[Vater ist von Weiterbildung aus Deutschland nach Hause gekommen]
Mutter:
Erzähl doch ein paar Unterschiede!
Vater:
Deutsche lesen mehr Zeitung. Diese Riesigen – und erst noch am Frühstückstisch.
Mutter:
Ja, die können das bewundernswert gut.
Vater:
Aber nicht unbedingt Kleidung auswählen. Der Anblick der Referenten war schwer zu ertragen. Gemessen am Preissegment des Kurses billig und zerbeult. Einer hatte eine Bolotie mit goldigem Australien. Eigentlich repräsentierten alle mehr via Auto.
Mutter:
Und das Essen, wie war das?
Vater:
Sehr gut für eine Mensa. Und es gab immer dreimal so viele Desserts wie Menues. Zuerst dachte ich, die hätten sich verzählt. Dann habe ich gemerkt, dass die meisten mehrere Desserts nehmen, wenn das Essen inbegriffen ist. Das hätte ich mich aber nie getraut.
Mutter:
Und, was hast du in deiner Freizeit so gemacht?
Vater:
Einige Male war ich in der nächst grösseren Stadt, doch die S-Bahnstation lag ausserhalb und der Bus fuhr selten. Aber eine Buchhandlung gab es gleich in der Nähe.
Mutter:
Was für eine?
Vater:
Klassische Kleinbuchhandlung: allgemeines Sortiment, etwas zu alte Taschenbücher, vollgestopft bis unter die Decke, aber mit einem kundenfreundlichen Ordnungssystem und einer netten Buchhändlerin.
Mutter:
Inwiefern nett?
Vater:
Sie hat mich gefragt, ob ich mich zurechtfinde. Und ich habe gesagt, ja, sehr gut sogar, die Ordnung wäre einsichtig. Darauf antwortete sie, dass sie mir jetzt noch rasch die Kasse erklären würde. Da habe ich dann zugegeben, dass ich auch Buchhändler bin.
Mutter:
Pass bloss auf! Beim nächsten Mal drückt sie dir die Schlüssel in die Hand und fährt in den Urlaub.
Kind [kommt dazu]:
Und, was hast du denn in deiner Freizeit gemacht?
Vater:
Gelesen. Und einmal wollte ich ins Kino, aber das hat nicht geklappt.
Kind:
Weshalb nicht?
Vater:
Alle Filme waren synchronisiert.
Kind:
Was heisst das?
Mutter:
So, wie wir „Ein Königreich für ein Lama“ gesehen haben, weil du nur in die Kleinkindervorstellung durftest. Über die amerikanischen Stimmen der Figuren waren deutsche Stimmen gelegt worden, dafür gab es keine Untertitel.
Kind:
Aha! Wenn meine Freunde und ich mit den H&M-Gratistickets ins Kino gehen, ist es auch so.
Vater:
Dort schien das auch für Abendvorstellungen üblich zu sein und da liess ich es lieber ganz. Bei uns kommt ja alles mit Untertitel, auch die chinesischen Filme.
Kind:
Und die kurdischen!
Mutter:
Und die mongolischen!
Vater:
Wobei wir zugeben müssen, dass der mongolische Film sogar bei uns ein Schattendasein fristet.
Sehr schön beobachtet! Das kann ich alles unterschreiben, vor allem das mit der Kleidung (mich selbst eingeschlossen) und mit den kostenlosen Nachspeisen ;-).
Kurdische und mongolische Filme laufen bei uns allerdings auch mit Untertiteln. Und bei denen frage ich mich oft, warum sie so sehr vom Original abweichen. Der synchronisierte Text ist meistens besser; trotzdem sollte das Synchronisieren von Filmen verboten werden.
Ja, in Deutschland sind die meisten Filme synchronisiert. Auch bei uns wird das früher oder später eine Tendenz sein. Also hopp ins Kino, solange es noch Spass macht! Im Kino Laupen zum Beispiel kommen die neuen Filme zwar neuerdings immer früh, oft sogar zur Schweizer Premiere, aber eben deutsch, auch abends. Für einmal scheint die Provinz Vorreiterin zu sein:) Zusammen mit der Welschschweiz, die synchronisieren auch ganz fleissig.
Ja, das mit der Synchonisation ist so eine Sache. Silvia, im TV ist aber eher eine umgekehrte Entwicklung auszumachen? Mehr Untertitel, oder nicht?
Dass die Übersetzungen zum Lachen sind, Marian, war schon Gegenstand vieler Tischgespräche. Ich hatte mal die blöde Idee, vom Kind zu verlangen, dass es Übersetzungen der Rap-Texte heraussucht, um endlich zu merken, was für ein Stuss das zum Teil ist. Weit gefehlt! In der Übersetzung klingt das nach Schlaflied (Bitch = Mädel etc.).
Also, ich als Lingualstalinist finde sowas nicht zum Lachen. Zum Beispiel der Film „Beijing Bycycle“ – das sind eigentlich drei Filme: die chinesische Originalfassung, die deutsche Vertonung und die deutschen Untertitel.
Na gut, bei Chinesisch mag man das noch durchgehen lassen, aber wenn in einem englischen Film das Überreichen eines Kaffeebechers mit dem Untertitel „Hier bist Du!“ begleitet wird, dann…
„Bitch“ ist auch nicht so ganz einfach zu übersetzen:
I’m a hardworking bitch. I do what I want to do
(Naomi Campbell, zitiert nach dem Klappentext des Buches „BITCH – Ein Loblied auf gefährliche Frauen“ von Elizabeth Wurtzel, Karl Blessing Verlag 1999 ISBN 3-89667-071-9)
Klar, Marian, „Bitch“ ist nicht nur negativ besetzt, aber „Candy Shop“ (50 Cent) auch nicht nur ein Süssigkeitsladen. Das mit dem „hier bist Du!“ ist wirklich ein häufiger Fehler und ich finde es auch gar nicht lustig und bin immer sehr froh, wenn ich nicht auf die Untertitel angewiesen bin. Muss mal das Kind fragen, wie es Untertitel findet.
Betreffend Untertitel:
Ich habe einmal mit einer in Köln wohnenden Deutschen über die Untertitel-Sache diskutiert. Ich sagte ihr, das Argument für Untertitel (d.h. gegen Synchronisation) sei, dass dies teuerer sei und deswegen der Trend in der Schweiz dahin bestehe, zu den synchronisierten zu bewegen. Sie hielt mir dann entgegen, ihrer Meinung nach sei der synchonisierte Film teuerer, weil ja jede Stimme sychronisiert werden müsse. Aber in Deutschland werde sehr viel synchronisiert. Lustige Welt! 🙂
Ich persönlich ziehe untertitelte Filme vor, weil da die original-Stimmen zu hören sind…