Sorry, Sistas

Als heute das neue Migros-Magazin herumlag, fragte mich eine Kollegin, warum ich als treue Abonnentin feministischer Zeitschriften kaum ein Wort über die Hausfrauenfrage verlöre?
Nun, kein Wort ist auch etwas.
Ich denke nicht daran, mich mit anderen Frauen über Lebensmodelle zu zoffen, während die Männer sich zurücklehnen und uns lächelnd die Jobs überlassen, die sie selber nicht haben wollen – zu 20% weniger Lohn.
Es ist noch nicht soweit, Sistas. Es ist unklug, eine mediale Schlacht gegenseitiger Kränkung zu schlagen. Klüger ist es, sich auf zwei Fragen zu einigen, die sich jede Frau in jedem Job stellen kann:

  • Habe oder kriege ich eine Arbeit, die auch ein Mann haben möchte?
  • Bekomme ich gleich viel Geld wie ein Mann für die gleiche Arbeit?
  • Die wenigsten Frauen mit achtbarer Laufbahn in meinem Bekanntenkreis haben sich bei der Bewerbung gegen einen Mann durchgesetzt, am ehsten noch dank einem „bei gleicher Qualifikation einer Frau den Vorzug“. Bei mir ist es nicht anders.
    Das war meine Antwort auf die Frage der Kollegin: Bevor ich mit irgend einer Frau irgend ein Modell diskutiere, bevor ich einer verbal den Schädel einschlage, dass sie zu dumm, zu dick, zu gross, zu klein, zu geschminkt, zu schlampig, zu karrieregeil oder zu baby-versessen sei, höre ich mir doch lieber ein paar Antworten auf zwei sehr einfache Fragen an.
    Und die ehrliche Bilanz, Schwestern, ist ernüchternd. Noch sitzen wir im gleichen Boot. Wäre doch gut, es ungefähr in die gleiche Richtung und vorwärts zu steuern, zurückgeweht werden wir von allein.

    Zu Eva Hermann gibt es zum Glück zahlreiche Alternativen. Als geeignete Replik empfehle ich Naomi Wolfs Klassiker über die Stereotypisierung – sie hat es kommen sehen. Leider nur noch in Englisch lieferbar, aber war mal ein Bestseller. Beruhigend zu wissen, dass auch das Eva-Prinzip den Weg alles Irdischen und untergehen wird.
    Und noch ein paar Links vom anderen Ende:
    Gleichstellungsatlas der Schweiz.
    Guter Leserbrief zum Thema Unikarriere.
    Morgen selbstverständlich.
    – Kalender 2007: Frauen am Werk.
    Und das Schlusswort, Sistas: Wir müssen einander (be-)fördern.

    14 Gedanken zu „Sorry, Sistas“

    1. Vermutlich hast Du den falschen Artikel verlinkt – dieser ist nämlich keineswegs „ignorant“ und ist auch nicht in derselben Zeitung erschienen wie der Leserbrief. Man könnte fast meinen, er wäre als Reaktion auf den Leserbrief erschienen, wird doch den Kritikpunkten (bis auf den Zwischentitel) entsprochen.

    2. … und so lange ich als Gattin eines vollamtlichen Hausmannes immer wieder gefragt werde, ob er denn nun auch WIRKKLICH alles mache im Haushalt …
      … und so lange Mädchen in „unsern Kreisen“ auf Anerkennung stossen, wenn sie mit Lego und Autos spielen und auf Widerwillen, wenn sie ihre Barbies kämmen …
      … und so lange ich an AbteilungsleiterInnentreffen die einzige Frau bin …
      Danke, Tanja, wenn zwar nicht fürs Einleuchtend-Machen des Konzepts der Frauensolidarität, so doch für die eigentlich so sehr auf der Hand liegende Verteidigung ihres Gegenteils.

    3. Danke, Tanja, für den Link mit dem Gleichstellungsatlas: die Statistik spricht Bände von „Einzelschicksalen“ und/oder „Paarschicksalen“.
      Leider geht ja nichts ohne Kämpfen und kämpferische Solidarität, nur haben das viele nach vier Jahrzehnten neue Frauenbewegung wieder „vergessen“. Heute überwiegt die Vereinzelung und die sogenannte individuelle Freiheit, jede(r) soll nach seiner Façon selig werden.
      Gute Hintergründe liefert auch das Buch, das im Xanthippe Verlag Zürich erschienen ist: FRAUEN WOLLT IHR NOCH 962 JAHRE WARTEN.
      Ich werde auch den Verdacht nicht los, dass sich Frau Herrmann mit ihrem Buch da für etwas „einspannen“ liess, dessen Gespenster sie jetzt nicht mehr los bringt. So kommt mir jedenfalls das Monatsinterview mit ihr im MAGAZIN vor.

