Obwohl ich viele Jahre für die DEZA gearbeitet habe, habe ich mich an Katastrophen überhaupt nicht gewöhnt. Ich bin überfordert und ertrage Mitmenschen mit Kopiererproblemen in Trauer über einen verlorenen Meistertitel schlecht.
Sicher gibt es viele Argumente dagegen, den eigenen Alltag von burmesischen oder chinesischen Desastern beeinflussen zu lassen. Intellektuelle Argumente sind häufig:
Nun, ich erlaube der Katastrophe trotzdem, mich zu beschäftigen. Ich lese Newsletter genauer, chinesische Erzählungen wieder, ich fahnde in meiner Bibliothek nach asiatischen Gedichten und finde aussergewöhnliche Geschichten. Ich überlege, ob in den von aller Hilfe abgeschnittenen Ortschaften wenigstens ein Where There Is No Doctor ist? (Übrigens einer der unbekannten Bestseller auf dem internationalen Buchmarkt, in zahlreiche Sprachen übersetzt.) Und morgen besorg ich mir ein Buch, welches schon länger auf meiner Sachbuchleseliste steht.
Ich weiss, dass Lesen allein nichts nützt. Aber Wissen taugt nicht nur zur Macht, sondern ebenso zum Mitgefühl. Lesen kann eigene Probleme relativieren und zum Handeln motivieren ohne andere mit Betroffenheits- und Empörungskult zu belästigen. Aber auch dazu ist schon aus berufenem Munde geschrieben worden.