Ich vermisse das Schreiben. Aber die vielen losen Enden in meinem Kopf verunmöglichen es.
Das ist merkwürdig, weil Bloggen ja genau dazu erfunden worden ist, lose Enden in die Welt zu setzen, auf dass jemand die Verbindung finde und kommentiere. Meine These: Jede neue Form ist ein Versprechen auf Reduktion und gibt der vorhergehenden oder noch früheren Form mehr Gewicht. Das heisst, wir wagen uns heute neben den Kurznachrichten in Echtzeit weniger, einen Brief zu verfassen, denn seine Form allein macht seinen Inhalt schon so wichtig. Wer traut sich hier und heute schon, etwas Nichtiges zu Papier zu bringen ausser ein paar letzten Schülerinnen, die für ihre Aufsätze immer noch Tintenbuchstaben auf Linien setzen und sie rechtzeitig am Rande stoppen.
Viele gehen davon aus, ein Blogbeitrag lohne der Publikation nur dann, wenn er schlüssiger sei als unsere Tweets. Ebenso entwickelt sich unser Lesen: Bücher müssen es Wert sein oder zumindest relevant empfohlen, geteilt. Und die letzten handgeschriebenen Couverts im Briefkasten lassen uns aufschrecken. Freudig, wenn sie den Beginn eines Lebens markieren und niedergeschlagen, wenn dessen Ende.
Aber vielleicht ist alles nur ein banales Zeitproblem. Und wir hätten es in der Hand, könnten uns hinsetzen an einen Brief oder ein Buch, das Internet vergessen und unsere Formen erweitern.
Das sind schöne Gedanken. Es ist gut, dass hier ein Daumen für „gefällt mir“ nicht reicht. Ich vermisse übrigens auch die Postkarten, die fast nicht mehr kommen (und von mir auch nur noch selten geschrieben werden), seit es SMS gibt.
Ich finde leider die entsprechende Stelle nicht mehr, aber ich glaube, es war Julian Barnes der einmal schrieb, dass man, wenn jemand oder etwas weg ist, so viel mehr vermisst, als man je gehabt hat.
Ich würde auch gerne mehr schreiben. Aber im Moment drängt es mich so gar nicht dazu, ich hoffe, das kommt wieder. Nutze ich stattdessen wenigstens andere – reudzierte – Formen? Vermutlich nicht mal das. Dann bin ich halt ein Weilchen verkrochen.