Sekten

Lesen ist schön, lesen ist gut, lesen macht klug, lesen macht reden, lesen macht denken. Aber lesen macht mich manchmal auch fertig. Würde ich nicht so viel lesen, wüsste ich viel Schlimmes nicht. Aber dann wäre ich nicht ich, Frau Meier, die Amsel, wie mich Freunde begründet nennen. [Frau Meier hat zum Beispiel immer genügend warme Getränke und Erste Hilfe parat, falls der Bus aus der Kurve neben ihrem Haus kippen würde, und sie die Passagiere verpflegen müsste, was natürlich nie passiert. Ein ergreifendes Buch ab 5 Jahren.]
Heute war es erneut ein Bericht über Beslan, der für mich schwer erträglich war. Es ist logisch, jedes Massaker in jeder Schule beschäftigt mich als Lehrerin lange (mein Archiv über den erfurter Amoklauf ist ebenfalls grässlich). Auch das Bild von Sergei Grits zum Bericht von Alexander Schrepfer-Proskurjakov ist furchtbar. Es zeigt, wie die übrig Gebliebenen zum zweiten Mal ihren ersten Schultag beginnen. Inhalt des Berichts in der neuen WOZ (Nr. 03/05, S. 27), ist die enorme Zunahme an Sekten in Beslan und die Erzählung der Zuständigen für die Auszahlung an Hinterbliebene. Sie schildert, wie Eltern das dringend benötigte Geld direkt in die Hände der Sekte legen, noch vor ihren Augen.

Während vor dem 1. September [2004] in ganz Beslan nur sechs religiöse Vereinigungen und Sekten bekannt waren, stieg ihre Zahl nach dem Geiseldram auf über fünfzig. Erstanlich schnell tauchten in Beslan die Scientology-AnhängerInnen auf. Sie gaben sich zunächst als freiwillige PsychologInnen aus und konnte das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen.

Bis zum heutigen Tage hätte ich mit dieser Gefahr nicht gerechnet. Aber es ist folgerichtig. Sekten sind, wo Verzweiflung ist. Sekten schlagen Kapital. Egal woraus. Egal.

2 Gedanken zu „Sekten“

  1. Wie entwickeln sich wohl die hyperradikalen Moslems in Ace? Wo der Tsunami keinen Stein auf dem anderen liess, steht noch das Gotteshaus. Das muss doch etwas bedeuten. Allah u akbar. Jedoch bringen Länder von andersgläubigen die grösste Hilfe. Wie bringt ein indonesisches Kind in diesen Tagen die extrem gläubigen Landsleute und die Stipendien gebenden Westler unter einen Hut? Hoffentlich hat es Zugriff auf einen Bruchteil dessen, was du alles liest.

  2. Ja, du hast absolut Recht. Es ist im Grunde gar nicht ungewöhlich. Hilfe und Missionarentum wurde und wird ja stets vermischt, von der christlichen Mission bis zu Hamas. Je unendlicher das Leid, desto grösser die Landechance.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.