht leisten können, das Volk bereits am Abend des Abstimmungssonntags auf die nächste Verschärfung einzuschwören. Aber bei diesem sicheren Ja-Anteil kann er es.
Trotzdem: Danke Stadt Bern, Insel im Ja-Mehr.
Trotzdem2: Dank an Krusenstern für ein kleines, häufiges und sehr konkretes Beispiel der Integrationsbürokratie.
Das eigentlich Tragische an diesem Wochenende liegt weniger in der Annahme der beiden Gesetze (die ich – soweit ich das einschätzen kann – für nicht derart gravierend halte, wie es das Referendumskomittee behauptet hat), sondern im Ausmass der Zustimmung, die nun als Rechtfertigung für weitere Verschärfungen im Vollzug interpretiert wird. (Blocher will das Ergebnis ja auch als Fingerzeig für die Asylrekurskommission verstanden haben.) Insofern hat das Referendum der Sache einen Bärendienst erwiesen.
Es gab ähnliche Stimmen in den ersten Diskussionen darüber, ob wir das Referendum ergreifen sollen auch aus den Hilfswerken.
Ich sehe die Sache anders: Die das Referendum ergriffen und sich auf der Strasse während des Unterschriftensammelns teilweise (je nach Quartier und Publikum) massiv haben zusammenstauchen lassen, haben keinen Bärendienst erwiesen, sondern haben einen Job gemacht, um den das Land längerfristig froh sein kann.
Jetzt habt ihr es schwarz auf weiss, ihr seid eine Minderheit, lernt mit dem zu Leben und kümmert uch um Private Projekte die Pravat finanziert werden. Langsam glaube ich giebt e swieder hoffnung für die von links überrannte schweiz.
Ich behaupte nicht, dass die hohe Niederlage absehbar war. (Immerhin: Die letzte SVP-Asyl-Initiative vor ein paar Jahren wurde nur hauchdünn verworfen, obwohl damals ausser der SVP alle dagegen waren, insofern kann man nicht von einer Überraschung sprechen.) Und irgendwie bin ich schon froh, dass mir die engagierten Unterschriftensammler Gelegenheit gaben, mich gegen die Verschärfung auszusprechen. Nur gab man andern die Gelegenheit, sich dafür auszusprechen. Wieder andere mussten sich entscheiden und schenkten schliesslich den Behörden Glauben, der Vollzug des Gesetzes werde menschenrechtskonform erfolgen. Wenn man den Gesamteffekt betrachtet, wäre es besser gewesen, es wäre nicht zur Abstimmung gekommen. Insofern Bärendienst: ohne es zu wollen eine Sache verschlimmern. Zugegebenermassen ist dies eine nüchterne Aussensicht von einem, der nichts tut und darum auch nichts falsch tut…
Exemplarisch, cap. Ich lege das Verfassen eines entsprechenden Essays nahe: „Von der grossen Angst eines kleinen Landes, welches von Minderheiten überrannt zu werden drohte.“
Christoph: Das stimmt. So sah in etwa die politische Chancen-Risiken-Analyse aus und so hat sie sich auch bestätigt. Historisch hingegen wäre es untragbar gewesen, das Referendum nicht zu ergreifen.
es war historisch schon etwas früher untragbar: als derartige ratsmehrheiten gewählt wurden, die dann derartige vorlagen verabschiedeten. es wäre m.e. falsch, zu glauben, „das“ hätte uns aus heiterhellem himmel getroffen. ihr habt aber beide recht. das referendum konnte fast nur bachab; es aber nicht zu ergreifen ging definitiv nicht! nach dem spiel ist vor dem spiel!
… von wegen cap’s „Jetzt habt ihr es schwarz auf weiss, ihr seid eine Minderheit“ … und wenn schon!
ich bin stolz auf diese minderheit und dass sie die humanistische tradition nicht verraten hat!
Nur kurz: Nichts tun ist je nach Fall genauso schlimm wie „etwas“ tun. So einfach kann man sich nicht rausreden… Stichwort Unterlassungssünde. Oder wie das Sprichwort so schön sagt: „Celui qui veut agir, trouve un moyen, alors que celui qui reste inactif, trouve une excuse.“
@lizamazo: Es ist für mich schwierig vorherzusehen, wie unsere Parlamente und wir mit ihnen im historischen Rückblick dastehen werden. Bis jetzt war die Geschichte uns vergleichsweise gnädig und wo nicht, geht sie schnell vergessen. Manchmal denk ich, wir sollten mindestens ein Holocaust-Mahnmählchen an unserer verdammten Grenze haben.
@sasha: Ich freue mich, dich wieder an Bord der Abstimmenden zu haben. Ich hoffe, das ist nicht nur bei Asylfragen der Fall und du schmeisst nicht zu rasch die Flinte ins Korn. Dass ich etwas nachtragend veranlagt bin weisst du ja. Aber ich versuche es zu überwinden und das Alter hilft mir dabei 🙂
@wühler: Ein wunderschönes Sprichwort, ich habe es nicht gekannt und werde es gerne zu meinen alltäglichen Redewendungen
– auch in übersetzer Variante – hinzufügen, merci.
Nochwas: Lesenswerter Nachruf bei der Berner Gazette.
Und die rechten Kommentatoren beklagen sich, die Blogosphäre sei zu links. Sehr amüsant. Die Vorwürfe wiederholen sich seit ca. 80 Jahren, im Journalismus, im Cabaret, im Kino, im Theater. Die Frage, warum Rechte und oft nicht einmal kompromissbereite Bürgerliche auf all diesen Plattformen, die Extra-Aufwand, Identifikation und Freiwilligenarbeit erfordern nicht
vielgenug zu melden haben, wird vermutlich offen bleiben. Und wenn man sich deswegen etwas langweilt, kann man ja die Linken, Netten und Gutmenschen zum Zeitvertreib mit Häme überschütten.viele linke haben offenbar rechts gestimmt, weil sie z.b. migration über kurze strecken „sinnvoller“ finden als über weite. insofern wurde eben die weiche schon bei der personenfreizügigkeit gestellt. vo nüt chunnt nüt.
die sentenz des wühlers habe ich mir auch gleich geklaut. merciviel!
Der Ehrlichkeit und Vollständigkeit halber (gerade in diesem Kontext): Es handelt sich um ein afrikanisches Sprichwort.