    4. Danke, liebe Leute.
      Und danke, Christoph, du hast vollkommen Recht, ist korrigiert. Die blöde Titelgeschichte aus dem Bund finde ich leider gerade nicht mehr online.
      (Katia: Die Hausfrauen können immerhin 50% der Fragen mit JA beantworten. Weil Hausmänner nämlich garantiert gleichviel verdienen 🙂

    5. mir glaubt keiner und vor allem keine, dass mein halbtaxhausmann mindestens die hälfte der hausarbeit erledigt und dass ich ihm wirklich nicht erkläre, was er zu tun hat und dass wir trotzdem sehr selten über den haushalt reden müssen.

    6. Es ist immer ermunternd und erleichternd wenn Halbe/Halbe klappt wie bei dir, lizamazo! Sei es weil man beides teilt und keiner Karriere macht, oder weil man die Rollen gegenüber herkömmlichem Modell andersrum teilt, wie bei Katia.
      (Lustigerweise haben die ohne Kinder ja in genau gleichviel Prozenten der Fälle das herkömmliche Modell, wie die mit Kindern. Die Frau oder das Putzpersonal machen den (groben) Haushalt.)
      Die beiden Fragen gelten aber immer – seid ihr, Katia und lizamazo, sicher, dass ihr gleich viel verdient wie der, der vor euch war oder nach euch kommen wird? Habt ihr eine Stelle, um die sich Männer bewerben/bewarben? Wenn ja, arbeitet ihr garantiert in Firmen oder Institutionen, die sich einmal mit Frauenförderung / Gleichstellung befasst haben oder gar auf politischen Druck hin (Dank sei ihm!) befassen mussten.
      So sind die Fakten. Leider. Ausnahmen bitte melden.

    7. Danke für den Hinweis zum M-Magezin.
      Ich starre gerade ungläubig auf die Artikel der beiden Hausfrauen und glaube mich ob der Schreibweise in den Fünfziger-Jahren.
      Diese Top-Five-Listen erinnern mich an die Hausarbeitswettbewerbe, die damals eine Miss-Amerika zu bewältigen hatte.
      Wieso müssen wir Frauen uns immer rechtfertigen?
      (Dass wir keine Kinder wollen. Dass wir solche wollen und nicht mehr arbeiten möchten. Dass wir solche wollen und trotzdem arbeiten möchten)
      Wieso ist die Frage der Gleichberechtigung immer auch eine Frage des Kinder?

    8. Das ist, werte Mlle Différentielle, eine sehr schwierige Frage, weil die Antwort nur umfassend möglich ist. Ich hoffe, sie ist nicht rein rhetorisch?
      Wir müssten in den Zwanzigerjahren beginnen, in der das Verhältnis zwischen Mutterschaft und Gesellschaft sich langsam offenbarte, weil Frauen begannen Kunst zu machen. Sie haben – verschlüsselt zwar – aber auf krasse Weise den Geschlechterkampf dokumentiert. Brutal und nicht selten über Kinder; Gewollte, Ungewollte, Verhungerte, Umgebrachte, Verlassene, Geliebte, Verhasste, Verlorene und die in uns drin. Zum Beispiel Käthe Kollwiz, Emmy Ball-Hennings, Marina Zwetajewa. Da taucht für mich die Frage „Frauen=Mütter/Nicht-Mütter?“ glasklar auf.
      Dass wir Kinder haben könn(t)en, ist etwas, was uns von Männern unterscheidet und die Dialektik dieser Machtfrage wird uns vermutlich bis ans Ende der Menschheit begleiten. In diesem Sinne ist es logisch, dass die Frage der Gleichberechtigung eng mit der Frage der Mutterschaft verknüpft ist.
      Ich persönlich versuche das aber auch etwas auszublenden. Weil wir uns hier in einer Dienstleistungsgesellschaft bewegen, in der Körperkraft sekundär, Mutterschaft selten tödlich und auch die kinderlose Frau im Alter versichert ist, konzentriere ich mich mehr auf die Arbeitswelt und die Politik. Ich behaupte sogar, dass dies das Feld ist, auf dem wir Frauen im 21. Jahrhundert etwas zu gewinnen haben – dafür sollten wir unsere Kräfte sparen und das sollten wir kommenden Generationen vermitteln.

    9. Ja, Tanja; ich weiss, dass ich sogar mehr verdiene, als derjenige der vor mir war. Und genau gleich viel wie diejenigen, die auf vergleichbaren Positionen sitzen (wir haben Lohntransparenz). Und: ich weiss, dass das die Ausnahme ist, umso mehr schätze ich sie.

    10. ich verdiene ebenfalls gleich, wie die männer, das ist aber nicht mein verdienst, sondern das der gleichstellungsdamen, frauenstreikerinnen etc. wenn ich jammere, dann stets auf hohem niveau…
      schönes wochenende!

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