Der Besuch von Angela Merkel hat Bern gut getan. Ich wusste bis zu diesem Moment gar nicht, dass sie hier so grossen Respekt geniesst. Aber die letzten Tage waren Menschen und Zeitungen des Lobes voll für die Bundeskanzlerin. Das Spröde, sehr Sachliche, das ihr beispielsweise DER SPIEGEL immer ankreidet, gefiel hier allen. Ob an der Uni oder im Kontakt mit Schaulustigen in der Altstadt: Merkel kam gut an. Die Schweiz mag es, wenn jemand den Zeitplan einhält, Tacheles redet und auf die Viersprachigkeit eingeht (was Merkel tat, indem sie sich in Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch für den Ehrendoktor bedankte).
Auch mich hat Merkels Visite beeindruckt. Sie tritt hochprofessionell auf und wirkt überhaupt nicht so provinziell, wie sie zuweilen in der deutschen Presse geschildert wird. Im Gegenteil. Und sie ist auch rhetorisch besser in der Lage als viele Politiker, auf den Moment zu reagieren. Auf die Frage eines Studenten, wie Europa vor der Islamisierung zu schützen sei, antwortete sie: «Angst ist kein guter Ratgeber. Wir sollten besser den Mut haben, uns wieder stärker mit den eigenen christlichen Wurzeln zu befassen.» Und am Ende der Runde bat sie darum, dass doch bitte noch eine Frau eine Frage stellen möge.
Hier, wo ja viele Menschen aus Deutschland leben, die sich je nach Stimmung im Lande einiges gefallen lassen müssen, hat die Bundeskanzlerin in kurzer Zeit viel unwegsames Terrain geebnet.